Der muslimische Glaube sei nicht Ziel ihrer Kritik. "Es geht um patriarchalische Strukturen, die nicht in ein demokratisches System passen", sagt sie. Diese Strukturen fänden sich aber oft in muslimischen Familien. Von der Gesellschaft fordert sie, solchen Auswüchsen konsequent entgegenzutreten: "Ich stehe in der Mitte der Gesellschaft und glaube, dass uns falsche Toleranz nicht weiterbringt."
Wöllenstein plädiert beispielsweise für ein Kopftuchverbot an Schulen. Wenn das Kopftuch schon in jungen Jahren angelegt werde, verändere sich die Wahrnehmung der Mädchen, und die eigene Unfreiheit werde zur Normalität. Die Zuwanderung stellt sie nicht infrage: "Wir brauchen diese Kinder dringend als Teil der Gesellschaft."
Zentral ist für Wöllenstein eine Forderung: die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts. "Wollen wir in 20 Jahren wirklich da sein, dass jede religiöse Gruppierung ihren eigenen Religionsunterricht an Schulen hat?", fragt Wöllenstein. Damit vertue man eine große Chance, Kinder über Religion ins Gespräch zu bringen. "Statt Religionsunterricht sollten wir ein Fach wie "Werte und Normen in meiner Klasse" einführen."
Auch beim Schulsystem plädiert Wöllenstein für Integration und Inklusion statt Separation - weg vom Unterstufengymnasium, hin zur integrierten Gesamtschule. "Denn das ist die einzige Schulform, in der Kinder bis zur neunten Klasse gemeinsam lernen."
Bei der Bildungsgewerkschaft GEW stoßen solche Forderungen auf Zustimmung. "Alle Maßnahmen, die dazu führen, dass Chancengleichheit und Bildungsmöglichkeiten für alle unabhängig von Hautfarbe und Herkunft erhöht werden, sind der richtige Weg", sagt Hessens GEW-Vorsitzende Maike Wiedwald. Wöllensteins Schilderungen über Integrationsprobleme wolle sie nicht widersprechen: Es könne durchaus sein, dass Lehrer das so wahrnehmen.
Das hessische Kultusministerium erklärt, dass Integration keine Aufgabe sei, die nur von Schulen übernommen werden sollte, sondern vielmehr auch von der Gesellschaft. "Frau Wöllenstein beschreibt in ihrem Buch einen gewissen Rückzug der Gesellschaft und der Eltern der Kinder aus der Integrations- und Erziehungsverantwortung", sagt Ministeriumssprecher Philipp Bender. Dabei sei Schule vorrangig ein Ort der Bildung und nur zweitrangig ein Ort der Erziehung. Diese sollte primär im Elternhaus stattfinden.
Dass und wie sich die Lehrerin äußert, ist laut Kultusministerium kein Problem. Es stehe Lehrkräften in Hessen frei, sich als Privatperson zu bildungspolitischen Themen zu äußern. "Diese Ansichten müssen keinesfalls immer deckungsgleich mit denen des Kultusministeriums beziehungsweise des Dienstherrn sein."