Spurensuche an 120 Werken: Im Kunstmuseum Bayreuth kann man eine Annäherung an einen vergessenen Künstler wagen Best: Ein "Jungstar" zum Wiederentdecken

Von Michael Weiser

Er war Schüler bei Paul Klee, seine Werke wurden neben Bildern von Matisse, Picasso, Beckmann gezeigt. Bis vor kurzem war Georg Jakob Best vergessen. Jetzt lädt das Kunstmuseum zur Wiederentdeckung ein. War er der "Jungstar", als den ihn ein Regensburger Fachmann sieht?

 
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In einer Bilderausstellung stehen üblicherweise Bilder im Mittelpunkt. Und das Kunstmuseum zeigt seit gestern viele Bilder Georg Jakob Bests: Rund 120 Collagen, Gemälde, Zeichnungen, Frottagen und Radierungen. Es ist eine Fülle, die scheinbar ein Leben beschreibt: vom ersten Selbstportrait Bests aus dem Jahre 1917 – der Vierzehnjährige hat sich befremdlicherweise mit einem Stahlhelm auf dem Kopf gezeichnet – bis zu einer Filzstiftzeichnung aus dem Jahre 1997, sechs Jahre vor seinem Tod.

Viele Bilder, wie gesagt, von Vielfalt der Motive und Stile, so verwirrend, dass man mehr als einmal durch die Raumfluchten im zweiten Stock des Museums schlendern wird, bis man für sich ein Urteil fällen wird. Und doch kann es sein, dass diesmal die Kunst hinter die Person des Künstlers zurücktritt. Man kann auch sagen, die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum sei in Wirklichkeit eher eine Vergewisserung. Der Versuch einer Standortbestimmung: Wer war Best?

Mittlerweile nimmt ein opulenter Band in mehreren Aufsätzen Leben und Werk des Künstlers unter die Lupe. Der Band ist zur Ausstellung erschienen, die Erkenntnisse darin sind noch frisch. Bis sie Wellen schlagen, diskutiert werden, mag noch einige Zeit vergehen – wenn die Kunstwelt überhaupt Notiz von Best nehmen wird. Die Eröffnung gestern ist erst der Beginn einer Wiederentdeckung.

Der Grund dafür: Best war dem Kunstmarkt und dem Urteil der Öffentlichkeit so lange entzogen, dass sich Staub auf seine Werke gelegt hat. Wenn dieser Staub verschwände, die Öffentlichkeit sich Bests Bilder aneignete – es wäre ein kleiner später Sieg über die Barbarei. Denn die Nazis waren es, die Bests Karriere jäh beendeten. Die Nazi-Kulturwächter ließen seine Bilder aus Sammlungen entfernen und stellten sie in Schreckenskammern aus, so wie die Werke anderer „Entarteter“ und „Kulturbolschewisten“.

Best geriet „früh unter die Räder der nationalsozialistischen Kulturpolitik“. So sagte es gestern bei der Eröffnung im Kunstmuseum Christoph Wagner, Professor an der Uni Regensburg und Herausgeber des besagten Buches über Best. Die Nazis, so hat es den Anschein, begruben den Maler in Best bei lebendigem Leibe: „Aufstrebender Jungstar“ vor 1933, sogar Schüler beim heute noch allseits verehrten Paul Klee, konnte Georg Jakob Best nach dem Krieg nicht mehr an seine Glanzzeit anknüpfen. Und so kann man die erste umfangreiche Ausstellung als Versuch einer Rehabilitierung Bests sehen.

Immerhin ist dem Kunstmuseum schon jetzt etwas gelungen:  Im Sommer vergangenen Jahres, als die Best-Tochter Viola Schweinfurter mit ihrem Projekt einer Stiftung an Bayreuth herantrat, war im Stadtrat durchaus umstritten, ob man mit der Stiftung zusammenarbeiten solle: Über Best war eben kaum etwas in Erfahrung zu bringen. Das hat sich mittlerweile geändert. Museumsleiterin Marina von Assel leistete sanfte Überzeugungsarbeit, machte neugierig auf den Maler, auch mit dem Hinweis auf die vielen Fäden, die man mit Best in die Hand bekommt – über die Kontakte, die der gebürtige Kaiserslauterner zur Kunstszene pflegte.

Kontakte, die man seinen Bildern anzusehen glaubt. In "Die Badenden" bemerkt man zum Beispiel  deutlich den Einfluss von Max Beckmann, den Best verehrte. Manche Bilder lassen Nähe zu Matisse erahnen, andere erinnern an Barlach. Und Paul Klee ist ganz erkennbar der große Engel, der über Bests Schaffen waltete.

Mittlerweile sind viele Fakten und Dokumente zu Best aufbereitet und veröffentlicht worden. Auch im Internet wird man nunmehr fündig. Im Wikipedia-Eintrag zu Best findet sich auch ein Hinweis auf eine Ausstellung im Institute of Art in Chicago. Im Katalog der Ausstellung wird „Jakob Best“ neben Künstlern wie Max Beckmann, Pablo Picasso und Henri Matisse genannt. Ob Georg Jakob Best seinen Platz auch heute noch in der Nachbarschaft in der Region jener Großkünstler hat? Mit der Ausstellung kann die Diskussion als eröffnet gelten.

Bayreuth zeigte sich zum Auftakt neugierig. Den gestrigen Besucherzahlen nach zu urteilen, könnte sich diese Diskussion lebhaft gestalten.

INFO: „Georg Jakob Best. Bewundert – verfemt – vergessen?“, Ausstellung mit Werken aus der Stiftung Viola Schweinfurter und dem Nachlass des Künstlers. Bis 25. Mai täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr. Sonderveranstaltung zusammen mit „Zeit für Neue Musik“ am heutigen Montag: Um 19.30 Uhr spielt nach einer Kurzführung der Hofer Akkordeonist Harald Oeler.