„450 Euro Hartz IV notwendig“ Katholische Arbeitnehmer halten Hartz-IV- Regelsatz für zu niedrig

Von Elmar Schatz
 Foto: red

Um neun Euro pro Monat steigt der Hartz-IV-Regelsatz Anfang kommenden Jahres. Er beträgt dann 391 Euro. Die katholische Arbeitnehmerpastoral hält mindestens 450 Euro für notwendig, um den Beziehern „eine soziale und kulturelle Teilhabe an den Gütern dieser Gesellschaft“ zu ermöglichen.

 
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Die bayerische Wirtschaft mahnt, im Vordergrund sollte stehen, mehr Menschen in Beschäftigung zu bringen, damit weniger Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind.

„Als besonders skandalös erleben wir die Zahl der Aufstocker auch in Oberfranken: Über 9000 Menschen müssen in unserer Region zusätzlich zu ihrer Arbeit Hilfe über Hartz IV in Anspruch nehmen, um mit ihren Familien über die Runden zu kommen“, so Manfred Böhm, der Leiter der katholischen Arbeitnehmerpastoral im Erzbistum Bamberg, gegenüber dem Kurier.

Die Niedriglöhner würden gleich doppelt bestraft; denn Niedriglohn bedeute ein Leben in Armut jetzt – und auch Armut in Zukunft, „weil die Renten nur Hungerrenten sein werden“.

"Das ist eine Beleidigung"

Böhm erklärt: „Dass Armut entwürdigt, hat sich herumgesprochen. Armut aber trotz Arbeit – das ist eine Beleidigung! Der Niedriglohn ist der Fahrstuhl nach unten in die Armutszone.“ Böhm meint, die Niedriglöhne seien politisch gewollt; denn dadurch ließe sich Druck aufbauen auf den Lohnbereich insgesamt. Es sei in den letzten Jahren gelungen, die Löhne klein zu halten. Gewiss seien die Löhne brutto prozentual gestiegen, aber rechne man Steuern und Sozialabgaben sowie die Preissteigerung heraus, so bemerke man, dass die Löhne keineswegs real gestiegen, sondern im Gegenteil gesunken seien.

Böhm zitiert aus der päpstlichen Enzyklika „Laborem Exercens“: „Die gerechte Entlohnung für die Arbeit eines Erwachsenen, der Verantwortung für eine Familie trägt, muss dafür ausreichen, eine Familie zu gründen, angemessen zu unterhalten und ihr Fortkommen zu sichern.“ Würde dieses Kriterium ernst genommen, dürfte es in Deutschland keinen Niedriglohnsektor geben, folgert Böhm.

Die Hartz-IV-Sätze seien bedarfsgerecht, habe das Bundesverfassungsgericht entschieden. Daran erinnert Hans-Udo Sadler von der KASA, der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit der evangelischen Diakonie in Bayreuth. Zum reinen Leben reiche Hartz IV wohl schon, nicht aber, um am allgemeinen gesellschaftlichen Wohlstand teilzunehmen, sagt auch Sadler. Er kenne allerdings aus seiner täglichen Beratungsarbeit Menschen, die es mit Hartz IV schafften, sogar Schulden zurückzuzahlen oder etwas zu sparen. Andere kämen mit dem Regelsatz allerdings schlecht zurecht und wendeten sich parallel an die Tafel, um Lebensmittel zu erhalten.

Förderung intensiver als früher

Die Förderung durch die Jobcenter sei seit Einführung von Hartz-IV intensiver als zu Zeiten des früheren Arbeitslosenhilfesystems. Die Strafen bei Ablehnung von Jobs, die bis zur kompletten Streichung von Hartz IV und Mietzahlung führen können, hält Sadler für „verhältnismäßig hart“. Seelisch angeschlagene Langzeitarbeitslose kämen mit dem komplexen System oft schlecht zurecht, der Absturz in die Obdachlosigkeit gehe dann ganz rasch.

Hartz IV ist Grundsicherung, betont Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.; Maßstab für die Festlegung der Höhe von Hartz IV sei deshalb ein „Warenkorb“ mit einer repräsentativen Anzahl von Gütern zum Beispiel aus den Bereichen Ernährung, Kleidung und Wohnen. Daraus ergebe sich in diesem Jahr die Erhöhung von 2,3 Prozent, die über der Inflation von gegenwärtig 1,5 Prozent liegt.

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