Bastian Goldfuß: Kinder statt Küche

Von Martina Bay
Foto: Ronald Wittek Foto: red

Angestellter, Koch, DJ, Kinderpfleger: Bastian Goldfuß hat schon so Einiges in seinem Leben gemacht. Über einen Mann, der immer wieder etwas Neues ausprobieren muss.

 
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Das kleine Mädchen wollte einfach nicht weitergehen. Sie hielt sich an einem Zaun fest und bockte. Zwei Erzieherinnen redeten auf sie ein, jedoch ohne Erfolg. Bastian Goldfuß, Kinderpfleger in Ausbildung, ging auf das Mädchen zu und flüsterte ihr ins Ohr: „Glaubst du, du bist stärker als ich?“ Sie überlegte kurz und ließ vom Zaun ab.

Der Typ Bär, mit dem die Kinder gerne spielen wollen

Männer im Kindergarten, immer noch eine Seltenheit. Und Goldfuß, mit seiner Vita, sticht dort besonders heraus. „Ich konnte schon immer gut mit Kindern, sie kommen automatisch auf mich zu“, sagt er. Man glaubt ihm, dass Kinder ihn mögen. Der 30-Jährige ist der Typ Bär, mit dem die Kinder gerne spielen wollen. Wenn er aus seinem Leben erzählt, lacht er viel. Der gebürtige Altenploser war viele Jahre Jugendtrainer beim SC Altenplos. Die Ausbildung zum Kinderpfleger macht er erst seit Januar diesen Jahres.

Bevor er sich um Kinder kümmerte und mit ihnen Bauklötze baute und Prinzessin spielte, kümmerte er sich als Verwaltungsfachangestellter im Jobcenter in Bayreuth um Menschen, die Arbeit suchen. „Verwaltungsfachangestellter ist ein sicherer Job.“ Drei Jahre hat er dafür in Heinersreuth gelernt, aber er sagt auch. „Der Job ist trocken wie zwei Eimer Sand.“ Und darauf habe er auf Dauer keine Lust gehabt. Und der öffentliche Dienst war gar nicht seine erste Wahl.

"Du bist der Erste, der angemacht wird"

Wegen eines Arbeitsunfalls konnte er seine Ausbildung zum Gaswasserinstallateur nicht beenden. Beim Sturz von einer maroden Holzleiter brach er sich Brust- und Lendenwirbel. Sechs Wochen musste er im Krankenbett liegen. Das mag keiner, und ein 16-Jähriger erst recht nicht. Die Arbeit im öffentlichen Dienst ist wesentlich ungefährlicher. Dort arbeitete er zuletzt im Einwohnermeldeamt. Spaß gemacht hat ihm das nicht. „Du willst den Leuten helfen, aber du bist der Erste, der angemacht wird.“

Also entschied er sich für den Koch. Einen Beruf, wo ihn schon auch mal die Gäste blöd anmachen können. Der Chef der Lamperie brauchte einen und Goldfuß hatte Mama beim Kochen schon öfters über die Schulter geschaut. „Ich hätte es nicht gemacht, wenn ich es nicht gekonnt hätte.“ Den Servicemitarbeitern sei er teilweise richtig auf die Nerven gegangen, weil er immer Feedback haben wollte. „Ich bin kein gelernter Koch, das Feedback war mir wichtig.“ 

Die Neurodermitis machte ihm in der Küche zu schaffen

Mit dem Küchenjob änderte sich auch sein Tagesrhythmus: Kam er als Beamter um 15 Uhr nach Hause, ging es als Koch erst um 16 Uhr los. „Es war geil, aber tough. 17 bis 18 Stunden waren manchmal keine Seltenheit.“ Er sei in dieser Zeit nicht vor drei Uhr morgens ins Bett gekommen. Privatleben, Freundin, dafür hatte er keine Zeit. „In unserer Küche war die beste Stimmung. Es wurde nie geschrien, aber die Musik war immer am lautesten.“

Was Goldfuß immer mehr zu schaffen machte, war seine Neurodermitis, die er schon seit Kindesalter hat. „Wenn du in eine offene Wunde Zitronensaft reinbekommst, das brennt wie die Hölle.“ Goldfuß trug Pflaster um die Fingerkuppen, Latexhandschuhe darüber und wenn das Jucken ganz schlimm wurde, hielt er seine Hände unter 55 Grad heißes Wasser. Aber irgendwann ging es einfach nicht mehr. Er stand wieder am Anfang. Was jetzt? Er wollte sich wieder um Menschen kümmern. So, wie er es bislang immer gemacht hatte. Da war die Entscheidung zum Kinderpfleger eigentlich nur eine logische Konsequenz.

"Scheiß geiler Job"

Ein Ausbruch von den Regeln und Vorschriften im Jobcenter oder im Kindergarten ist seine Arbeit als DJ, wo er in Clubs in Bayreuth oder Bamberg auflegt. Er fing während seiner Zeit in der Lamperie an, dann legte er auf Privatpartys oder dem Kneipenfestival auf. Unter dem Namen „Dick & Dope“ schmiss er eigene DJ-Partys mit seinem Mitbewohner in der Suite. „Ich habe in dieser Zeit schon mehr gefeiert und getrunken.“ Doch irgendwann liefen die Partys aus dem Ruder. In der Suite wurden die Toiletten mit Graffiti vollgesprüht, im Glashaus gingen mehrere Fenster zu Bruch. „Der Schaden im Glashaus lag damals bei 22.000 Euro“, sagt Goldfuß.

Seit er die Ausbildung zum Kinderpfleger macht, legt er wieder öfters auf. Erst vergangenes Wochenende auf einem Geburtstag. Wo er sich in zehn Jahren sieht, weiß er nicht. Vielleicht als Leiter eines Kindergartens? Denn für ihn ist die Arbeit mit Kindern ein „scheiß geiler Job“.

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Wo Bastian Goldfuß am liebsten in Bayreuth weggeht:

Suite: "Ich bin dort Stammgast und habe die Location lieben gelernt. Und ich mag das saucoole Personal und die Chefin."

Lamperie: "Weil ich die Lamperie von Anfang an mitaufgebaut habe."

Kraftraum: "Weil man dort entspannt einen Tee trinken kann.

Heimathafen: "Wegen des Kaffees und der Cupcakes."

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