Sondersitzung Fichtelberg und der Kampf gegen die Altlasten

Manfred Scherer
Strahlendes Himmelblau im Märzwinter am Fichtelsee. Eine ebenso helle Zukunft erhofft sich die Gemeinde Fichtelberg mit ihrem Plan zur Haushaltskonsolidierung. Foto: Willi Hornung

In einer Sondersitzung am Donnerstag hat der Fichtelberger Gemeinderat Beschlüsse gefasst, die dem Luftkurort für die kommenden Jahre finanziell Luft verschaffen sollen. Die Gemeinde will im Jahr 2025 wieder auf eigenen Füßen stehen können, also weg vom zurzeit überlebensnotwendigen Status einer Stabilisierungsgemeinde. Schon bald sind wieder Investitionen möglich.

 
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Fichtelberg - Ein neuer Bürgermeister, viele neu gewählte Gemeinderäte – die Fichtelberger Kommunalpolitik will in den kommenden vier Jahren zurück zur Normalität.

Normalität, das heißt im Fall des etwa 2000 Einwohner zählenden Luftkurorts: Wieder auf eigenen Füßen stehen. Bekanntlich ist dem zurzeit nicht so, die Gemeinde steht unter der Kuratel der Rechtsaufsicht und der Regierung.

Der Hintergrund: Im vergangenen Jahr hatte Fichtelberg aufgrund der schlechten Finanzsituation sogenannte Stabilisierungshilfe beantragt – und eine Zusage bekommen. Der Zuwendungsbescheid über eine halbe Million Euro – letztlich Geld, das Stabilisierungsgemeinden behalten dürfen – ist an strenge Bedingungen geknüpft. Gemeinden, die in den Genuss der Hilfe kommen, müssen im Gegenzug, bildlich gesprochen, die Hosen herunter lassen.

In der Sitzung des Gemeinderats ging es denn auch um die Themen Abbau von Altlasten, Sparen und sinnvolles Investieren. Ende 2020 hatte Fichtelberg noch 1, 9 Millionen Schulden.

Zwei der Altlasten betreffen GmbHs: Die eine ist die FFE, die Fichtelberger Freizeit- und Erholungs GmbH, seinerzeit gegründet für ein nie realisiertes Knabberfisch-Projekt, das sogenannte Kangal-Zentrum. Die Fischlein tauchten niemals auf, Einnahmen gab es nicht, dafür kostete die FFE stetig Geld, unter anderem wird ein 350.000-Euro-Darlehen der FFE seit Jahren abbezahlt.

Mit der Liquidierung der FFE werden die Schulden in den Gemeindehaushalt überführt, wegfallen sollen einige Tausend Euro an Kosten für Hin- und Herbuchungen, die bislang notwendig waren. Bürgermeister Sebastian Voit und Kämmerer Thomas Fischer äußerten sich zuversichtlich, dass die Gemeinde künftig von einem günstigeren Zinssatz bei der Schuldentilgung zusätzlich sparen könne.

Die zweite GmbH, die Fichtelberg drückt, ist die AWF, die Abwasserwirtschaft Fichtelberg. Seinerzeit gegründet in der Annahme, die Privatisierung von Kanal und Kläranlage sei die Zukunft. Mit im Boot bei der AWF ist ein Privatunternehmen, die Südwasser GmbH, die als Mitgesellschafter 25 Prozent Anteile an der AWF besitzt. Die für die Stabilisierung geforderte Umwandlung der AWF in ein Kommunalunternehmen der Gemeinde hat Bürgermeister Voit bereits in einer dringlichen Anordnung auf den Weg gebracht – nun musste der Gemeinderat dies nachträglich billigen und tat das, wie auch im Fall der FFE-Liquidierung, einstimmig.

Der Beschluss hat zur Folge, dass Fichtelberg die Südwasser auszahlen muss. Seit 2001 kommen zur Einlagesumme der Südwasser in Höhe von 25 000 Euro Zinsen hinzu, sodass Fichtelberg rund 55.000 Euro „Ablöse“ an die Südwasser zahlen muss – laut Bürgermeister Voit könne die Zahlung aber auf fünf Jahre gestreckt werden. Damit erkauft sich die Gemeinde den alleinigen Zugriff auf Kanal und Kläranlage.

Laut Kämmerer Thomas Förster steht die Gründung des Kommunalunternehmens mit Vorstand und Aufsichtsrat an. In der Sitzung wurde auch bekannt, wie hoch die Schulden der AWF sind: Rund 3,5 Millionen Euro. Das heißt für die Zukunft: Die Bürger müssen sich wohl auf höhere Wassergebühren einstellen, denn: Kanal und Abwasser sind laut bayerischem Kommunalrecht kostendeckend zu führen.

Das laut Bürgermeister Voit dritte wichtige Signal an Regierung und Rechtsaufsicht ist das vom Gemeinderat ebenfalls einstimmig befürwortete Haushaltskonsolidierungskonzept. Dies hatte der Gemeinderat schon im Jahr 2020 grundsätzlich beschlossen, nun stellten Bürgermeister und Kämmerer die Fortschreibung und Detailplanungen im Gremium vor.

Der Plan sieht für das Jahr 2021 Investitionen in Höhe von 1,8 Millionen Euro vor. Wichtigstes Vorhaben ist der Vollausbau der maroden Ortsverbindungsstraße von Fichtelberg nach Neubau. Für die geschätzten Gesamtkosten von 1,8 Millionen Euro kann die Gemeinde 90 Prozent Förderung bekommen. Im April 2022 soll laut Bürgermeister Voit der Baubeginn sein.

Ebenso dringend ist die Sanierung der zwei sogenannten Bogenbrücken am Fichtelsee, die nicht mehr sicher sind. Die Sanierung zahl zur Hälfte der Naturpark, der Landkreis beteiligt sich zu 25 Prozent, den Rest muss die Gemeinde aufbringen.

Rund 100.000 Euro wendet Fichtelberg für den Breitbandausbau auf. Der Bürgermeister berichtete, die Telekom wolle eine Million in den Anschluss von zunächst 125 Haushalten investieren – und zwar in jene, die zurzeit noch die langsamsten Anschlüsse haben. das Hotel am Fichtelsee sei darunter, die Bergwacht oder auch die Bleamlalm bekämen Glasfaser.

Notwendig ist auch diese Investition: Rund 400.000 Euro wird ein Löschgruppenfahrzeug HLF 10 für die Fichtelberger Feuerwehr kosten – das alte Fahrzeug ist 29 Jahre alt. Laut Voit wird die Investition auf zwei Jahre geteilt, zunächst wird der Laster gekauft, dann der Aufbau.

In dem Konsolidierungsplan stehen auch detaillierte Sparmaßnahmen und Einnahmevorhaben. Gespart wird auch an Kleinigkeiten, wie zum Beispiel an Fachliteratur, die in Papierform per Abonnement kam. Oder an Kosten für geführte Wanderungen mit Livemusik.

Mehreinnahmen kommen unter anderem auf der Erhöhung des Bezugspreises für das Amtsblatt, er steigt von 1,50 auf zwei Euro. Oder aus der Erhöhung der Kurtaxe von einem Euro auf einsfünfzig pro Tag. Oder aus einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes von 330 auf 350 von Hundert. Oder aus einer Erhöhung der Hundesteuer von 26 auf 60 Euro.

Kämmerer Förster sagte: „Das hätte schon vor Jahren erhöht werden müssen.“ Bürgermeister Voit und Gemeinderat Manfred Fischer betonten, man habe sich bei der Hundesteuer bewusst am bayerischen Landesdurchschnitt orientiert.

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