Vorbildliches Ehrenamt Helfer aus Leidenschaft

Rosi Thiem
Hans-Jürgen Rottmann ist einer der vielen ehrenamtlichen Helfer bei den Waischenfelder Maltesern. „Wir sind sehr gut aufgestellt“, freut sich der erfahrene Retter. Die Ortsgruppe kann auf insgesamt acht Fahrzeuge mit den unterschiedlichsten Einsatzmöglichkeiten zurückgreifen. Foto:  

Hans-Jürgen Rottmann arbeitet seit 28 Jahren bei den Maltesern und hat so manches Unglück erlebt

 
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Waischenfeld - Es fing ganz klein an. „Zuerst kam der Erste-Hilfe-Kurs“, erinnert sich Hans-Jürgen Rottmann. Er engagierte sich bei der Feuerwehr und schnupperte 1984 beim Roten Kreuz, wo er dann seinen Zivildienst in Hollfeld und Bayreuth leistete.

Das Interesse am Helfen blieb. „Mir hat es Spaß gemacht und es entstanden auch gute Freundschaften“, lässt er seinen Lebenslauf Revue passieren. Der Liebe wegen verschlug es ihn nach Waischenfeld und dort gab es die Malteser. „Seit 1993 bin ich hier ehrenamtlich dabei“, erzählt der 55-Jährige. Schritt für Schritt folgten die einzelnen Module: Rettungsdienst, Helfer vor Ort, Erste-Hilfe-Ausbilder, Erste Hilfe am Kind, Ausbildungsreferent, Ausbilder fortbilden und bei der Ausbildung begleiten und schließlich Zugführer – die Liste ist lang.

„Wenn man einen gewissen Punkt überschritten hat, kann man gar nicht mehr aufhören“, betont der verheiratete, zweifache Familienvater und Opa. Das Helfen liegt ihm am Herzen. „Wir sind in Waischenfeld sehr gut aufgestellt: Rettungsdienst, Katastrophenschutz und SEG, die Schnelleinsatzgruppe“, zählt er auf. Die Ausrückzeit bei schweren Verkehrsunfällen beträgt nur wenige Minuten, dann fahren die ersten Fahrzeuge raus. Die Kollegen fahren im 24 Stunden-Dienst.

Bevölkerung steht hinter den Maltesern

Am Standort Waischenfeld stehen acht Fahrzeuge zur Verfügung: Vom Krankentransportwagen bis zum Gerätewagen Sanitätsdienst „GW San 25“. „Die Bevölkerung steht hinter ihren Maltesern. Das war auch entscheidend, als es darum ging, das Haus zu kaufen“, ist Rottmann stolz auf den Erwerb, bei dem die Bevölkerung unter dem Motto „Ein Haus für Waischenfeld“ mit einer nie für möglich gehaltenen Spendenbereitschaft überrascht hatte.

Der als Gas- und Wasserinstallateur hauptberuflich in Muggendorf bei der Installationsfirma Oschatz arbeitende Rottmann kommt jährlich locker auf 500 ehrenamtliche Stunden bei den Maltesern. „Das kann man nur machen, wenn die Familie mitspielt, sonst ist dies nicht zu leisten“, sagt Rottmann, während er die ordentlich beschrifteten Boxen im Gerätewagen kontrolliert. In den Kisten unterschiedlicher Größe befindet sich von der Ersatzkleidung, über Hygieneartikel und Zelte bis zu Malartikel für Kinder alles, was man als Malteser so braucht. Die Gegenstände können beispielsweise bei Massenunfällen auf der Autobahn wichtig sein, erzählt Rottmann aus seinem reichen Erfahrungsschatz. „Es ist nicht immer so, dass man bei Unfällen glimpflich davonkommt. Manche verlieren alles“, bedauert der Malteser.

„Wir haben im Moment keine Nachwuchssorgen und verfügen über zwei Jugendgruppen. Viele junge Leute gehen oft einige Jahre beruflich oder zur Familiengründung weg. Wenn sie dann älter werden, stoßen sie oft wieder zu uns“, freut sich Rottmann. Oft kämen auch Quereinsteiger hinzu. „Wir haben in Waischenfeld circa 45 aktive, ehrenamtlichen Helfer.“ Bei einem ist sich Rottmann sicher: Die Empathie zur Arbeit muss da sein. „Ich muss Respekt vor der Arbeit haben. Das ist das tägliche Leben. Ein Gefühl der Gleichgültigkeit darf man hier nicht haben“, weiß der langjährige Ausbilder. Als er damals den Zugführer bei der Kölner Ausbildungsakademie machte, nahm er sich extra Urlaub. Auch jetzt besucht er gerne Fortbildungslehrgänge, die gefordert seien, um die Lehrscheinberechtigung alle paar Jahre verlängern zu können. „Wir bilden Schulsanitäter aus und betreuen den Schulsanitätsdienst in Pottenstein und Hollfeld“, berichtet der erfahrene Allrounder.

Einsätze mit Kindern hängen lange nach

Gibt es auch Einsätze, die besonders tief gehen? „Ja, die gibt es“, sagt Rottmann. „Das sind die Rettungseinsätze mit Kindern. Die hängen mir lange nach“, gesteht er. „Ich mache das nun schon lange. In meiner Zeit mussten schon zweimal Babys reanimiert werden. Einmal mit und einmal leider ohne Erfolg. Das prägt. Es bleibt immer irgendwie im Kopf gespeichert, gerade bei einer neuen Alarmierung zu neuen Kindernotfall-Einsätzen“, sagt der Retter. „Manche Einsätze muss man nicht mehr haben“, sagt der Helfer, der so mitfühlen kann. Er findet es auch wichtig, dass sich nach schweren Einsätzen die Kameraden mit den Seelsorgern unterhalten. „Wir haben sehr gute seelsorgerisch ausgebildete Helfer. Sie begleiten, wenn sie angefordert werden, vor Ort und sind für die Kollegen immer auch zur Nachbesprechung da.“

Es gibt immer wieder Einsätze, die über etliche Stunden gehen. So ein Großbrand vor zwei Jahren, der Katholikentag oder das Schneechaos auf der A 9 am Sophienberg vor einigen Jahren. „Damals hatten wir gerade Weihnachtsfeier, als der Piepser ging und wir mit Schneeketten ausrückten. Der Einsatz dauerte bis zum nächsten Tag um 14 Uhr. 1000 Liter Tee kochten wir in dieser Nacht und versorgten die Menschen – darunter viele Kinder – in den liegengebliebenen Fahrzeugen“, erinnert sich der 55-Jährige. An die gemütliche Weihnachtsfeier dachte niemand mehr. Beim G 7-Gipfel in Oberbayern vor einigen Jahren begleiteten sie mit anderen Organisationen einen Zug. Dabei blieb ihm besonders die präzise organisierte Kolonnenerfahrung im Gedächtnis. „Die Malteser aus ganz Deutschland sind wie eine große Familie und alle per du“, freut er sich.

Rottmann selbst pickt sich keine Rosinen heraus. Er mache das, was gerade anfalle und wo er gebraucht werde. Momentan sind die Waischenfelder Malteser im Testzentrum vor Ort und in Trockau im Einsatz. Die Kameradschaft und Geselligkeit litten natürlich unter der Pandemie. Die Malteser, die es im Ort seit Mitte der 1960er Jahre gebe, arbeiteten und feierten auch gerne mit den örtlichen Vereinen zusammen. „Da hilft der eine den anderen“, berichtet Hans-Jürgen Rottmann.

Bei Coronaeinsätzen mit extra Schutzbekleidung dauere auch die Nachbereitungszeit länger. „Wir müssen nach dem Einsatz alles komplett desinfizieren, das dauert um die zwei Stunden.“ Der erfahrene Helfer schütze sich immer. „Lieber die Maske einmal zu oft als zu wenig auf. Ich bin geimpft und ich rate jeden, sich impfen zu lassen. Ich verstehe manche Leute nicht, die dagegen sind“, sagt er kopfschüttelnd. „Ich kenne einige Menschen mit schweren Verläufen und langen Nachwirkungen durch Corona. Es ist bekannt, dass die Krankheit auch tödlich enden kann – das müsste doch jeder wissen“, mahnt er. Kann er Menschen zu einem Ehrenamt raten? „Auf jeden Fall. Jeder hat seine Fähigkeiten. Wichtig ist, generell zu schauen, wo ist mein Platz. Sei es beim Sport, bei der Musik oder im helfenden Bereich.“

Bei Hans-Jürgen Rottmann, der selbst auch den Rettungswagen fährt, gilt: „Wenn ich etwas tue, dann mache ich es gscheit und nicht da oder dort etwas“, betont er. „Für mich ist das ein Ausgleich zur beruflichen Arbeit und es macht mir großen Spaß. Ich bin ein Mensch, der auch nicht nein sagen kann“, zwinkert der fleißige Retter und ist hinter dem Steuer des neuen Gerätewagens verschwunden.

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