Weniger Gemecker im Amateurbereich

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Schiedsrichter in der Kritik: Felix Zwayer (Zweiter von links) und seine Kollegen müssen sich nach ihren Entscheidungen eine Standpauke von Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler (rechts) anhören. Foto: dpa Foto: red

Fußball-Deutschland diskutiert über eine Szene: Bundesliga-Schiedsrichter Felix Zwayer schickt die Spieler in die Kabine als Bayer Leverkusens Trainer Roger Schmidt dem Verweis auf die Tribüne nicht folgen will. Und es ist auffällig: Kaum eine Schiedsrichter-Entscheidung bleibt in Deutschlands höchster Spielklasse unkommentiert. Es wird geschimpft und reklamiert. Eine gefährliche Entwicklung auch für den Amateur-Fußball?

 
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„Es wird in der Bundesliga schon viel diskutiert“, sagt Christoph Starke, Trainer des Regionalligisten SpVgg Oberfranken Bayreuth. „Ein professionelles Vorbild für die Hobby-Fußballer haben Schmidt und Zwayer definitiv nicht abgegeben, als sie die Situation so eskalieren ließen.“

Starke hofft auf Videobeweis

Er hätte sich von beiden Parteien etwas mehr Besonnenheit und Souveränität gewünscht, auch wenn in der Bundesliga der Druck auf Trainer und Schiedsrichter sehr hoch sei. „Jede Situation wird ja danach zehnmal aus verschiedenen Blickwinkeln in Zeitlupe betrachtet und analysiert“, sagt Starke. „Wenn es schon diese Möglichkeit gibt, warum wird nicht endlich der Videobeweis eingeführt. Dann hätten wir weniger Diskussionen.“

Und die sollten nach Ansicht Starkes auch nicht uferlos geführt werden. Nach Spielende müsse man seine Emotionen wieder unter Kontrolle haben, deshalb hält er die Stellungnahme von Bayers Sportdirektor Rudi Völler – er redete sich in Rage und warf Zwayer gezielte Benachteiligung Leverkusens vor – für völlig übertrieben. „Da schätzte ich den Umgang von Schiedsrichtern und Vereinsoffiziellen im Amateurbereich“, sagt Starke. „Hier gibt es ein besseres Miteinander. Es wird da zwar auch diskutiert, aber sicher nicht so viel wie in der Bundesliga.“

Das liege zum Teil auch daran, dass in den unteren Klassen viel schneller Gelbe Karten wegen Meckerns gezeigt werden. „Auch deshalb glaube ich nicht, dass wir im Amateurbereich ähnliche Zustände wie in der Bundesliga bekommen.“

Anstand, Sachlichkeit und Verständnis fehlen

Gleiches glaubt Alexander Maisel. „Klar gibt es auch Ausnahmen, aber allgemein ist der Umgang mit den Schiedsrichtern in niedrigeren Ligen völlig in Ordnung“, sagt der Obmann der Schiedsrichtergruppe Bayreuth. „Emotionen sind völlig okay, das wollen wir auch alle sehen, aber bei der Situation in Leverkusen fehlten den Vereinsoffiziellen Anstand, Sachlichkeit und Verständnis.“ Zwayer habe regelkonform gehandelt.

Gleichzeitig weiß Maisel aber auch, dass Fehler von Schiedsrichtern nicht vermeidbar sind: „Wie bei Spielern gibt es hier eben auch Leistungsunterschiede.“ Und dennoch sei die Fehlerquote bei Schiedsrichterentscheidungen sehr gering. „Wenn man jeden richtigen Pfiff der Unparteiischen genauso analysieren würde, wie die falschen, dann würde die Sportschau bis 23 Uhr dauern. Gott sei Dank wird im Amateurbereich nicht so viel diskutiert.“

Nachwuchsprobleme

Doch wenn die Bundesliga-Schiedsrichter schon so angegangen werden, wie findet man für die unteren Klassen dann noch Interessenten für den Job des Unparteiischen? „Es ist kein Geheimnis, dass wir Probleme mit dem Nachwuchs haben“, sagt Maisel. Schon jetzt sei es sehr schwierig, für jedes B- und zum Teil A-Klassenspiel einen Referee zu finden. Oft pfeifen Maisels Kollegen drei oder vier Spiele am Wochenende.

Schiedsrichter-Neulingskurs im März

„Wir brauchen dringend neue Schiedsrichter“, sagt Maisel und wirbt für den nächsten Neulingskurs (11. bis 14 März) am BTS-Sportgelände (99-Gärten). Vereine sollen dazu geeignete Kandidaten schicken, die mindestens 14 Jahre alt sind. „Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Spiele pfeifen, macht wirklich Spaß, und unsere Neulinge werden auch nach bestandener Prüfung intensiv betreut.“ Bei den ersten Partien wird der Schiedsrichter-Neuling stets von einem erfahrenen Kollegen begleitet, mit dem das Spiel im Nachgang nochmals besprochen wird. Anmeldungen für den Schiedsrichter-Neulingskurs vom 11. bis 14. März nimmt Alexander Maisel unter Telefon 0172/2450834 oder per Mail an alexander.maisel.schiedsrichter@gmx.de entgegen.

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