Übungsplatz: Verlorene Heimat

Von Gerald Morgenstern

1938 wurde der einst königlich bayerische Übungsplatz erweitert. 58 Ortschaften, Gehöfte und Weiler wurden aufgelöst, 3500 Menschen mussten ihre vertraute Heimat verlassen.

 
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Die eigens gegründete Reichsumsiedlungsgesellschaft (RUGES) nahm mit mehr oder weniger Druck des „Dritten Reichs“ vor 80 Jahren diese  Umsiedelung vor. Nur noch wenige Mauerreste, Kellergewölbe, Grundmauern, Brunnenlöcher, die Reste von Kirchen und Kapellen sowie die alten Obstbaumkulturen zeugen heute noch von den einst blühenden Ortschaften.

Pfarrkirche mitten im Dorf

Hopfenohe war eine der ältesten Siedlungen in der Gegend. Die katholische Pfarrkirche Sankt Peter und Paul lag inmitten des Dorfes. Im Jahre 1935 wurde das Gotteshaus unter dem sehr aktiven Pfarrer Johann Ritter aufwendig renoviert und erweitert. Der Kirchenausbau konnte die Ablösung der Gemeinde durch die RUGES jedoch nicht abwenden.

Im Jahr 2005 wurde die Kirchenruine direkt auf der Höhe der Europäischen Hauptwasserscheide in ihrem Bestand gesichert, dazu stellte die US-Armee erhebliche finanzielle Mittel bereit. Der Turm und die Mauern der ehemaligen Pfarrkirche Peter und Paul von Hopfenohe sind heute Symbol für die aufgelassenen Ortschaften.

Wallfahrtskirche das Zentrum

Kirchliches und gesellschaftliches Leben fand in Pappenberg statt. Neben den Festen und der Pappenberger „Kuckuckskirwa“, stand vor allem die vielbesuchte Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt im Mittelpunkt. Die Ruine dominiert auch heute noch die Stelle am Rande der Impact Area.

Im August wird das Patrozinium Maria Himmelfahrt gefeiert. Ein Besuch mit dem namensverwandten Weihbischof Reinhard Pappenberger aus Grafenwöhr soll am 25. August an das Dorf erinnern. Haag war ein sehr schön gebautes Dorf, das beinahe kleinstädtischen Charakter hatte. Die alte Haupt-, Heer- und Handelsstraße, die Reichsstraße 85, führte mitten durch den Ort und war die Lebensader.

Nur noch Straße da

Geblieben sind vom einst stolzen Haag noch der Straßenverlauf, Mauerreste, Kellergewölbe, ein Gedenkstein am Platz der Kirche St. Veit und der alte Friedhof. Die Generalsanierung des historischen Gottesackers fand im Jahr 1992 statt. Der sanierte Gottesacker ist heute ein einmaliges Kulturdenkmal. Seit 1992 brechen die alten „Hoocher” und ihre Nachkommen alljährlich um den Allerseelentag im November zum Gräberbesuch nach Haag und auch nach Langenbruck auf.

Zu neuen Ehren und quasi neuem Leben kam der Weiler Netzaberg. Die Siedlung mit dem Gasthof „Zur Schönen Aussicht“ lag auf dem Höhenzug des gleichnamigen Netzabergs.  Mit der Stationierung weiterer US-Truppen wurde zwischen 2006 und 2008 die US-Siedlung Netzaberg westlich der alten Dorfstelle gebaut. Die neue Stadt verfügt über ein Village-Center mit Schulen, Kindergarten und großer Kirche sowie über Häuser mit 830 Wohneinheiten. Rund 3500 US-Bürger haben dort eine „Neue Heimat auf Zeit“ gefunden.

Über 100-jährige Geschichte

Mit Bildern, Filmen, Literatur und Exponaten ist die mehr als hundertjährige Geschichte des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr in der Dauerausstellung des Kultur- und Militärmuseums Grafenwöhr dargestellt. Auch verschiedene Aktionen und Fahrten des Museums sollen an die Umsiedelung vor 80 Jahren erinnern.

Die Sonderfahrt am 28. April ins Sperrgebiet ist bereits ausgebucht. Am 28. April ist um 18 Uhr eine Lesung „Haag – einst ein blühender Ort in der Oberpfalz“ mit Elfriede Krapf geplant. Die heute 95-jährige ehemalige Lehrerin wurde in Haag geboren. Am Freitag, 29. Juni, besucht das Dekanat Auerbach den Übungsplatz und feiert eine Messe in Hopfenohe. Eine Sonderfahrt mit Andacht findet am 25. August zusammen mit dem Weihbischof Reinhard Pappenberger in die gleichnamige Dorfstelle statt.

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