Studie beweist, dass weniger passiert, wenn kranke Straftäter weiter betreut werden Psychische Ambulanz verhindert Rückfälle

Von Susanne Will
Dr. Klaus Leipziger, Chefarzt der Forensik am BKH Bayreuth. Foto: Bayerl Foto: red

Sexualstraftäter, Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, Süchtige: Oft landen die, wenn sie etwas verbrochen haben nicht im Gefängnis. Sie werden in den Maßregelvollzug, in die forensische Psychiatrie gebracht. Doch die ist keine Sackgasse. Nach verbüßter Strafe werden viele in der ambulanten Nachsorge weiter behandelt. Eine Studie zeigt nun, dass diese Behandlung die Rückfallquote um bis zu 18 Prozent senkt. Dr. Klaus Leipziger Chefarzt der Bayreuther Psychiatrie, kann das nur bestätigen. Seit 2002 gibt es in Bayreuth eine forensische Ambulanz.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die psychisch kranken Straftäter werden vom Gericht entweder nach Paragraf 63 (vermindert zurechnungsfähig) oder 64 (voll schuldfähig, aber süchtig) eingewiesen. „Zunächst erhalten die Patienten nach der Diagnostik und Therapie ein auf sie zugeschnittenes Behandlungsprogramm“, erläutert Leipziger. Das bezieht sich auf die Behandlung der Psyche oder eben der Sucht. „Aber wir arbeiten auch an den individuellen Ursachen für die Straffälligkeit des einzelnen Patienten und versuchen herauszubekommen, welche allgemeinen und speziellen Faktoren einen Rückfall begünstigen könnten.“

Zum Abschluss der Therapie werden die Patienten, „wenn es aus Sicherheitsgründen vertretbar ist“, wieder ans Leben außerhalb der Forensik gewöhnt. Leipziger: „Durch Urlaub werden die Patienten erprobt.“ Die Patienten dürfen auch eine Arbeit annehmen und bereits draußen wohnen. „Wenn alles rund läuft, sie stabil sind und die Betroffenen in eine Nachsorge einwilligen, wird in der Regel nach externen Gutachten die Entlassung zur Bewährung angeordnet.“

Nun tritt die sogenannte Führungsaufsicht ein, die Patienten werden einem Bewährungshelfer unterstellt. Bei dem müssen sie sich regelmäßig melden, bei Ex-Süchtigen wird die Abstinenz überprüft.

Derzeit befinden sich knapp 170 Patienten in der ambulanten Nachsorge. „Wir sind grundsätzlich verpflichtet, uns um die Menschen zu kümmern, wenn ein Gericht die Nachsorge anordnet.“ Das beinhaltet oft, dass Leipziger mit seinem Personal jonglieren muss. Leipziger: „Es ist die Kunst, die ich hier als Chef bewerkstelligen muss. Denn die Arbeiten in der Nachsorge kann kein Anfänger übernehmen. So muss ich aus meinem Mitarbeiterpool geeignete Menschen finden und motivieren, dass sie in die Ambulanz gehen.“

Die Patienten wohnen in Lichtenfels, Bamberg, Forchheim, Hof, sie müssen besucht werden, dazu braucht es auch einen Fuhrpark. Dazu stehen die Experten aus der Psychiatrie in Kontakt mit den Angehörigen und Arbeitgebern der Betroffenen. Unangekündigt werden Drogen- und Alkoholkontrollen gemacht.

Die Mitarbeiter kennen die Patienten genau. Wenn sich ein Patient verändert, „können wir geeignete Strategien entwickeln und Konsequenzen ziehen“, so Leipziger. „Unsere Rückfallquote liegt bei zehn Prozent.“ Er ist sich bewusst, dass bei jedem Fall von Rückfälligkeit diese Zahl in den Hintergrund tritt. Dass die Kritiker nur den rückfälligen Vergewaltiger sehen und nicht den Erfolg der anderen 90 Prozent. Leipziger: „Unter den zehn Prozent sind alle Betroffenen – eben auch jene, die ohne Fahrkarte im Zug erwischt werden. Häufig sind es leichtere Delikte, und glücklicherweise haben wir seit vielen Jahren keinen gravierenden Fall zu verzeichnen.“

Ohne ambulante Nachsorge, das hat die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration in Auftrag gegebene Studie ergeben, liegt die Rückfallquote im Durchschnitt bei 20 Prozent. Geleitet hat die Studie Professor Michael Osterheider, Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg.

Bilder