Seltene Oldtimer machen Station bei den Dampftagen Bugattis machen Dampfloks Konkurrenz

Von Andreas Gewinner
Der Bugatticlub Deutschland besuchte mit 70 Autos die Dampftage im Dampflokmuseum in Neuenmarkt. Christian Schann reinigt die Zündkerzen seines Bugatti von 1930, den er vor über 20 Jahren als Teil eines Bauernfuhrwerks entdeckt hatte. Foto: Gewinner Foto: red

Bugattis gehören zu den seltensten Autos der Welt. Und zu den teuersten. Christian Schann hat seinen gefunden, als er im Straßburger Land hinter einem Bauernfuhrwerk herfuhr: "Der Anhänger hatte die Hinterachse eines Bugatti." Mit 70 Autos besuchte der Bugatticlub Deutschland die Dampftage im Dampflokmuseum in Neuenmarkt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Dampfloks, die sonst bei den Neuenmarkter Dampftagen im Mittelpunkt stehen, hatten zumindest am Samstag starke Konkurrenz. Der Bugatticlub Deutschland machte in Neuenmarkt auf seinem fünftägigen Frühjahrstreffen Station. 70 der seltenen Autos, die im Wesentlichen nur von 1909 bis 1939 gebaut wurden, liefen auf dem Museumsgelände ein. Zuvor hatten die Oldtimer auch an anderen Orten, wo Pausen eingelegt wurden, für Aufsehen gesorgt, etwa in Thurnau. Pro Tag legen die Fahrer rund 150 Kilometer zurück.

Christian Schann reinigt die Zündkerzen seines 1930 gebauten Zweisitzers, aufmerksam beobachtet von einer großen Schar Schaulustiger. Der Straßburger spricht fließend deutsch mit einem angenehmen französischen Akzent, in seine Erzählung baut er ab und zu ein "Voila!" ein. Schann arbeitete Ende der 70er Jahre als Mechaniker in der Bugattifabrik im elsässischen Monheim, die damals, wie heute auch noch, Teile für Flugzeugfahrwerke herstellte. 1981, zum 100. Geburtstag von Firmengründer Ettore Bugatti, fand an der Fabrik ein großes Autotreffen statt. "Da habe ich zum ersten Mal die Autos gesehen. Und gehört." Sein Interesse war geweckt. Rund zehn  Jahre später entdecke er die Reste eines Bugattis, die ein trauriges Dasein als Bauernfuhrwerk fristeten. Schann kaufte das Gefährt, hatte aber nicht mehr als einen Fahrzeugrahmen und Fahrwerk. Er beschloss: "Wenn wir einen originalen Motor finden, bauen wir das Fahrzeug wieder auf." Schann wurde fündig, im kanadischen Toronto: ein Reihenachtzylinder mit drei Litern Hubraum und 80 PS. Nach 17 Jahren Restaurierungsarbeit und Suchen nach Teilen fuhr der Bugatti 2009 das erste Mal wieder.

Der Straßburger hat auch die Historie seines Fahrzeugs recherchiert. Während die 50 Jahre seit dem Krieg im Dunkeln blieben, kennt er die ersten zehn  Jahre seines Autos recht genau. Ein Graf kaufte das Auto für seinen 21-jährigen Neffen. Doch der entschied nach drei Monaten, dass er statt des Autos lieber den Gegenwert in Geld hatte. Der nächste Besitzer fuhr das Auto bis 1937 in Paris, dann kam es nach Straßburg. Mit dem Kriegsausbruch verlieren sich die Spuren des Autos ebenso wie die seines letzten Besitzers, der Jude war.

Schanns Auto lief als "Faux Cabriolet" vom Band, ein zweisitziges Coupé in der Optik eines Cabrio. Als er das Auto oder vielmehr seine Reste bekam, war von der Karosserie nichts mehr übrig. Schann machte aus der Not eine Tugend: Die allernötigsten Karosserieteile baute er aus Holz nach. "So wurden damals die neuen Autos auf dem Firmengelände für Test- und Einstellfahrten bewegt." Viele der neuen Wagen gingen dann ohne Karosse an einen Karosseriebaubetrieb, wo sich der in der Regel betuchte Besitzer das Auto nach seinen persönlichen Wünschen fertigbauen ließ.

A propos betucht. Von insgesamt rund 8000 Bugattis existieren nur noch rund 2000. Dies und ihre außergewöhnlichen Rennerfolge machen sie zu den teuersten Oldtimern überhaupt. Unter den 70 Teilnehmern der Rundfahrt waren auch Bugattifahrer aus Russland sowie Japan, Australien und den USA. Die Teilnehmer aus Übersee haben ihre Autos mit mehreren Wochen Vorlauf per Schiff nach Deutschland geschickt. Was sind die in Neuenmarkt versammelten Preziosen im Schnitt wert? "Geld", sagt ein Teilnehmer einsilbig, "da kriegen Sie keine Auskunft von mir."

In den USA wurde im Januar ein Bugatti von 1930, allerdings mit wertsteigernder Rennhistorie, versteigert: Der Zuschlag erfolgte bei knapp 640.000 US-Dollar.


Eine Bildergalerie finden Sie hier.

Bilder