Produktion soll offenbar nach Osteuropa verlagert werden BAT macht dicht

Von Frank Schmälzle, Uwe Renners,
Die BAT schließt ihr Bayreuther Werk. Das schreibt die Zeitung "Die Welt" unter Bezugnahme auf Aufsichtsratskreise. Foto: Archiv Foto: red

Macht die BAT ihr Bayreuther Werk dicht? Seit Monaten wird über die Zukunft der weltweit größten Produktionsstätte des Tabakkonzerns, in der 1400 Mitarbeiter beschäftigt sind, spekuliert. Jetzt berichtet die Zeitung "Die Welt" aus Kreisen des Aufsichtsrats: Die Herstellung der Zigarettenmarken aus Bayreuth soll an Werkstandorte in Polen, Rumänien, Ungarn oder Kroatien verlagert werden. Noch ist es nicht definitiv entschieden, aber Betriebsrats-Chef Walberer sagt: "Ich erwarte nichts Gutes." Voraussichtlich am Donnerstag werden die Mitarbeiter informiert.

 
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Die Verlagerung der Produktion soll über einen Zeitraum von mehreren Jahren gestreckt werden, damit der Personalabbau sozialverträglich gestaltet werden kann, schreibt "Die Welt". BAT wolle über hohe Abfindungen und einen Vorruhestand möglichst viele Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Unternehmen bewegen. Bis auf Weiteres soll nur noch die Produktion von Feinschnitttabak in Deutschland erhalten bleiben. Immerhin ist dieser Markt für Zigaretten zum Selbstdrehen in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Dennoch könne mit dieser Arbeit lediglich ein kleiner Teil der Belegschaft weiterbeschäftigt werden.

Werke weltweit sollen zeitgleich informiert werden

Nach Kurier-Informationen soll es am Donnerstag eine Mitarbeiterversammlung in dem Bayreuther Werk geben. Noch sind die Mitarbeiter dazu allerdings nicht eingeladen - bei einer außerordentlichen Betriebsversammlung reicht es, die Beschäftigten am Tag zuvor einzuladen. Seelsorger und Mitarbeiter von Rettungsdiensten sollen parat stehen. Auch eine Pressekonferenz, bei der die Entscheidungen veröffentlicht werden, ist geplant.

Am Freitag geschlossen, Nachtschicht gestrichen

Nicht nur am Standort Bayreuth, sondern in allen Werken weltweit sollen die Mitarbeiter zeitgleich informiert werden. Am Freitag, so erfuhr der Kurier, soll das Werk komplett geschlossen bleiben. Die Nervosität unter den Mitarbeitern hatte in den vergangenen Tagen nochmals deutlich zugenommen. Nach Kurier-Informationen ist in dieser Woche in der Produktion die Nachtschicht gestrichen worden. Für das BAT-Werk ist das ein ungewöhnlicher Schritt.

Während Konzern-Insider die durchgesickerte Nachricht von der schrittweisen Produktionsstillegung für belastbar halten, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der BAT Deutschland, Paul Walberer, er könne die aktuellen Meldungen derzeit noch nicht bestätigen. Am Mittwoch werde der Aufsichtsrat in Hamburg zu einer Sitzung zusammentreten, bei der das Management die weiteren Schritte vorstellen werde. "Ich vermute nichts Gutes", sagt Walberer.

Pressesprecherin dementiert nicht

Ob im BAT-Werk die Lichter ausgehen? "Es gibt noch keine finale Entscheidung", sagt auch die Pressesprecherin der BAT-Zentrale in Hamburg, Karin Schlömer, auf Kurier-Anfrage.  Allerdings bestätigt sie, dass der Aufsichtsrat in dieser Woche tagen werde. Zum Ausgang der Sitzung könne sie im Vorfeld nichts sagen. "Wir können als Unternehmen Aktivitäten des Aufsichtsrates nicht kommentieren." Die aktuellen Meldungen dementiert sie nicht.

Die BAT gehört zu den größten Gewerbesteuerzahlern der Stadt. Im vergangenen Jahr hatte die BAT mehr als 15 Millionen Euro zu den 92 Millionen Euro beigetragen, die die Stadt an Gewerbesteuer eingenommen hatte. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe hatte in einem persönlichen Gespräch mit BAT-Managern in Bayreuth auf die Bedeutung des Werkes und der Arbeitsplätze für die Stadt hingewiesen.

IHK wartet auf Entscheidung: "Dimension ist zu groß"

An Spekulationen über eine schrittweise Schließung des weltweit größten BAT-Werks in Bayreuth will sich Wolfram Brehm, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken, nicht beteiligen. Auf Anfrage sagt er am späten Montagnachmittag: „Ich möchte erst Informationen aus erster Hand haben, vorher möchte ich zu diesem wichtigen Thema keinen Kommentar abgeben. Dazu ist die Dimension zu groß.“

Analyse und "Zukunftspapier"

In den vergangenen Monaten hatte eine konzerninterne Projektgruppe die Produktionsabläufe und Produktionskosten analysiert. Mit dem Ziel zur Jahresmitte 2016 ein Ergebnis vorzulegen. Als sich abzeichnete, dass das Bayreuther Werk ins Hintertreffen geraten werde, legten Betriebsrat und Beschäftigte ein Zukunftspapier vor, in dem sie sich zu Einschnitten bereit erklärten.

Die BAT-Mitarbeiter haben um ihre Jobs ghekämpft. In den vergangenen beiden Jahren hat die Produktqualität jeweils im zweistelligen Prozentbereich zugelegt – abzulesen auch an den sinkenden Reklamationsquoten. Die Leistung an den Maschinen war noch nie so hoch. Im Dezember 2015 hat das Bayreuther Werk einen neuen Produktivitätsrekord aufgestellt. Aber: In dem unternehmensinternen Wettstreit der Standorte sei der Kostenvergleich immer mehr auf die Lohnkosten reduziert worden, sagte Betriebsratschef Walberer. „Und dann ist es natürlich klar, dass wir im Vergleich zu Polen oder Rumänien schlechter abschneiden.“

Erweiterung in Osteuropa

Die BAT hatte erst 2015 ein Zigarettenwerk von dem kroatischen Mischkonzern Adris Grupa gekauft. Das Geschäft soll ein Volumen von 550 Millionen Euro gehabt haben. BAT verspracht sich viel vom Kauf des Zigarettenherstellers TDR, der mit seinen Marken vor allem auf dem Balkan in Ländern wie Kroatien, Bosnien und Serbien gut vertreten ist, wie Konzernchef Nicandro Durante sagte. Der Zukauf biete zugleich ein Sprungbrett, das eigene Geschäft in Osteuropa zu erweitern. Auch nach Kroatien soll jetzt ein Teil der Bayreuther Produktion verlagert werden.

Der Bericht wird weiter aktualisiert.

 

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