Sonderausstellung 30 Symbole für Geschichte(n)

Das Gerätemuseum Arzberg-Bergnersreuth feiert 30. Geburtstag. Museumsleiterin Dr. Sabine Zehentmeier-Lang hat die Zahl aufgegriffen und bei der Konzeption einer Ausstellung damit gespielt. Das Ergebnis ist eine faszinierende Zeitreise.

 
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Mit „Mit 30 Sachen durchs Fichtelgebirge – eine Reise durch die Region“ feiert das Gerätemuseum Arzberg-Bergnersreuth in einer neuen Sonderausstellung sein 30-jähriges Bestehen. Anhand von liebevoll zusammengestellten Exponaten dokumentiert Museumsleiterin Dr. Sabine Zehentmeier-Lang damit die Geschichte der gesamten Region Fichtelgebirge.

Sie ist alles andere als verstaubt oder trocken, die Schau, die da zwei ehemalige Stallräume im Museum belegt. Nein: Bunt, auf runden Tafeln informativ und manchmal auch ziemlich überraschend erzählen die 30 Objekte, hinter Plexiglas geschützt, von Highlights der Historie. So erfährt man unter anderem, dass der Name Fichtelgebirge nicht von der Baumart Fichten kommt, sondern auf eine der vielen Bezeichnungen für die Landschaft zurückgeht, nämlich: Vythelberg.

Bronze aus Wölsau

Wer mithilfe der Ausstellung ganz weit zurückgeht in der (Erd-)Geschichte, landet in der Steinzeit und erfährt von vorgeschichtlichem Jaspis-Abbau bei Leupoldsdorf und Funden in der Nähe von Hendelhammer. Im Jahr 1860 wurden in der Gerberhau bei Wölsau mehrere Bronzegegenstände gefunden, die Archäologen auf um 800 vor Christus datieren - der erste frühgeschichtliche Fund im Fichtelgebirge; das Museum zeigt daraus ein Schaftlappenbronzebeil.

War die Besiedlung des Gebiets im 6., 7. und 9. Jahrhundert noch spärlich und punktuell, so erschloss das Adelsgeschlecht der Diepoldinger im 11. Jahrhundert die Gegend, sicherte sie durch Burgen und begann, Bodenschätze abzubauen. Eine Miniaturmalerei auf einer Blechdose, die das Hammerschloss Leupoldsdorf zeigt, erinnert daran, dass es den Leupoldsdorfer Hammer seit mindestens 1393 gab.

Steinreiche Region

An die Tatsache, dass es sich beim Fichtelgebirge um eine steinreiche Gegend handelt – gefördert wurden in der „Schatzregion“ Proterobas, Eisenerz, Gold, Silber, Zinn, Quarze und vieles mehr –, erinnert in der Ausstellung eine bunte Tafel mit dem Spruch „Wirft ein Bauer im Fichtelgebirge einen Stein nach einer Kuh ist der Stein wertvoller als die Kuh.“

Zu den bedeutenden Schätzen der Region gehörten auch die Grundstoffe für Porzellan, das ab 1822 in Hohenberg und später in zahlreichen anderen Orten gefertigt wurde, aber auch das Heilwasser, das 1737 in Sichersreuth entdeckt wurde. Markgraf Christian Alexander errichtete 1779 dann ein Badehaus, und das „Alexandersbad“ war geboren. Der 1888 gegründete Fichtelgebirgsverein sorgte und sorgt bis heute dafür, dass die immer mehr werdenden Urlauber in der Erholungsregion Unterkunftshäuser, befestigte Wege und ausgewiesene Wanderrouten vorfanden. In der Ausstellung symbolisiert ein Parfümflakon den Verein, der zu dessen Haupttagung 1935 gefertigt worden war. Dass das Fichtelgebirge im 19. Jahrhundert immer mehr ins Interessen von Wanderern und Touristen geriet, bezeugt auch der „Historisch-topographische Reiseführer im Fichtelgebirge“ aus dem Jahr 1858.

Brot, Wurst und Bier

Neben der herrlichen Natur waren immer auch schon Essen und Trinken ein Pfund, mit dem das Fichtelgebirge wuchern konnte. Den hohen Herrschaften, die sich Wild, Geflügel, Fisch und mehr schmecken ließen, eiferte bald auch das Bürgertum nach und ließ sich, wie die Menschen heute Brot, Wurst und Biervielfalt schmecken. Darauf weist in der Ausstellung eine 1886 vom Arzberger Porzellanfabrikanten Carl Schumann gestiftete Schützenscheibe hin mit der Aufschrift „A nüchterner Mensch hat koa Glück“.

Edel waren nicht nur zum Teil die Bodenschätze, die das Fichtelgebirge den Menschen schenkte, auch die Textilien, in die sich die Menschen der Region seit dem ausgehenden Mittelalter kleideten, war es: Man trug Seide, Brokat, Kamelhaar und ähnliches. Daran und an die verschiedenen Handwerkerzünfte, die sich um ihre Mitglieder kümmerten, erinnert ein reich verziertes Bahrtuchschild der Weberzunft von 1876.

Ein optisches, etwas gruseliges Ausstellungsstück ist ein Schweinefötus im Glas. Er steht für die einstige Landwirtschaftsschule Wunsiedel, an deren Standort sich heute das Landratsamt befindet. Ihr Gründer war Dr. Georg Heim, der 1887 nach Wunsiedel versetzt worden war. Er gründete die Fichtelgebirgs-Verkaufsgenossenschaft, die den Bauern beim Verkauf der Ernte half.

Mauerfall, Corona und das neue Selbstbewusstsein

Doch nicht nur die länger zurückliegende Vergangenheit hat Sabine Zehentmeier-Lang in ihrer Ausstellung wiedererweckt; auch die jüngsten Ereignisse, angefangen mit der deutschen Teilung in unmittelbarer Nähe – symbolisiert durch eine Mütze eines NVA-Grenzsoldaten – sind dokumentiert. Natürlich auch das Gefühl der Freiheit nach dem Mauerfall 1989 und nach der Öffnung der Grenzen zu Tschechien.

Und auch ein Thema, das alle Menschen in der Region und außerhalb in jüngster Zeit massiv beschäftigte, ist nicht ausgespart: Corona und ihre Auswirkungen auf Menschen und Gesellschaft.

Zum Abschluss schließlich geht die Museumschefin mit einem aktuellen Ausstellungsplakat noch auf ein Phänomen ein, das sich im Fichtelgebirge erst in den vergangenen Jahren entwickelt hat: Sie nennt es – wie in der eigenen Ausstellung dazu – Fichtelization. Damit greift sie den Umstand auf, dass die Region Fichtelgebirge seit einigen Jahren ein neues Selbstbewusstsein entwickelt hat, und die Menschen ihre Heimat in allen möglichen Konstellationen mit dem angehängten Wort „fichtel“ feiern: Fichtelburger, Fichtelrad, Fichteltrade und sofort.

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