Vier Meerschweinchen, mit Käfig und Ärger

Von Christina Holzinger
Zwei Wochen alte Meerschweinchen wurden über Ebay-Kleinanzeigen verkauft. In der Mitte: Der neue "Ziehpapa". Foto: red

Tatort Internet: Für wenig Geld sind dort viel zu junge und zu schwache Tiere zu haben. Bettina Granegger und Harald Hahnefeld von der Tierhilfe Weidenberg suchen die Täter. Mit dem Veterinäramt des Landkreises Bayreuth gehen sie gegen nicht-artgerechte Tierhaltung vor. Doch das Amt ist machtlos.

 
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Tierverkauf im Internet

Durch Zufall stößt Bettina Granegger auf einen Eintrag bei Ebay-Kleinanzeigen. Ein junger Mann verkauft im südöstlichen Landkreis Meerschweinchen. „Meerschweinchen vier Stück mit Käfig“, steht da. Darunter Bilder der beiden winzigen Meerschweinchen, die mit ihren 136 Gramm in einen Schöpflöffel passen. Gemeinsam mit zwei etwa sechs Monate alten Meerschweinchen sollen sie für 60 Euro verkauft werden. „Zuerst dachte ich, dass die beiden größeren Meerschweinchen die Eltern der Kleinen sind“, sagt Granegger.

Noch am gleichen Abend begibt sich Granegger mit Harald Hahnefeld auf Spurensuche: Gemeinsam fahren sie zu der angegebenen Adresse, treffen jedoch nur die Mutter und die Schwester des Verkäufers an. In einem Carport sehen sie den Käfig mit den vier Meerschweinchen. Es handelt sich um vier Böckchen aus unterschiedlichen Würfen und die beiden kleinen Meerschweinchen sind noch keine drei Wochen alt. Viel zu jung zum Verkaufen.

Streich unter Freunden

Die Mutter des Verkäufers sagt, dass die Meerschweinchen das Ergebnis eines Streiches unter Freunden seien.  „Sie erklärte uns, dass ihr Sohn die Meerschweinchen von einem Freund zum Geburtstag geschenkt bekommen hat, nachdem er seinem Freund im Vorjahr Hühner geschenkt hat“, sagt Granegger.

Bei den jungen Männern im Alter von 23 bis 25 sei es üblich, sich Tiere zum Geburtstag zu schenken, um sich gegenseitig zu ärgern. „Dass die Tiere aber so jung sind und er deswegen auch Ärger mit dem Veterinäramt bekommen könnte, wusste er natürlich nicht“, sagt Granegger. Außerdem sei es „moralisch verwerflich“.

Die Tierhilfe setzt der Familie die Pistole auf die Brust. Die Züchter sollten bestraft werden. Aus diesem Grund wollen die Tierschützer die Namen des Züchters und des Freundes wissen, von dem er die Meerschweinchen geschenkt bekommen hatte. Aber der Züchter ist nicht zu finden.

Auf Nachfrage des Kuriers sagt der Vater des Meerschweinchen-Verkäufers: „Mein Sohn ist ein Opfer.“ Seiner Meinung nach bauschten die Tierhilfe Weidenberg und das Veterinäramt den Verkauf der Meerschweinchen auf. Er droht: „Wenn es so weitergeht, werden wir den Rechtsschutz einschalten.“

Veterinäramt sind die Hände gebunden

Rechtlich gesehen kann das Veterinäramt nicht gegen den Verkäufer vorgehen. Denn ein gesetzlich geregeltes Abgabeverbot betrifft nur Hundewelpen und kranke Tiere. „Im Heimtierbereich werden vom Veterinäramt nur Tierhaltungen überwacht, die gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handeln“, sagt Iris Fuchs vom Veterinäramt Bayreuth. Da weder an Minderjährige verkauft wurde noch die Tiere bei Abgabe krank waren, hat sich der Verkäufer nicht strafbar gemacht.

Neue Meerschweinchenfamilie gefunden

Ein neues Zuhause auf Zeit haben die vier Tiere bei der Meerschweinchennotstation Kerstin Gablers in Egglofsheim gefunden. „Ich habe die vier Böckchen am gleichen Tag zu mir geholt“, sagt Gabler. Wenn die vier Meerschweinchen in einigen Wochen an Gewicht zugelegt haben, steht die Kastration an. „Zuerst sollen sie mal ankommen und zunehmen“, sagt Gabler. Auf Gabler und die Tierhilfe Weidenberg kommen durch die Kastration weitere 200 Euro zu. Neben den 60 Euro, die der Verkäufer bei Abgabe verlangt hat.

Info:

Veterinäramt und Tierhilfe Weidenberg raten dazu, keine Tiere über das Internet zu kaufen. Denn vor dem Kauf ist es wichtig zu erfahren, woher die Tiere stammen, ob sie gesund sind und artgerecht gehalten wurden. Auch an dem Verhalten des Verkäufers lasse sich erkennen, ob es sich um eine seriöse Zucht handle: So würden seriöse Züchter Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen nur in artgerechte Haltung mit mindestens einem Artgenossen abgeben. Bei der Abgabe sollten die Meerschweinchen zudem mindestens 250 bis 300 Gramm wiegen.   

Keine zu frühe Trennung

Da Meerschweinchen Nestflüchter sind, kommen sie vollständig behaart auf die Welt und können sehen, hören und laufen. „Einen Tag nach der Geburt fressen sie bereits feste Nahrung, müssen aber noch drei bis vier Wochen lang gesäugt werden“, sagt die Fachbereichsleiterin des Veterinäramtes, Iris Fuchs. Diese Säugezeit sei wichtig, um genug Energie aufzunehmen und an Gewicht zuzulegen. „Damit sich das Meerschweinchen gut entwickelt, ist es wichtig, die Jungen erst nach der Säugezeit von den Eltern zu trennen.“

Die Folge einer frühen Trennung ist, dass das Tier ein Leben lang ein zu schwach ausgeprägtes Immunsystem hat. Der Grund dafür: „Die Jungen brauchen den Blinddarmkot der Mutter, der B-Vitamine, Vitamin K, Eiweiße und für die Verdauung notwendige Bakterien enthält“, wie Bettina Granegger von der Tierhilfe Weidenberg erklärt. Ohne diesen Blinddarmkot könne sich das Immunsystem nicht ausreichend entwickeln.

 

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