Wirtshäuser vor 50 Jahren Angeschrieben wird aufs Bierfilz

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Die Geschwister Christine Püttner und Stephan Maisel sind im Wirtshaus ihrer Eltern quasi aufgewachsen. Foto: Ralf Münch Quelle: Unbekannt

CREUßEN. Christine Püttner (53) und Stephan Maisel (51) kennen es gar nicht anders. Sie sind zusammen mit ihren Geschwistern Gudrun und Thomas im Wirtshaus groß geworden. Ursprünglich war in dem Haus an der Nürnberger Straße eine Bäckerei. Als der Urgroßvater Stephan 1904 einheiratete, entstanden das Wirtshaus und die Metzgerei.

 
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„Seit 1922 bekommen wir unser Bier von der Bayreuther Bierbrauerei“, sagt Christine Püttner. Vorher wurde es aus dem Creußener Kommunbrauhaus – dem jetzigen Gemeindehaus – bezogen. 1962 haben die Eltern Bernhard und Hannelore von Christine und Stephan geheiratet und das Wirtshaus übernommen. Zu der Zeit gab es noch 23 Wirtshäuser in Creußen. „Vor 50 Jahren waren es nur noch 18“, erzählt Stephan Maisel. Jetzt sind es nur noch zwei klassische Wirtshäuser, eine Speisegaststätte und zwei Pizzerias.

Jedes Wochenende war Tanz

Neben der Metzgerei und dem Wirtshaus war bei Maisels in einem Anbau noch ein Tanzsaal. „Da war jedes Wochenende Tanz“, erinnert sich Christine Püttner. Die Telstars und die Pepitas haben aufgespielt, sagt sie mit versonnenem Blick. Der letzte Tanz fand 1969 statt. Heute ist der Raum nur noch ein Lager- und Unterstellraum.

Das Wirtshaus war von Dienstag bis Sonntag den ganzen Tag geöffnet, am Montag war Ruhetag. „Wir haben mit bedient und die Leute unterhalten“, sagt Christine Püttner. Das war selbstverständlich. Die Eltern hatten wenig Zeit für die Kinder wegen der Arbeit. In der Metzgerei wurde auch für das Wirtshaus geschlachtet. Damals gab es einen Metzgermeister und mehrere Lehrlinge. Auch im Laden wurde Verkaufspersonal ausgebildet. Zu essen gab es das, was es heute auch noch gibt. In erster Linie Braten und Brotzeiten.

Schlachten fürs Wirtshaus

Heute ist das Wirtshaus nur noch abends geöffnet. 2014 hat Stephan Maisel die Metzgerei zu gemacht. „Das hat sich nicht mehr gelohnt“, sagt er. Jetzt wird nur noch für das Wirtshaus geschlachtet oder auf Bestellung zu besonderen Anlässen. Zum Beispiel kommt regelmäßig, immer dienstags, eine private Gruppe vorbei, jetzt im Sommer sitzen sie draußen vor der Tür und grillen – besser gesagt, lassen grillen.

Draußen gesessen wurde auch vor 50 Jahren schon. Damals führte die Bundesstraße noch direkt am Wirtshaus, nur wenige Meter von den Tischen entfernt, vorbei. Und damals wie heute gab es Stammgäste. Und wenn die mal kein Geld dabei hatten, wurde angeschrieben. Aufs Bierfilz. „Das machen wir heute auch noch“, sagt Christine Püttner. Als 1987 der Vater starb, hat Mutter Hannelore das Wirtshaus alleine geführt. Seit zwei Jahren macht das nun Stephan Maisel. Wie es mal weiter geht, weiß er nicht. Es gibt keinen Nachfolger in der Familie. Wahrscheinlich schließen sie irgendwann ganz.

Zusätzliche Bedienungen

Waren die Gäste früher anders als heute? „Ja“, sagt Stephan Maisel. Es gab mehr Gäste, die gleich morgens zum Frühschoppen kamen und bis mittags blieben, meist Arbeiter und Rentner. Das ist heute nicht mehr so. Nur am Sonntag, nach der Kirche, kommen immer die Gleichen vorbei. Und feste Gruppen, wie der Bund Naturschutz, der Wanderverein, die Schützen und der SPD-Ortsverein halten regelmäßig ihre Treffen im Maisel-Wirtshaus ab. Und dann sind da noch Geburtstage, Konfirmationen, Hochzeiten und Leichtrunke. Zu diesen Anlässen arbeiten zusätzlich Bedienungen im Wirtshaus, sonst macht Christine Püttner das selber.

Krenfleisch und Sülze

Geblieben ist auch die Gemütlichkeit, sagt Stephan Maisel. Da habe sich nichts geändert. Und wie war das mit der traditionellen Brezenwoche? „Die wurde damals unter allen Wirtshäusern ausgelost“, sagt Christine Püttner. Damals waren es ja auch noch mehr Wirtshäuser. Heute sind nur noch sie und die Speisegaststätte Im Gärtlein dabei. „Wir machen das Anfang des Jahres miteinander aus.“ Damals wie heute gibt es in der Woche Krenfleisch, Sulze, Siedwürste, saure Bratwürste und natürlich die Schlachtschüssel.

Über dem Wirtshaus und der Metzgerei ist die Wohnung. Sehr groß, sei sie, erzählt Christine Püttner. Früher haben sie dort zu acht gewohnt: Die Eltern, die vier Kinder und Oma und Opa. Heute wohnen Stephan Maisel und seine Mutter alleine dort.

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