Umsetzung des neuen Kinderschutzgesetzes Landkreis entlastet Vereinsvorsitzende

Von Sarah Bernhard
Luisa Hartmann, Vorsitzende der Landjugend Plössen, ist mehr als 30 Jahre jünger als der Leiter der Volkstanzgruppe, die hier bei einer Seniorenweihnacht auftritt. Ob er früher einmal betrunken Auto gefahren oder ein anderes Verbrechen begangen hat, will sie eigentlich gar nicht wissen. Der Landkreis hat sie von dieser Bürde befreit. Foto: Wolf Foto: red

Das neue Kinderschutzgesetz sieht vor, dass Ehrenamtliche, die viel mit Kindern arbeiten, dem Vereinsvorsitzenden ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen. Für junge Vereinsvorsitzende eine schwere Bürde. Also hat sich der Landkreis etwas einfallen lassen.

 
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Luisa Hartmann ist froh. Denn Jugendamt und Kreisjugendring (KJR) haben der 21-Jährigen eine schwere Last von den Schultern genommen: Sie muss nicht mehr über die eventuellen Vergehen ihrer Vereinskollegen Bescheid wissen. Dabei sieht das neue Kinderschutzgesetz eigentlich vor, dass Ehrenamtliche, die viel mit Jugendlichen arbeiten, ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis beim Vereinsvorsitzenden vorlegen müssen. Bei der Landjugend Plössen ist das Luisa Hartmann. Ein Führungszeugnis enthält alle Vorstrafen, die ein Mensch hat, das erweiterte Führungszeugnis auch Sexualstraftaten, bei denen die Strafe extrem niedrig war. Damit sollen Kinder und Jugendliche besser vor verurteilten Sexualstraftätern geschützt werden.

Und das findet Luisa Hartmann auch gut so. Doch in der Umsetzung hätte ihr das enorme Probleme bereitet. „Es ist eine Last, wenn man von jedem weiß, was im Führungszeugnis steht.“ Vor allem, wenn derjenige deutlich älter sei als man selbst. „Das geht mich ja eigentlich gar nichts an“, sagt die 21-Jährige. „Und wenn die Vereinsmitglieder wissen, dass ich es weiß, ist es auch für sie selbst unangenehm.“

Für junge Vereinsvorsitzende belastend

Jugendamt und KJR, die für die Umsetzung des 2012 beschlossenen Bundeskinderschutzgesetzes zuständig sind, sahen das ähnlich. „Es würde junge Vereinsvorsitzende belasten, wenn sie auf einmal wüssten, dass jemand, der für alle eine Respektsperson ist, früher mal betrunken Auto gefahren ist“, sagt KJR-Vorsitzender Christian Porsch. Und weil sie darüber Stillschweigen bewahren müssen, könnten sie sich nicht einmal jemandem anvertrauen.

Deshalb hat sich der Landkreis bei der Umsetzung des Gesetzes für das sogenannte Regensburger Modell entschieden: Es sieht vor, dass nicht der Vereinsvorsitzende das Führungszeugnis durchsehen muss, sondern die betreffende Gemeinde. Die stellt dann eine Bescheinigung aus, in der steht, dass alles in Ordnung ist. Und die wiederum schaut sich dann der Vereinsvorsitzende an.

Gleichzeitig haben Jugendamt und KJR Fallbeispiele erarbeitet, die sie den betroffenen Vereinen nun vorgestellt haben. Denn wen das neue Gesetz betrifft, bleibt schwammig: Die Tätigkeit muss eine gewisse Intensität und Dauer haben und ein Machtgefüge beinhalten, heißt es im Gesetz. Doch dieses Gefälle könnte man zum Beispiel auch dann schon sehen, wenn Eltern fremde Kinder mit zu einem Fußballspiel nehmen. „In Coburg müssten diese Eltern ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen, bei uns sieht das Jugendamt das Gott sei Dank anders“, sagt Porsch. Weil alles andere die Motivation zu helfen deutlich schmälern würde.

Gesetz bedeutet viel Bürokratie

Doch auch so bleibt die Frage, ob wirklich jeder Lust auf einen solchen Aufwand hat. Zwar ist das erweiterte Führungszeugnis für jeden Ehrenamtlichen kostenlos. Aber er muss sich eine Bestätigung des Vereins besorgen, dass er ehrenamtlich tätig ist, und diese bei der Beantragung der Gemeinde vorlegen. Dann wiederum muss er die fertige Bescheinigung bei der Gemeinde abholen und zum Vereinsvorsitzenden bringen. 300 bis 400 Ehrenamtliche wird diese Regelung im Landkreis wohl treffen, schätzt Porsch, 15 bis 20 sind es bei der Landjugend Plössen.

„Ich frage mich schon, wie wir das durchführen sollen“, sagt Luisa Hartmann. Denn wer einmal eine größere Gruppe verwaltet habe, wisse, wie schwierig es sei, alle zu motivieren. „Klar, es ist zum Schutz der Kinder“, sagt Hartmann. „Aber ehrlich gesagt ist es auch ein Krampf.“

Info-Veranstaltung

Am Dienstag, 25. November veranstaltet der Kreisjugendring in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring Bayreuth um 19 Uhr im Sitzungssaal des Landratsamtes in Bayreuth einen Informationsabend zum Thema „Crystal Speed – nicht bei uns! Drogenprävention und Umgang mit Suchtgefährdeten in der Jugendarbeit”. Die Veranstaltung ist sehr praxisnah gestaltet sein und richtet sich an Jugendleiter und Betreuer in Vereinen.

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