Wie Bayreuth an mehr Touristen kommen will

Von Katharina Wojczenko
Touristen vor dem Opernhaus. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Buon Giorno und Konnichiwa im Hofgarten? Geht es nach Manuel Becher, Geschäftsführer der Bayreuth Marketing & Tourismus GmbH (BMTG), kommt der typische Bayreuth-Tourist bald aus Italien oder Japan, landet am Nürnberger Flughafen und liebt Bier. 2015 hat Bayreuth die 350.000-Grenze bei den Übernachtungen erstmals geknackt. Becher will mehr.

 
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Im Kurier spricht er darüber, was Tabakwerbung mit Tourismus zu tun hat, wie der Winterflugplan Bayreuth nützen könnte und was die Bayreuther im September zu feiern haben. Becher (41) ist seit 2009 an der Spitze der BMTG. Der gebürtige Bayreuther hat in Trier BWL mit Schwerpunkt Tourismanagement studiert. Er lebt mit Frau und Kindern in Bayreuth und sagt: "Bayreuth ist die geilste Stadt der Welt. Ich kann und will nie wieder weg."

Herr Becher, Sie wollten 2016 verstärkt um Touristen aus Japan und Korea zu werben. Im Februar war eine Gruppe japanischer Reiseveranstalter und Journalisten in Bayreuth. Tragen Ihre Bemühungen schon erste Früchte?

Manuel Becher: Darüber können wir in fünf Jahren reden. Es ist nicht so, dass wir Bayreuth bei Japanern und Koreanern bewerben und im nächsten Moment kommen sie. Kultur- und Tourismusreferent Fabian Kern sagt: Mit der Wiedereröffnung des Markgräflichen Opernhauses hätten wir ein Produkt, das die Asiaten besonders lieben könnten. Dem schließen wir uns an.

Wie umgarnen Sie die Japaner?

Becher: Wir erzählen den Japanern, dass Bayreuth einen Besuch wert ist, zwischen Berlin nach München liegt, und dass sie hier übernachten und ins Richard-Wagner-Museum gehen können. Zwei Seiten über Bayreuth sind im Bordmagazin der Japanese Airline in einem Bericht über oberfränkisches Bier erschienen. Im August fliege ich nach Japan zu einer Messe. Solche Aktionen sind erst seit der Neuausschreibung möglich.

(Anmerkung der Redaktion: 2014 hat die Stadt Bayreuth das Stadtmarketing erstmals europaweit ausgeschrieben, weil der Bayerische Kommunale Prüfungsverband und die Regierung von Oberfranken die bisherige Vergabepraxis an die BMTG als rechtswidrig kritisiert hatten. Die BMTG setzte sich gegen zwei Konkurrenten durch.)

Wie hat sich dadurch Ihre finanzielle Lage verändert?

Becher: Jetzt ist die BMTG theoretisch in der Lage, Überschüsse zu erwirtschaften. Seit der Neuausschreibung bekommen wir jedes Jahr einen fixen Betrag. Wenn wir weniger brauchen, darf unser einziger Gesellschafter, der Fremdenverkehrsverein, dieses Geld behalten. Laut Satzung müssen aber all seine Überschüsse ins Stadtmarketing fließen. Daher haben wir jetzt Geld, um den japanischen Markt zu bearbeiten. Aber wie lange das so ist, kann ich nicht sagen. Wenn zum Beispiel die Tabak-Außenwerbung verboten wird, brechen uns im Jahr etwa 150.000 Euro Umsatz weg, weil wir die Außenflächen in Bayreuth vermarkten. Das könnte 2020 auf uns zukommen.

Die BMTG hat jetzt auch erstmals 100.000 Euro investiert für eine Bayreuth-Beilage in der bundesweit erscheinenden Wochenzeitung „Die Zeit“. Hat sich das gelohnt?

Becher: Mein Bauchgefühl sagt: Ja. Ich habe vor Kurzem an der Uni Bayreuth über unsere Arbeit gesprochen. Die Studenten kannten die Beilage und sagten: „Das haben mir Freunde meinen Eltern zugeschickt, das ist ja ganz toll.“ Es gibt welche, die noch nie von Bayreuth gehört haben und welche, die schon immer mal kommen wollten und nur überlegt haben, ob sie heuer entweder nach Weimar oder doch nach Bayreuth fahren. Da könnte die Beilage das Zünglein an der Waage sein. Den größten Teil der Kosten haben wir mit Anzeigen wieder hereingeholt. Ob daraus schon Buchungen entstanden sind, weiß ich nicht. Das ist das, was uns so an der Arbeit schmerzt: Wir wissen nie, wie gut wir sind.

Woher wissen Sie dann, ob Sie erfolgreich sind?

Becher: Wir können nur die Übernachtungszahlen anschauen und recherchieren. Unsere Märzzahlen, die gerade gekommen sind, sind im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Das liegt daran, dass 2015 ein Keramikkongress mit ein paar Hundert Teilnehmern stattfand, die drei Nächte blieben. Was auch noch eine Rolle spielt, sind die Feiertage. Wochenseminare für Geschäftsreisende finden nicht statt, wenn in der Woche ein Feiertag ist. Ein Schalttag bedeutet drei Prozent mehr Übernachtungspotenzial. Und ich kann nichts dafür, dass erst in zwei Jahren das Markgräfliche Opernhaus wieder öffnet.

Ab Juli geht die Auslastung bei den Hotels stetig nach oben. Was haben Sie vor, um in den Wintermonaten mehr Gäste nach Bayreuth zu locken?

Becher: Das versuchen zum Beispiel mit Veranstaltungen wie dem A-capella-Festival Sangeslust, das wir kreiert haben, um einer touristisch schwachen Zeit Übernachtungsgäste nach Bayreuth zu locken. Auch die Vermarktung der Stadthalle als Kongresshalle liegt künftig in unserem Aufgabenbereich, da im Winter vor allem Kongresse Städte füllen können. In zwei Jahren haben wir nicht nur das Richard-Wagner-Museum, sondern auch das Markgräfliche Opernhaus. Wenn man noch das Produkt Bier und Craftbier - Stichwort Liebesbier - dazu nimmt, kann man mehr Angebote stricken, die sich im Winter verkaufen lassen.

Wollen die Leute überhaupt Kultur? Sie haben gerade den Jahresbericht 2015 veröffentlicht. Bei den Lieblingsbeschäftigungen der Touristen liegen „Spazieren“ (48 Prozent) und „Flanieren und Bummeln“ (40 Prozent) auf den obersten Plätzen, „Museum und Ausstellung“ (26 Prozent) und Konzerte (11 Prozent) deutlich hinten.

Becher: Das Richard-Wagner-Museum war bis Ende Juli wegen Umbaus geschlossen. Interessant ist: Beim Reiseanlass liegt Shoppen nur bei neun Prozent – aber die Besucher tun es letztendlich. Das zeigt, dass Bayreuth als Einkaufsstadt wesentlich mehr Potenzial hat, als die Leute glauben. Der Anlass sind bei der Hälfte der Besucher Kunst und Kultur. Man muss aber sagen: Wir haben 114 Menschen befragt. Das ist valide, aber 400 wären besser.

Warum haben Sie nicht mehr befragt?

Becher: Wie kämpfen unheimlich darum, dass die Hotels uns unterstützen. Das machen sie kaum. Ein paar haben den Link auf unsere Gäste-Umfrage in ihren Mails. Wenn jedes Hotel uns am Ende des Jahres 20 Fragebögen geben würde, wäre gut. So wurden die meisten Bögen in der Touristinfo ausgefüllt – und die meisten gehen dorthin, wenn sie ankommen.

Merken Sie denn von der Landesgartenschau schon etwas?

Becher: Na klar. Sie müssen sich nur die vielen Reisebusse in der Friedrich-Ebert-Straße anschauen. Allerdings sind von den Busreisen 85 Prozent Tagesgäste, wie andere Landesgartenschauen ermittelt haben. Die Übernachtungszahlen bekommen wir von den Hotels immer erst sechs Wochen nach Monatsende. Aber die Hotels haben schon zuvor von vielen Gruppenanfragen berichtet.

Was haben Sie sich für 2016 noch vorgenommen?

Becher: Wir vermarkten weiter offensiv die Landesgartenschau und 500 Jahre Reinheitsgebot. Unsere große PR-Aktion war allerdings schon: das Stärkeantrinken am 6. Januar im Herzogkeller. Wir wollten die ersten sein, über die im Jubiläumsjahr berichtet wird. Das hat wesentlich stärker eingeschlagen als erhofft. Es waren allein vier Fernsehsender da, das ZDF-Mittagsmagazin hat einen fünfminütigen Beitrag gesendet. Dazu ein halbseitiger Bericht in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, im Bayerischen Staatsanzeiger ein ganzseitiger Bericht. Im österreichischen Fachmagazin „55 plus“ war jetzt eine Verlosung für ein Wochenende in Bayreuth, bei der 2.800 Leute teilgenommen haben. Das sind PR-Reichweiten, von denen wir vorher nicht geträumt hätten. Im September machen wir noch ein kleines Bierfest für die Bayreuther, Termin steht noch nicht fest. Ansonsten reden wir jetzt schon über 2017.

Blick in die Glaskugel: Wie wird 2017?

Becher: Um die Zahlen mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Sie werden weiter steigen. Die Besucher, die hier waren, als die Museen geschlossen waren, werden wiederkommen. Die Uni wächst. Cybex und Medi sind Beispiele für Unternehmen, die sich immer internationaler aufstellen. Diese Geschäftsreisenden machen Umsatz bei den Hotels. Was auch noch kommt: Wir arbeiten eng mit dem Flughafen Nürnberg zusammen, der um Passagiere kämpft. Ab dem Winterflugplan 2016 können jährlich 350.000 Menschen mehr nach Nürnberg fliegen. Denn Ryanair bietet ab November fünf neue Strecken an, von Manchester, Malta, Budapest und täglich von Mailand und Rom nach Nürnberg. Ende Oktober sind wir mit Nürnberg Tourismus bei einer Veranstaltung für Reisejournalisten in Mailand und erzählen dort, dass Bayreuth weniger als eine Stunde von Nürnberg entfernt ist. Dann kommen hoffentlich die Italiener."

"Walk of Wagner" ist jetzt tierisch

Robber, Peps, Fips, Dreck und Speck - wer mehr über Wagners Hunde, Papageien und andere Tiere in seinem Leben und Werk erfahren will, dem sei ein Abstecher zum Walk of Wagner ans Herz gelegt. Die BMTG hat den Bayreuther Spazierweg auf Wagners Spuren zur Landesgartenschau um Kurioses und Wissenswertes zum Thema ergänzt. Auf Infotafeln zu Füßen der Mini-Wagners kann man zum Beispiel lesen, dass Papagei Papo in der Lage war, auf Minnas Befehl den Schlachtruf aus dem Rienzi zu kreischen, wenn Richard nicht rechtzeitig zu Tisch erschien." Seinem Nachfolger brachte sie "Richard Wagner ist ein böser Mann" bei. Kein Wunder, dass Wagner Tiere und speziell seine Hunde wohl mehr liebte als manche seiner Frauen. So sehr, dass er sogar ein 1880 eine Schrift gegen Tierversuche verfasste. Wer nicht laufen mag, kann sich die Texte auch daheim in der Bayreuth-App unter "Walk of Wagner"/"Kubenstandorte" durchlesen.

 

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