Verfassungsschutzbericht beleuchtet Szene in Franken Aggressive Neonazis in Oberfranken

Von Jürgen Umlauft 
Das Haus in Oberprex ist beschlagnahmt, das "Freie Netz Süd" verboten, doch die Rechtsextremisten in Oberfranken sind noch da; sie gehören zum großen Teil der Partei "Der Dritte Weg" an, geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor. Foto: David Ebener/dpa Foto: red

Die oberfränkische Neonazi-Szene ist nach dem Verbot des "Freien Netzes Süd" (FNS) nicht verschwunden. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, den Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Montag in München vorgelegt hat. In Bayern ist die Zahl rechts- und linksextremistisch motivierter Gewalttaten im vergangenen Jahr gestiegen. Und noch etwas bereitet Herrmann große Sorge.

 
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Die Zahl rechter Gewalttaten - vorwiegend Körperverletzungen - stieg von 66 auf 91 Fälle. Dazu kamen 64 Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte (Vorjahr 24), bei denen von einem fremdenfeindlichen oder rechtsextremistischen Hintergrund ausgegangen wird.

Die Zahl linker Gewalttaten hat sich von 50 auf 122 erhöht. Die meisten davon ereigneten sich als gewalttätiger Protest im Umfeld rechter Kundgebungen. In 86 Fällen wurden dabei Polizeibeamte Opfer der Gewalttaten.

Rechtsextremisten wechselten zur Partei "Der Dritte Weg"

Nach Auskunft von Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner sind die rechtsextremistischen Kameradschaften in Oberfranken nach dem Verbot des "Freien Netz Süd" (FNS) und der Beschlagnahme der von ihnen als Stützpunkt genutzten Immobilie in Oberprex bei Hof weitgehend von der Bildfläche verschwunden. "Da hat sich nichts Neues entwickelt", sagte Körner.

Personen und Aktivitäten seien jedoch zu einem großen Teil auf die Partei "Der Dritte Weg" übergegangen. Deren Stützpunkte seien geographisch größtenteils mit denen des verbotenen FNS identisch.

Stützpunkt Hof: Aktiv bis Bayreuth und Kulmbach

In Oberfranken gebe es den Stützpunkt Hof mit etwa 20 Mitgliedern und Sympathisanten, berichtete Körner. Der Stützpunkt sei bis nach Bayreuth und Kulmbach aktiv.

Im Raum Bamberg stark vertreten ist die Partei "Die Rechte", aus deren Umfeld die von der Razzia im vergangenen Oktober betroffenen Personen stammen.

Laut Verfassungsschutzbericht weist der Kreisverband Bamberg eine erhöhtes Aggressionspotenzial auf; die etwa zehn Mitglieder und ihre Unterstützer stammten vorwiegend aus der oberfränkischen Neonazi- und Hooliganszene.

Der Partei angeschlossen haben sich offenbar die Aktivisten der "Division Franken", die den Erkenntnissen zufolge ihre eigenständigen Aktivitäten so gut wie eingestellt hat. Kaum mehr in Erscheinung getreten ist auch der bislang im Raum Coburg tätige "Fränkische Heimatschutz".

Herrmann: Große Sorge bereitet der islamistische Extremismus

Mit wachsender Sorge beobachtet Herrmann die Gefährdung durch den islamistischen Extremismus und Terrorismus. Die Anziehungskraft der Terrormiliz Islamischer Staat auf meist junge Menschen sei nach wie vor ungebrochen, sagte Herrmann.

Zudem bestehe die Gefahr, dass mit dem Flüchtlingsstrom gezielt IS-Kämpfer nach Deutschland eingeschleust würden. Körner bezeichnete diese Gefahr allerdings als gering. Zwar habe es schon eine Vielzahl von Anzeigen gegen angeblich aus dem IS-Umfeld eingereiste Personen gegeben, doch seien das zumeist gezielte Denunziationen gewesen. Tatsächlich erhärtet habe sich der Verdacht nur bei einer geringen Zahl an Fällen "im unteren einstelligen Bereich".

Minister strikt gegen bewaffnete Bürgerwehren

Angesichts des Flüchtlingszustroms warnte Herrmann davor, das Gewaltmonopol des Staates in Frage zu stellen. Gerade von rechten Gruppierungen werde versucht, Flüchtlinge generell zu kriminalisieren und die Bildung bewaffneter Bürgerwehren zu fordern. Dies werde er nicht hinnehmen.

"Der Schutz der Inneren Sicherheit obliegt unseren Sicherheitsbehörden und allen voran unserer Polizei und nicht irgendwelchen selbsternannten Hilfssheriffs mit zweifelhafter Motivation", stellte Herrmann klar.

In diesem Zusammenhang verwies er auf die geistige und personelle Nähe der bayerischen Pegida-Ableger zu rechtsextremen Gruppen. Nicht umsonst würden vier bayerische Pegida-Gruppen vom Verfassungsschutz beobachtet. Für eine Beobachtung der AfD in Bayern gebe es derzeit keinen Anlass, ergänzte Körner.

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