Treffen der vermeintlichen Justizopfer Zu Gast in Bayreuth: Gustl Mollath trifft Ulvi Kulac

Von Tobias Köpplinger

Am Ende reichte es noch für eine Umarmung und ein paar Sätze: Gustl Mollath traf sich am Donnerstag mit Ulvi Kulac in Bayreuth. Mollath kam zu spät, Kulac musste zurück in die Geschlossene Abteilung des Bezirkskrankenhauses. Viel zu besprechen hatten sie nicht, trotzdem bejubelten die Unterstützer das Treffen der beiden.

 
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Als Gustl Mollath kommt, muss Ulvi Kulac schon wieder gehen. Die Zeit reicht gerade noch für eine Umarmung, ein paar Sätze, eine Aufmunterung. Eigentlich hätten die beiden zwei Stunden miteinander gehabt. So hatte es sich das der Unterstützerkreis Ulvi gedacht. Die beiden zusammenführen. Der Schulterschluss der angeblichen bayerischen Justizopfer. So war das angekündigt. Eine Podiumsdiskussion im Saal der Becher-Bräu in Bayreuth am Abend sollte sich anfügen. Ein Treffen zwischen Gustl Mollath und Ulvi Kulac am Nachmittag. Für die Medien. Für die Öffentlichkeit.

Das Problem: Mollath spielte nicht mit. Er wollte laufen. Vom Bahnhof zum Becher-Bräu. Das sind knapp zweieinhalb Kilometer, das kann man in einer halben Stunde schaffen. Gustl Mollath braucht eineinhalb. Also wartet Ulvi Kulac. Er trinkt eine große Spezi, lächelt, unterhält sich mit Journalisten und Menschen, die sich als Freunde vorstellen, oder Unterstützer, oder Leidensgefährten. Ulvi Kulac ist seit 2001 in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses untergebracht. Er hat sich an mehreren Kindern über Jahre mehrfach sexuell vergangenen. Außerdem steht er im Verdacht, die seit 2001 verschwundene Peggy aus Lichtenberg umgebracht zu haben, um zu verdecken, dass er sie Tage vorher missbraucht hatte.

Am Donnerstagnachmittag steht er da, auf dem Gehsteig vor dem Becher-Bräu. Kariertes Hemd, beige Jacke, eine Kette aus Muscheln. Im Minutentakt kommt jemand, drückt ihm die Hand. Sie duzen ihn, er lächelt, spricht kaum. Das überlässt er Gudrun Rödel, seiner Betreuerin. Die hat ihn aus dem Bezirkskrankenhaus abgeholt zum Ausgang. „Stimmt’s Ulvi, du freust dich, dass du heute rauskannst“, sagt Gudrun Rödel. „Ja, das ist toll“, sagt Ulvi Kulac. Er spricht das T wie ein D, lacht wieder.

Eine Frau kommt jetzt auf ihn zu, überreicht eine kleine Schachtel. Darin weiße Steine, spitz, Ulvi Kulac zeigt die Schachtel in die Kameras. Elfenbein, sagt die Frau. Jemand fragt, was in der Schachtel ist. Ulvi Kulac überlegt, lächelt, dann antwortet Gudrun Rödel: „Jetzt hast du wieder nicht zugehört, Ulvi.“ Sie spricht mit ihm, wie Großmütter mit kleinen Kindern sprechen. Ulvi Kulac lacht, sagt Elfenbein.

Und dann kommt Gustl Mollath. Er geht zu Fuß, die Jacke über dem Arm, in der Hand einen blauen kleinen Koffer. Mollath stoppt neben Kulac. Bayreuths berühmtester Ex-Psychiatrie-Insasse neben Bayreuths berühmtesten Psychiatrie-Patienten. Mollath legt den Arm um Kulac. Kameras klicken. „Und, was machst du so?“, fragt Kulac. „Ich besuch' jetzt gerade den Ulvi und frag' ihn, wie es ihm geht“, antwortet Mollath. Ulvi Kulac nickt. Gustl Mollath lächelt. Mollath kleben die Haare im Gesicht, er ist im Stechschritt gelaufen. Mollath fragt, wo sie sich kennengelernt haben. Kulac sagt: „Gartengang.“ Mollath sagt „Nein“, zählt auf: 2006, U-Haftbedingungen, erst Station FP 6, dann FP 3. „Und da stand der Ulvi mit aufgerissenen Augen. Weil ich der einzige war, mit Hand- und Fußfesseln.“

Es geht jetzt um Gustl Mollath. Ein junger Mann fragt ihn, ob er ihm einen Anwalt empfehlen könne. Er sei in der Psychiatrie gewesen. „Immer höflich sein“, rät Mollath. Er schüttelt jetzt Hände auf dem Weg in den Saal. Menschen klopfen ihm auf die Schulter, oben klatschen sie, als er später auf dem Podium sitzt. Jedes seiner Worte wird beklatscht. Etwa 200 Menschen sind gekommen. Gustl Mollath lächelt. Bayreuth ist sein Heimspiel.

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