Sie zocken, sammeln und mischen Youtuber: Diese Männer wollen Publikum

Von Julia Rau und Katharina Wojczenko
Stefan Rosnitschek aus Bindlach sammelt Filme, Spiele und Figuren. Auf seinem Youtube-Kanal erzählt er zum Beispiel mit Unterstützung seines gelben Freunds Bob, was er von den Neuerscheinungen im Minions-Kosmos hält. Screenshot: Katharina Wojczenko Foto: red

Wer auf Youtube nach „Bayreuth“ sucht, bekommt 205 000 Treffer. Diese vier Bayreuther liefern mit ihrem Youtube-Kanal Stoff dazu. Sie zocken, lachen sich kaputt, packen Schachteln aus oder bringen Zuschauer auf 125 Beats pro Minute.

 
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Die Zocker: GameBaz

GameBaz, das sind Daniel Baum aus Bayreuth und Toni Lindner aus Auerbach. Die beiden haben sich kennengelernt, weil sie dieselbe Exfreundin haben. Seit Juni 2015 sind sie als Let's Play-Duo GameBaz auf Youtube unterwegs. Sie zocken, verkünden Spiele-News und lachen sich schlapp. 1225 Abonnenten (Stand: 20. Mai) haben sie so geködert.

Daniel Baum (27), Verkäufer, Profilname Weil-Baum, hatte vor GameBaz schon den Kanal Weil-Baum. Er sagt über sich, den Kanal und Toni:

"Wir haben GameBaz mit sechs Leuten angefangen. Nur Toni blieb mit mir übrig. Wir machen das aus Spaß. Die meisten haben es doch als Kind gern, wenn der kleine Bruder beim Computerspielen zuschaut. Heute freue ich mich, wenn unter einem Video „cool“ in den Kommentaren steht.

Ich hab bemerkt, dass die Mädels Toni gut finden. Er ist unser kleiner Schönling. Ich bin eher so der Techniker von uns. Let's Play ist nicht Zocken, es ist mit Arbeit verbunden. Ein 15-minütiges Video zu machen dauert mit Hochladen etwa eine Stunde.

Jeder Youtuber will eine große Reichweite haben, wer was anderes sagt, der lügt. PR-Crossover ist das wichtigste, um schnell und günstig Abos zu kriegen. Wir hatten nach dreieinhalb Monaten 125 Abos, kurz darauf über 200. Wir hatten Glück, weil wir auf der Gamescom waren und dort viele Großen der Spielerszene für den Kanal interviewten. Auf diese Videos haben wir Werbung geschaltet. Einen Sponsor haben wir nicht. Wir sind nicht so geldgeil, dass wir für alles Werbung machen würden."

Bei Let's Play-Videos  filmen Menschen, die ein Videospiel spielen, ihren Bildschirm und kommentieren meist humorvoll, was sie machen.

Toni Lindner (21), Profilname Wuschel, Anlagenbediener, lacht eigentlich ununterbrochen und wurde sogar schon einmal in der Disko als „der von GameBaz“ erkannt.

"Mir fehlt das Scham-Chromosom. Ich mag Daniel, weil er ein Lauch (Jugendsprache für Schwächling, Anmerkung der Redaktion) ist. Ich habe gleich am Anfang einen Monatslohn genommen und eine Kamera und einen Rechner gekauft, um ihn zu unterstützen. Bei Chatroulette (= Zufallsgenerator, der Video-Chats verbindet) habe ich einen bekannten Youtuber erwischt, der über 9000 Abonnenten hat. Der fand mich nett und hat unseren Kanal verlinkt.

Wenn mir etwas einfällt, sehe ich es so bildlich vor mir, dass Daniel es gleich umsetzen soll. Ich habe mir unsere Rubrik „Wahrheit oder G'sicht“ ausgedacht. Dabei wird derjenige von uns mit einer Ohrfeige bestraft, der nicht gut lügt.

Das klingt vielleicht blöd, aber ich bin um jeden Moment froh, den ich nicht mit Youtube verbringe. Ich spiele sonst in meiner Freizeit Gitarre. Für mehr ist wegen des Kanals aber keine Zeit."

Der DJ: thodo LoVE

Früher war Dominik Thomas (35) jedes Wochenende auf der Piste. Mehr als ein Jahrzehnt klangen Freitag und Samstag für ihn so: Boompf-boompf-klack-klack-tsz-tsz. Die Tage, in denen er mit Platten oder CD im CityOne oder im Borracho als DextroElektro auflegte, sind lange passé. Seit sieben Jahren macht er Housemusik am Laptop.

Am liebsten mischt der Bayreuther House-Musik mit bekannten Mitsing-Liedern aus den 80ern. Fast täglich sitzt er vor dem Rechner und bastelt weiche Übergänge zwischen Liedern, die er sich vorher aus Youtube geladen hat. Eine Stunde dauert das etwa für ein 20 Minuten langes Set. Das Ergebnis ist gleichmäßig wabernde Lounge-Musik. 125 Beats pro Minute, unaufgeregt soll sie sein, bloß nicht „Ibiza-mäßig“. Hin und wieder macht er ein komplettes Lied selbst, in 40 Stunden entstehen so fünf Minuten Deep House.

Vor vier Jahren stellte er als "thodo LoVE" sein erstes Video auf Youtube. Die Hälfte seiner Lieder wird von Youtube sofort blockiert, weil sie Urheberrechte verletzen. Bis heute hat er nur 25 Abonnenten. Das erklärt er sich so: „Ich bin ein kleiner Fisch im großen Meer. Vielleicht ist Youtube nicht die richtige Plattform, auf anderen wie CS-Sound oder Soundcloud habe ich wesentlich mehr Klicks.“ Um Erfolg geht es ihm nicht. Er will einfach etwas anbieten für Fans der House-Musik.

Der Youtube-DJ, der heute kaum mehr in Clubs feiern geht, hört seine eigene Musik fast den ganzen Tag. Im Auto, zuhause und im Elektromarkt, wo er arbeitet, läuft sie in der Handyabteilung in Dauerschleife. „Meine Tochter sagt jedes Mal, wenn ich meine Musik anmache, dass sich alles gleich anhört. Sie kann damit nichts anfangen.“

Der Sammler: Vorhees82

Stefan Rosnitschek aus Bindlach sammelt Filme, Spiele und Figuren. Der 34-jährige Krankenpfleger packt auf seinem Kanal als Vorhees82 in Unboxing-Videos die Sammlereditionen aus, spricht über die Verpackung und Extras. Auf Youtube gibt es viele Menschen, die sich dabei filmen, wie sie Artikel aus Paketen oder Verpackungen holen (englisch: to unbox). Sie kommentieren, wie sich die Sachen anfühlen, riechen oder aussehen.

Täglich lädt der Bindlacher ein Video hoch. Er stellt darin auch eigene Sammlerstücke vor, verkündet Neuigkeiten und nimmt Zuschauer mit zu Veranstaltungen und Sammlern. 1600 Abonnenten schauen zu.

„Ich will den Leuten zeigen, was drin ist, und sagen, ob sich der Kauf lohnt“, sagt er. „Viele Fans finden gut, das bei mir das normale Familienleben herrscht. Nichts ist gestellt. Da läuft auch mal die Katze durchs Bild und streckt den Arsch in die Kamera.“

Sein Sammler-Wahnsinn in Zahlen:

500 Mal gibt es das seltenste Stück in Rosnitscheks Sammlung: ein Nebukadnezar-Schiff aus Matrix. „Das habe ich aus Japan, daran kommt man nur mit viel Geld. Ich habe mich nach dem Kauf sehr darüber geärgert - es ist komplett aus Plastik und nix weiter dran.“

16 Jahre sammelt Stefan schon Filme, davor waren es Fossilien, Ü-Eier-Figuren und Dinosaurier-Figuren. Seit 2000 sammelt der Bayreuther auch Figuren, Helme und Plastiken.

6 Pakete kommen in Spitzenzeiten pro Woche bei ihm an. Da viele Filme vor Weihnachten erscheinen, hat Rosnitschek im Dezember die meiste Arbeit.

2 Stunden hat er nach seinem ersten Dreh damit verbracht, das Video auf Facebook und in Foren zu verlinken und sich so bekannt zu machen.

3 Stunden dauert es durchschnittlich, ein Video zu machen.

50 Wochen könnte er ohne Unterbrechung Filme aus seiner Sammlung gucken, ohne einen doppelt zu schauen.

2 Mal im Monat bekommt er Filme und Spiele von seinem Sponsor geschickt, den er seit einem Jahr hat.

100 neue Abonnenten bekam „vorhees82“ nachdem der Youtube-Kanal von FilmWeltTV ihn als Tipp des Monats vorstellte. "Du musst an Youtuber mit mehr Abonnenten ran kommen, sonst schaffst du es nicht.“

1000 Abonnenten hatte er in weniger als einem Jahr zusammen und feierte das mit einem Gewinnspiel. „Das zieht unheimlich und man kriegt viele Abonnenten.“

71 Euro zahlte Youtube im ersten Jahr aus.

1 Eigentumswohnung könnte sich der Krankenpfleger leisten, wenn er sein Geld nicht für die Sammlung ausgegeben hätte.

Hintergrund: Wirtschaftsfaktor Youtube

Das Videoportal Youtube hat mehr als eine Milliarde Nutzer. Täglich gibt es Videos mit einer Gesamtdauer von mehreren hundert Millionen Stunden wieder. Wie viel Geld lässt sich mit Youtube verdienen und wie viele Menschen leben davon? Dazu hält sich der Konzern bedeckt.

In Deutschland werden die meisten Youtuber von der Gesellschaft Mediakraft vermarktet, die für ihre Vertragspraxis teils kritisiert wird. Fest steht: Geld lässt sich mit Werbung verdienen. Von diesen AdSense-Einnahmen behält Youtube 45 Prozent, 55 Prozent erhält der Youtuber. Dieser kann außerdem direkte Werbedeals mit Firmen abschließen.

Attraktiv ist, wer viele Abonnenten und Aufrufe hat und diese Zahlen weiter steigert. Der Rest sind Schätzungen. So verdient die angebliche Nummer eins „PewDiePie“ zwischen 825 000 Dollar und 8,47 Millionen Dollar pro Jahr, der meistabonnierte deutsche YouTuber „Gronkh“ jedes Jahr zwischen 72 000 und 1,2 Millionen Euro allein mit seinen Youtube-Aktivitäten.

Der Großteil der Youtube-Partner kann sich aber höchstens ein Taschengeld dazuverdienen. Bei durchschnittlich 20 Cent pro 1000 Aufrufe sind über 220 000 Aufrufe täglich nötig, um das durchschnittliche deutsche Nettoeinkommen von 1345 Euro im Monat zu erreichen. Und Equipment wie Videokameras, Schnittsoftware oder Zubehör und Materialien fürs Video kosten.

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