Spezialist aus Weißenstadt erklärt: Was bei einem Blackout wirklich hilft

Michael Volker Jahreis (14)
Wer wenigstens Kerzen und Zündhölzer daheim hat, sitzt bei einem längeren Stromausfall zumindest nicht im Dunklen. Foto: dpa/Roberto Almeida Aveledo

Wie wahrscheinlich ist ein großflächiger Stromausfall? Können sich Bürger und Kommunen wappnen­? Diese Fragen beantwortet in Weißenstadt Michael Jahreis, stellvertretender Leiter der BRK-Bereitschaft.

 
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Strom kommt aus der Steckdose – und wenn nicht? Über das Thema „Blackout“ hat Michael Jahreis in Weißenstadt gesprochen. „Strom ist für unsere moderne Gesellschaft die Lebensader und ohne Strom geht praktisch nichts. Kein Telefon, kein Internet, kein Handy und keine Heizung“, machte der Referent klar, der nicht nur in Hilfs- und Rettungsdiensten wie dem Roten Kreuz aktiv ist, sondern sich international seit vielen Jahren mit den Folgen von Katastrophen beschäftigt und der Frage nachgeht, wie man diese abmildern kann.

Strom großflächig weg

Neben einem Krieg wäre ein Blackout wohl eine der größten Herausforderungen für den Staat. Denn ein Blackout sei etwas völlig anderes als ein regionaler Stromausfall, erklärte Jahreis, in Weißenstadt stellvertretender Leiter der BRK-Bereitschaft. Bei einem Blackout wäre der Strom großflächig weg – vielleicht sogar europaweit und für mehrere Tage oder Wochen. So etwas führt zwangsläufig in eine Katastrophe – das ist wohl jedem klar. Doch kann das tatsächlich passieren? „Ja“ laute das Ergebnis einer Studie, 2011 von der Bundesregierung in Auftrag gegeben – und auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe halte ein solches Szenario jederzeit es für wahrscheinlich, sagte Jahreis.

Panik hilft nicht

Doch in Panik müsse deswegen keiner verfallen: „Wenn Bürger und Gemeinden sich ein klein wenig vorbereiten, dann gewinnt man im Ernstfall Zeit, um andere Probleme zu lösen“, erklärte der Referent. Dies gelte letztlich auch für andere Katastrophen.

Sein Resümee: Weißenstadt sei an vielen Stellen schon gut aufgestellt und könne den großen Herausforderungen bei Katastrophen begegnen. Die Stadt will zudem Pläne erarbeiten, um im Ernstfall Zeit zu gewinnen und für Bürger Anlaufstellen für Informationen und Versorgungsgüter einrichten zu können. Das gKU verbessere seine schon gute Struktur weiter. Auch die Bürger bekamen Tipps zur Vorbereitung.

Wo wertvolle Zeit verloren geht

Jahreis hat in seiner Heimatstadt recherchiert und zeigt, wo wertvolle Zeit verloren ginge, wenn man vorher untätig blieb. Zugleich stellte er bei seinem Vortrag Lösungsansätze mit konkreten Vorschläge vor und erklärte, wo und wie sinnvolle Vorbereitung nötig sei.

Für besonders notwendig hielt Jahreis Kommunikationspläne, die ohne Telefon und Handy funktionierten. Er stellte ein Notfall-Bürgerinformationssystem vor, dessen Kosten für Nutzer im unteren zweistelligen Bereich liegen. Der Referent gab aber auch Tipps zum Einspeisen von Notstromaggregaten. Zudem ging er auf die Wärme- und Notstromversorgung der Bürger ein.

Notfallpläne auf Kreisebene

Dabei betont Jahreis immer wieder, dass es natürlich auch auf Kreisebene gute Notfallpläne gebe und diese mit den Hilfs- und Rettungsdiensten auch gut umsetzbar seien. Doch in einem solchen Groß-Katastrophen-Szenario verschöben sich die Prioritäten schnell. „Es wird länger dauern als gewünscht, Hilfe von außen zu bekommen.“ Einzelne Bürger, die für ein- bis zwei Wochen selbst vorsorgten, würden sich und den Katastrophenschützern helfen. „Hilfe kommt, aber eben nicht immer sofort“, stellte Jahreis klar.

Im Beispielszenario zeigte sich schnell, wo Defizite, aber auch positive Maßnahmen vorhanden sind. So ist das Weißenstädter Pflegeheim erstaunlich gut aufgestellt. Das gKU könnte die Wasserversorgung und auch die Entsorgung im Ort und den meisten umliegenden Dörfern schnell sicherstellen, ebenso die Nahwärme.

Supermarkt müsste schließen

Anders sehe es bei weiteren örtlichen Versorgern aus, erklärte Jahreis. Edeka müsste umgehend schließen, da ohne Strom kein Verkauf mehr möglich ist, und die Tankstelle könnte keinen Treibstoff mehr zu Verfügung stellen. Die meisten Zuhörer bei dem Vortrag gaben ebenfalls zu, nicht gut genug vorbereitet zu sein.

Auch Bürgermeister Frank Dreyer musste gestehen, sich über Anlaufstellen für Bürger, Einspeisepunkte, Kommunikationspläne und Ausgabestellen für Bedarfsgüter bisher wenig Gedanken gemacht zu haben. Jahreis machte dem Stadtoberhaupt keinen Vorwurf: In ganz Deutschland habe man sich bisher kaum mit solchen Themen beschäftigt. Vor allem nach dem kalten Krieg wog man sich in vermeintlicher Sicherheit. Katastrophen wie im Ahrtal und die neue politische Weltlage änderten dies allerdings. „Wir werden die wirklich durchdachten Anregungen aufgreifen und bei einigen Punkten zeitnah reagieren“, versprach der Weißenstädter Bürgermeister und bedankte sich für die Denkanstöße.

Punktgenau nachbessern

Trotz der strikten Regierungsvorgaben zur Sicherung der kritischen Infrastruktur will auch Stefan Webhofer punktgenau für die örtlichen Gegebenheiten nachbessern. „Das kann im Ernstfall hilfreich sein“, betont der gKU Vorsitzende.

„Wenn alle Stellen ein wenig mehr planen und vorher miteinander sprechen, dann habe ich mein Ziel schon erreicht“, schloss Jahreis. „Das fängt beim Bürger an und hört bei den leitenden Stellen auf. Nur zusammen bewältigen wir Herausforderungen, ob groß oder klein. Und wenn nix passiert, umso besser.“ red

Referent bietet Hilfe an

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