2015 kamen besonders viele Flüchtlinge nach Bayreuth - und zur Tafel. "Menschen aus der Erstaufnahmeeinrichtung haben wir abgewiesen", sagt Zilles. Die Regierung hat sie dort schließlich voll verpflegt. Mittlerweile kommen etwas mehr Flüchtlinge zur Tafel als 2014. Heinritzi-Martin sagt aber: "Wenn alle Bedürftigen aus dem Raum Bayreuth zu uns kämen, würde es knapp." Die Scham sei immer noch groß.
3. Flüchtlinge sind heikler als Einheimische
"Anspruchsdenken gibt es überall", sagt Heinritzi-Martin. So würden manche Kunden, die jahrelang im Supermarkt nur makelloses Obst gesehen hätten, niemals eine Banane mit braunen Flecken anrühren. Andere würden sich extra das dunklere Obst für Bananenmilch schnappen.
Heinritzi-Martin unterscheidet anders: "Es gibt pfiffige Kunden, die mit Resten umgehen und kochen können - und andere, denen dieses Wissen fehlt."
Da sieht sie durchaus Tendenzen: "Migranten nehmen besonders gern frisches Gemüse. Sie kochen wohl mehr selbst." Und Russen und Spätaussiedler haben ein Faible für Toast.
4. Wegen der Flüchtlinge dauert es nun länger
Anfangs ja, sagt Zilles. Die Ausgabe erfolgt über ein Farbsystem. Das muss man erst einmal begreifen. Da habe es in der Schlange schon Unruhe zwischen Altkunden und Flüchtlingen gegeben. Zilles: "Sie hatten über Monate gelernt: Der erste gewinnt." Spätestens beim zweiten Besuch hätten aber alle begriffen, wie das System funktioniert und dass jeder etwas bekommt. Seitdem läuft's.
Eine Sonderbehandlung gebe es nicht: Die Bayreuther haben sich - anders als andere Tafeln - vor Jahren dagegen entschieden, vorgepackte Tüten an die Bedürftigen zu verteilen. Stattdessen können sie aus dem Angebot aussuchen, wenn sie an der Reihe sind.
Die Fleischsorten trennen sie in der Bayreuther Ausgabe schon lange nach Tier. So können Muslime Schweinefleisch meiden. Das kostet deutlich mehr Zeit als vorgepackte Tüten, ist aber ökologischer, sagt Heinritzi-Martin: "Irgendetwas war immer drin, das nicht schmeckte. Das landet im Müll, da brauchen wir uns nichts vorzumachen."
5. Flüchtlinge sind mangelhaft versorgt
Dass Flüchtlinge überhaupt die Tafel nutzen, erklärt Bundesvorsitzender Brühl unter anderem mit einer "mangelhaften Versorgung" in den Unterkünften. Bei Flüchtlingen, die in Wohnungen untergebracht seien, reiche die staatliche Unterstützung oft nicht aus - wie auch bei Hartz-IV-Empfängern, sagt sein Stellvertreter Kai Noack.
Anna Westermann, Dekanatsbeauftragte für Flüchtlingsfragen und Vorsitzende von Bunt statt Braun, sieht das in Bayreuth nicht ganz so krass. Flüchtlinge müssten genau rechnen und jeden Cent umdrehen, weil sie weniger als Hartz-IV-Empfänger bekämen. "Die Tafeln sind da eine gute Unterstützung. Die Caritas und wir weisen die Flüchtlinge auch auf dieses Angebot hin." Was die Versorgung angeht, sagt sie aber: "Das läuft gut."
Mit Material von dpa
Hintergrund: Bayreuth auch in Landesverband-Spitze
Bayern hat im September als letztes Bundesland einen eigenen Landesverband für die Tafel gegründet. 46 der etwa 170 bayerischen Tafeln sind schon beigetreten. Vorsitzender ist Reiner Haupka aus Olching. Der Bayreuther Tafel-Vorstand ist im Landes-Vorstand ebenfalls vertreten: Manfred Kästle ist Kassier, Peter Zilles aus Heinersreuth Schriftführer.
Bisher wurde Bayern von drei Ländervertretern und Nord, Süd und Mitte betreut. Diese hatten zwar engen Kontakt zum Bundesverband in Berlin, konnten aber als Privatpersonen weder Verträge schließen noch Spendenquittungen ausstellen, teilt der Verband mit. Ihr bisheriger Sprecher Haupka werde als Vorsitzender eines eingetragenen Vereins nun ganz andere Möglichkeiten haben.