Bayreuth Sorge um Verwandte im Erdbebengebiet

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Der DITIB-Vorsitzende Ali Tas (links) fliegt ins Erdbebengebiet, um bei der Bergung und Bestattung der Opfer zu helfen. ⋌Foto: Archiv/Norbert Heimbeck Foto:  

In Bayreuth machen sich viele Menschen sorgen um ihre türkischen Verwandten. Die türkisch-islamische Gemeinde organisiert Hilfe vor Ort.

 
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Timur Yikar, 47, Warmensteinach:  „Mein Schwager ist gestorben, meine Schwägerin und ihre drei Kinder sind noch in Hatay. Sie haben nichts mehr. Meine Schwiegereltern haben auch keine Bleibe mehr. Sie brauchen Hilfe. Ich habe schon im Landratsamt und bei der Ausländerbehörde angerufen. Wie ich erfahren habe, könnten sie höchsten 90 Tage bleiben. Aber in 90 Tagen ist kein Haus wieder aufgebaut. Das ganze Gebäude wurde komplett zerstört. Es hatte früher sieben Stockwerke, jetzt sind es noch eineinhalb. Die ganze Stadt ist weg. Zum Glück haben die Eltern meiner Frau ihre Pässe noch gehabt. Zwei Tage lang haben wir nichts von ihnen gehört. Sie sind 70 und 76 Jahre alt. Dann haben sie sich gemeldet. Sie haben mit sechs anderen Leuten in einem Auto geschlafen. Vor dem zweiten Beben kamen sie gerade noch aus der Stadt raus. Jetzt sind sie weiter weg bei Bekannten untergekommen. Dort können sie aber nicht länger bleiben. Sie haben kein Geld dabei und keine Kleidung. Man muss sich das mal vorstellen: Millionen von Menschen sind jetzt obdachlos. Unsere Familien wollen in Sicherheit sein, sonst nichts.“

Tehin Özlan, 43, Bayreuth:
 „Meine Schwester und mein Schwager sind gestorben. Ihre drei Kinder sind jetzt Waisen und ohne Mama und Papa. Die Jüngste ist erst sechs Jahre alt, die Älteste ist 18, ihr Bruder 15.  Sie wurden in ein Krankenhaus in Mersin gebracht. Eine hatte eine Gesichtsverletzung, bei der anderen war das Bein taub. Ich könnte nur noch weinen. Seit vier Tagen esse ich nicht, ich fühle mich, als wenn ich selbst dort wäre. Aber ich kann von hier aus nichts für sie machen. Und dort ist es ja immer noch ein Katastrophengebiet. Ich hoffe, sie bekommen wenigstens noch etwas zu essen. Sie sind alle Drei sehr lieb. Plötzlich haben sie nur noch ein Loch in der Wand und Feuer gesehen. Eine Polizistin hat ihnen geholfen. Eigentlich weiß jeder, dass das ein Erdbebengebiet ist. Aber ihre Wohnung war anscheinend nicht entsprechend gebaut. Das ist alles so schrecklich. Ich sterbe mit diesen Kindern, wenn ich sie nicht herbringe. Das muss einfach möglich sein.“

Gökem Findik, 50, Bayreuth: „Wir haben Verwandte im Erdbebengebiet. Neffen und andere Familienmitglieder. Die Eltern meines Schwiegersohns leben da. Die Leute wohnen dort im Zelt oder im Auto, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Das Handy kann man nur im Auto laden. Alle haben große Angst. Meine Tochter und mein Schwiegersohn und meine Enkel haben Urlaub in Iskenderun gemacht. Sie hatten schon ihre Flugtickets und konnten am Dienstag zurückfliegen. Als das Erdbeben losging war es 4.17 Uhr, haben sie erzählt. Alle sind aufgewacht und die Wände ihrer Wohnung sind aufgeplatzt. Über eine Minute hat es gedauert. Sie haben alle gebetet. Wie sie nach draußen gekommen sind, daran können sie sich gar nicht mehr erinnern. Sie haben so ein Glück gehabt. Alles ist total kaputt. Es gibt nur teilweise Strom, kein Benzin und kein Diesel. Jetzt kommt noch ein Hochwasser dazu. Wenn der Staat es zulässt, würden wir unsere Familie natürlich zu uns holen. Freunde von uns haben sogar 21 Familienmitglieder verloren.“

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