Wollschweine: Im Freien glücklich

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Nur ein genüssliches Schmatzen durchdringt die Stille. Weiche Rüssel suchen die Erde nach Gerste, Weizen und Futtererbsen ab. Es ist Futterzeit auf der Weide der Bertholds. Und die Schweine fühlen sich sauwohl.

 
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Johanna und Ben Berthold schieben Töchterchen Ida im Kinderwagen über den steinigen Feldweg. Im Schatten wartet das schlummernde Baby, bis Mama und Papa den anderen Teil der Familie versorgt haben. Der wiegt zwischen acht und einhundert Kilogramm und verspeist täglich 2,5 Kilo Futter.

Dichtes Fell und lockige Borsten

33 Schweine leben auf der einen Hektar großen Weide am Waldrand. "Ursprünglich haben wir nur zwei Wollschweine für uns gekauft", erzählt die hellblonde Johanna Berthold, deren erlernter Beruf Sozialpädagogin ist. Auf dem Hof bei Kauernburg hält sie neben Hühnern, einem Pferd und einem Hund auch zwei Esel, die sie für therapeutische Zwecke einsetzt. Die Schweine schaffte sie an, weil die so lustig aussehen und eine Wolle wie Schafe haben. Wollschweine haben dichtes Fell und lockige Borsten. Eine dicke Speckschicht und das Haarkleid schützen die Schweine vor kühler Witterung. Die Behaarung erinnert eher an Wildschweine denn an Hausschweine. Die Ferkel sind ähnlich gestreift wie Frischlinge.

Langsames Wachstum

Sie aufzuziehen, bedeutet viel Arbeit und einen großen Aufwand. "Unsere Schweine wachsen langsamer und verlieren immer wieder an Gewicht, weil sie sich draußen viel bewegen." Das ruhige Wachstum führt zu einem festen Fleisch mit intramuskulärem Fett. Das Fleisch ist rot-weiß marmoriert, hat einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und enthält natürliche Antioxidantien. Das Fleisch schmilzt bei einer niedrigeren Temperatur als herkömmliches Schweinefleisch, weil es eine höhere Menge an ungesättigten Fettsäuren enthält.

Robust und ein bisschen ruppig

Der Charakter des Wollschweines gilt als sehr gutmütig. "Sie sind robust und manchmal ein bisschen ruppig", sagt Johanna Berthold und haben allerdings einen sehr hohen Fettanteil. Daher seien sie und ihr Mann auf die Idee gekommen, sie mit Husumer Schweinen zu kreuzen. Dadurch wird das Fleisch etwas magerer und ist dennoch schmackhaft. "Ich muss sehr darauf achten, was ich füttere", sagt Johanna Berthold, die mittlerweile seit über drei Jahren Schweine hält.

Qualität und Regionalität

Ben Berthold arbeitete schon als Kind auf Bauernhöfen mit. Von Mainleus verschlug es ihn nach Süddeutschland, Niedersachsen und Finnland, wo er seine Frau kennenlernte. Ausgebildet ist er als Physiotherapeut und Yogalehrer, die Landwirtschaftsschule besucht er nebenbei. "Uns geht es um Klasse statt Masse", sagt er. Mit den Preisen von Lidl und Aldi könne der Hof nicht mithalten. "Wem Qualität und Regionalität etwas bedeuten, der ist bei uns richtig."

In Eggenreuth, einem kleinen Weiler mit drei Anwesen, haben die beiden einen Hof gekauft. Die Schweinezucht war ursprünglich nicht geplant, entwickelte sich jedoch aufgrund der Nachfrage von Bekannten. "Das Interesse der Verbraucher war da und uns macht es einfach Spaß", sagt Johanna Berthold.

Vier Zuchtsauen und ein Eber

Die vier Zuchtsauen heißen Lotta, Maja, Uma und Polly und leben zusammen mit Eber Rudi auf einer eigenen Weide. Zwei Mal im Jahr bekommen sie Nachwuchs, drei bis acht Ferkel. "Das ist viel weniger als bei gezüchteten Hausschweinen." Die Schweine der Bertholds dürfen sich Zeit lassen. Erst nach zwölf Monaten kommen zwei oder drei in den Schlachthof. Geschlachtet wird in der Regel alle zwei Monate.

Wildschweine bleiben weg

Die Tiere sind zutraulich und wenn Johanna "Schweinchen!" ruft, kommen sie angelaufen. Schließlich könnte es gleich eine köstliche Futterrübe geben. Oder eine Streicheleinheit. Die alten Schweinerassen können ganzjährig im Freien leben. Sie werden auch nicht in nach Alter getrennten Gruppen gehalten, sondern friedlich zusammen in einer Rotte. Die Schweine haben drei unterschiedlich große Unterstände, suhlen sich im Schlamm, dösen in der Sonne und bedienen sich an der automatischen Wassertränke. Vor Wildschweinen schützt ein doppelter Zaun. Den hat das Veterinäramt vorgeschrieben, doch bislang haben sich keine Wildschweine den Wollschweinen genähert.

Ein schönes Schweineleben

Ein dreistufiges Modell haben die Züchter des Kulmbacher Weideschweins inzwischen entwickelt: Die Kunden können Fleisch und Wurst kaufen, ein acht Wochen altes Ferkel erstehen oder ein Ferkel leasen. "Das lebt quasi in Vollpension bei uns und wird von uns versorgt", erklärt Ben Berthold die sogenannte Lohnmast. Die Besitzer zahlen monatlich einen bestimmten Betrag und dürfen ihr Schwein, erkennbar an einer Plakette im Ohr, jederzeit besuchen. So lässt sich ein Schweineleben aushalten.

Info: An jedem ersten Sonntag im Monat bietet die Familie Betriebsbesichtigungen an. Beginn ist um 16 Uhr, im Anschluss wird eine Verköstigung angeboten.

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