Flüchtlinge: Wie Regierung und Helfer die ruhigere Zeit nutzen Asyl: Allzeit bereit in Bayreuth

Von Katharina Wojczenko
Die Flüchtlinge haben in der Becherthalle in der Wilhelm-Busch-Straße Spuren hinterlassen. Kleine Zeichnungen, Wünsche, Gebete auf den Wänden der Erstaufnahmeeinrichtung. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Es ist so still in der Wilhelm-Busch-Straße. Wo vor wenigen Wochen Kinder, Frauen und vor allem Männer fast rund um die Uhr vor der Becherthalle saßen, sich unterhielten, aus Einwegbechern Kaffee tranken, um die Zeit totzuschlagen, ist jetzt: Leere. Mitarbeiter und Helfer sagen: Das kann sich schnell wieder ändern.

 
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62 Flüchtlinge. So viele sind am Dienstag in der Erstaufnahmeeinrichtung. Sie passen alle in das Haus Nummer zwei, in dem Mehrbettzimmern für Familien sind. Gerade einmal ein Viertel sind belegt, ein paar alleinstehende Männer sind in dem Gebäude an der Ludwig-Thoma Straße, hinter der Becherthalle untergebracht. Niemand muss in der ehemaligen Fabrikhalle schlafen. „Da legen wir niemanden rein, wenn wir anderswo Platz haben“, sagt Oliver Hempfling, Pressesprecher der Regierung von Oberfranken. Dort geben die Sicherheitskräfte nur noch das Essen aus. Vor einem Jahr war das anders.

Rückblick: Mai 2015

Da kamen mit Bussen im Mai 338 Menschen nach Bayreuth in die damalige Übergangserstaufnahmeeinrichtung. In die Wilhelm-Busch-Straße und in die Notunterkunft in den Stadtbadturnhallen. Zwischen 205 und 405 Menschen brauchten jede Nacht ein Dach überm Kopf. Das Haus in der Ludwig-Thoma-Straße hatte die Regierung noch nicht gemietet. Auch nicht die ehemalige Verkaufshalle in der Bernecker Straße. Die ist seit Mitte April leer. Im Innenhof steht noch das große Zelt über den Wasch- und Toilettencontainern für bis zu 200 Menschen.

Auch wenn jetzt nicht mehr wöchentlich mehrere Busse nach Bayreuth kommen, sagt Sandra Lewis, Hausverwalterin in der Wilhelm-Busch-Straße: „Es ist eher anstrengender als vorher, weil wir sanieren und instand setzen müssen.“ Die Tausende von Menschen, die über Monate in die Halle kamen, haben ihre Spuren hinterlassen. Damit sind unter anderem die Zeichnungen an den Wänden gemeint.

Wo die Stockbetten dicht an dicht standen, soll in den kommenden Wochen ein Aufenthaltsbereich entstehen, mit Tischtennisplatte, Sitzgelegenheiten, „damit das etwas einladender wird“. In die neue, größere Kleiderkammer, um die der Verein Bunt statt Braun monatelang gekämpft hatte, kommt ein neuer Boden. Regierungsmitarbeiter haben im April die Kleiderausgabe übernommen.

Großes Glück, mindestens zwei Mal pro Woche - und ein Wiedersehen in Kulmbach

Gegenüber in der Hausnummer 2, wo unter den Mehrbettzimmer-Etagen die Regierungsbüros sind, schulen sich im Umgang mit den Geräten für den neuen Flüchtlingsausweis – und machen Menschen glücklich. Jetzt, wo Ruhe einkehrt, kommen immer mehr Anfragen über Helfervereine oder Treffer in den Datenbanken zu Flüchtlingen, die Familienmitglieder gefunden haben.

Kathleen Blankenburg leitet die Registrierung und Aufnahme in der Wilhelm-Busch-Straße. Sie erinnert sich an einen Fall im September. Da kamen in Kulmbach zwei Busse mit Flüchtlingen an. Auf einmal ein Riesengeschrei, sieben, acht Menschen, Mutter, Vater, Kinder, die sich in die Arme fielen. „Ich sagte zu den Leuten vom BRK: Macht Fotos, das sind Emotionen, die kann man nicht mehr einfangen.“ Nach drei Jahren auf der Flucht hatten sie sich ausgerechnet in Kulmbach wiedergefunden.

„Man hat damals nur die schlimmen Nachrichten gehört“, sagt Blankenburg. „Das war in dem ganzen Chaos ein schönes Ereignis.“ Jetzt passiere dies sicher zwei Mal pro Woche in Bayreuth. „Nach all den Monaten der Arbeit, der Überstunden. Da weiß man, warum man das macht.“ Im besten Fall ist die Familienzusammenführung in anderthalb Tage organisiert. Meist sind es Ehrenamtliche, die die Regierungsmitarbeiter auf die Spur bringen.

 

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