Attentäter weiterhin auf der Flucht

DPA
 Foto: red

Nach dem tödlichen Anschlag in der Neujahrsnacht auf einen der berühmtesten Nachtclubs von Istanbul sucht die türkische Polizei mit Hochdruck nach dem Attentäter. Auch Stunden nach dem Angriff mit 39 Toten war der Täter am Sonntag noch flüchtig.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Unter den Opfern der Bluttat, die international für Entsetzen sorgte, waren 15 Ausländer, die meisten aus arabischen Staaten. Nach Angaben der Behörden erschoss der Attentäter um 1.15 Uhr zunächst einen Polizisten und einen Zivilisten vor dem Eingang des "Reina", bevor er in dem bei Prominenten und ausländischen Touristen beliebten Nachtclub am Bosporus-Ufer wahllos um sich feuerte. In dem auf der europäischen Seite von Istanbul gelegenen Club mit mehreren Restaurants und Tanzflächen befanden sich zur Silvesterfeier bis zu 800 Menschen.

Gewehr unter dem Mantel

Innenminister Süleyman Soylu sagte, der Attentäter habe sein Gewehr unter einem Mantel verborgen. Berichte, wonach der Angreifer Arabisch sprach und als Weihnachtsmann verkleidet war, bestätigte er nicht. Laut Soylu wechselte der Attentäter aber womöglich die Kleidung, bevor er den Club verließ. "Die Polizei hat die notwendige Operation gestartet" zu seiner Ergreifung, versicherte Soylu. "Ich hoffe, er wird schnell gefasst, so Gott will."

 Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirm hat Berichte dementiert, wonach der Angreifer von Istanbul ein Weihnachtsmannkostüm getragen haben soll. Solche Aussagen seien falsch, sagte Yildirim am Sonntag in Istanbul. „Wir wissen von einem bewaffneten Terroristen.“

Es könne sein, dass der Angreifer seine Waffe im Club gelassen und sich im Tumult unter die Flüchtenden gemischt habe. Alle Möglichkeiten würden in Betracht gezogen. „Der Terror kann uns nicht einschüchtern, er kann unsere Brüderlichkeit, unsere Geschlossenheit und Einheit nicht zerstören“, sagte Yildirim weiter.

39 Tote, 65 Verletzte

Laut Soylu gab es 39 Tote und 65 Verletzte. Von den Toten wurden zunächst 20 identifiziert, darunter 15 Ausländer. Die türkische Familienministerin Fatma Betul Sayan Kaya sagte, es seien vor allem Bürger arabischer Staaten unter den Opfern. Sie stammten demnach aus Saudi-Arabien, Marokko, Libanon und Libyen. Jordanien erklärte laut der Nachrichtenagentur Petra, drei seiner Bürger seien getötet und vier weitere verletzt worden.

Auswärtiges Amt: Ob Deutsche betroffen sind, ist noch unklar

Das israelische Außenministerium teilte seinerseits mit, eine junge Israelin sei getötet worden und eine weitere verletzt. Auch ein Belgier wurde getötet und drei Franzosen wurden verletzt, wie ihre Staaten erklärten. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, noch sei unklar, ob auch Deutsche betroffen seien.

Erdogan will Kampf gegen den Terror fortsetzen

"Sie wollen die Moral unseres Landes zerstören und Chaos verbreiten, indem sie mit diesen schändlichen Angriffen gezielt Zivilisten attackieren", erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei sei aber entschlossen, "den Kampf gegen den Terror" fortzusetzen. Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin sagte, der Attentäter habe "auf die brutalste und gnadenloseste Weise auf unschuldige Menschen gezielt".

Internationale Reaktionen

International wurde das Attentat scharf verurteilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete in einem Beileidsschreiben an Erdogan das Attentat als "menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag". Auch Bundespräsident Joachim Gauck äußerte "Trauer und Entsetzen" über die "perfide Tat".

Eine der schicksten Adressen Istanbuls

Das "Reina" ist eine der schicksten Adressen in Istanbul und bei Prominenten sehr beliebt. Nur wenige hundert Meter weiter hatten die offiziellen Silvesterfeierlichkeiten stattgefunden. Wegen der Anschlagsgefahr waren in Istanbul 17.000 Polizisten im Einsatz, es galten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen in der Innenstadt. Die deutsche und andere Botschaften hatten vor Silvester zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen.

PKK, IS und YPG

Die Türkei war im vergangenen Jahr von mehreren blutigen Anschlägen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und der kurdischen Extremistengruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) erschüttert worden, die eine radikale Splittergruppe der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist. Zuletzt wurden am 10. Dezember bei einem Doppelanschlag der TAK auf Polizisten nach einem Fußballspiel 45 Menschen in Istanbul getötet .

Die Türkei geht seit Ende August in Nordsyrien gegen die IS-Miliz sowie die mit der PKK verbundene Kurdenmiliz YPG vor. Derzeit versucht die türkische Armee, die IS-Hochburg Al-Bab einzunehmen, stößt dabei aber auf erbitterten Widerstand. Experten hatten gewarnt, dass die Dschihadisten vermehrt Anschläge in der Türkei verüben könnten.

AFP

Dieser Artikel wurde um 15.44 Uhr aktualisiert.