Der Dämpfer kommt - und die Reaktion: Ich mach's trotzdem
Obwohl der erste Dämpfer nicht lange auf sich warten lässt: „Die Ziele sind in den Himmel gewachsen in den folgenden zwei Jahren. Dann kam die Platte, von der nur ein paar tausend Stück verkauft wurden, was in damaligen Dimensionen schlicht zu wenig war. Die Plattenfirma wollte nur zu für uns unmöglichen Bedingungen weitermachen und gab uns schließlich auf.“ Wilhelm klappt das Visier runter, lässt sich nicht entmutigen. „Oli-Kahn-Mentalität: Und wenn die zehn anderen krank sind, dann mach ich es halt alleine“, sagt er. „Mir ging es nie um Berühmtheit oder sonst was. Sondern darum, Musik machen zu können.“
Mit Jopi Heesters auf der Bühne
Musik, die der studierte Schauspieler und Sänger immer parallel zum Theater macht, „da gab und gibt es für mich auch heute keine Trennung. Weil ich beides mache, um dem Publikum eine gute Zeit zu bescheren. Wenn ich das nicht wollte, könnte ich gleich daheim bleiben. Außerdem liebe ich das Adrenalin, das kommt, wenn ich auf der Bühne stehe“. Wilhelm lernt am Theater Größen wie Jopi Heesters oder Blacky Fuchsberger kennen. Mit Heesters steht er bei dessen letzten öffentlichen Auftritt auf der Bühne.
Musikalisch eine Zeit lang hinter den Kulissen
Musikalisch arbeitet er hinter den Kulissen, über Jahre als Studiomusiker bei Curt Cress, einem der besten Schlagzeuger der Welt, in dessen Münchner Pilotstudio. Hier knüpft er auch erste Kontakte zu seinen heutigen Bandkollegen. Die Hälfte der Woche ist er in München, die andere Hälfte in Hamburg, wo er bei Christian Radtke unter Vertrag war, dem Manager vieler namhafter Künstler und Entdecker von Senta-Sofia Delliponti, die gerade mit ihrem Erfolgsprojekt Oonagh auf der Seebühne spielte.
Kinder-CDs und Kinderfernsehen
„Parallel habe ich mich entschieden, die Kinder-CDs zu machen. Neun Monate war ich mit der Gitarre in rund 1000 Kindertagesstätten und Kinderkrankenhäusern unterwegs, um rauszufinden, wie Kinder wirklich drauf sind. Ich war Anfang 20 und wollte mir das nicht von sogenannten Experten sagen lassen, wie Kinder ticken, sondern es selber erfahren.“ Drei CDs hatte er sich vorgenommen, drei sind es geworden. Tim, sein zweiter Vorname, ist inzwischen eine Marke, mit der er auch Kinderfernsehen machte. Mit der gleichen Ernsthaftigkeit, wie er Musik macht, wie er Theater spielt. Und mit der spontanen, ehrlichen Rückmeldung im Gepäck, die nur Kinder geben können. „Die verstellen sich nicht.“
Der Einstieg bei der Freiheit: Anfangs riskante Entscheidung
„Auf zwei der drei CDs haben Töchter meiner heutigen Bandkollegen mitgesungen. Auch so ein Bezug zu heute“, sagt Tim Wilhelm. Der aktuell wird, als die Münchener Freiheit 2011 ohne den Frontmann dasteht. Man kennt sich. Die Band weiß um Wilhelms Qualitäten „als Rampensau, das war ich schon immer“. Die Entscheidung, bei der Münchener Freiheit einzusteigen, sei natürlich riskant gewesen. „Für mich war die Fallhöhe unheimlich groß. Ich musste alles cutten. Hätte ich Familie gehabt, wäre das wohl unmöglich gewesen.“ Wäre er nicht angekommen bei Band und Fans, Wilhelm wäre verbrannt gewesen.
"Ein Flop fühlt sich sicher anders an."
Jetzt, im fünften Jahr mit der Freiheit, sagt er: „Ein Flop fühlt sich sicher anders an, da wär’s längst vorbei.“ Die Band hat sich mit seinem Einstieg weiter entwickelt. Raus aus der Schlagerecke, „in die die Band gerutscht war, obwohl wir eigentlich eine Pop-Rock-Band sind. Heute spielen wir auch auf Rockfestivals mit Kollegen wie Europe, Nena oder sogar Def Leppard.“ Fans von früher sind wieder da, andere kommen auch nicht mehr. Dafür kommen immer mehr neue dazu. Frischer Wind für eine Band, die national und international in den vergangenen Jahrzehnten größte Erfolge hatte und sich nicht nur mit dem Doppelalbum „Mehr“ und der aktuellen Single „Schwerelos“ zurückgemeldet hat. Nicht zuletzt mit Hunderten Konzerten.
Überfällig, dass sie mal da sind
Auf das Konzert auf der Seebühne am Samstag, 27. August, um 16 Uhr freut sich nicht nur Tim Wilhelm, weil er endlich einmal wieder in der Stadt spielt, wo seine Wurzeln sind. „Die Seebühne, unter der man sich natürlich etwas ganz anderes vorstellt, wenn man Bregenz kennt, ist klasse. Oonagh, die vor kurzem hier war, hat mir erzählt, wie toll es hier war. Es ist längst überfällig, dass wir mal hier sind.“ Zum Heimspiel. Für die Rampensau.
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