Seedorf Goldgrube für den Artenschutz

Naturschutz mit dem Bagger: In der Tongrube Seedorf haben sich mehr als 50 vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten angesiedelt.

 
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Seedorf - Die Tongrube Seedorf ist für den Bund Naturschutz eines der wichtigsten Areale für den Artenschutz im Fichtelgebirge. Mehr als 50 vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben sich auf dem durch Tonabbau geschaffenen Sonderstandort angesiedelt. Damit das so bleibt, muss in regelmäßigen Abständen der Gehölzaufwuchs entfernt werden. Vor Kurzem war es wieder einmal soweit.

Ein mächtiger Kettenbagger bahnt sich seinen Weg durch die ehemalige Tongrube ganz im Südosten des Landkreises Wunsiedel. Die gut 25 Tonnen schwere Maschine wird von Sebastian Hart geführt, Juniorchef der Firma Hart Keramik (Ziegelwerk Waldsassen). Gekonnt hebt die Grabenschaufel selektiv Weiden, Birken und Kiefern in einem ökologisch besonders wertvollen Bereich aus, an anderer Stelle werden offene Pionierstandorte geschaffen. Nebenbei entstehen zahlreiche kleine Tümpel.

Die nicht alltägliche, sehr spezifische Gestaltungsmaßnahme wird von Karl Paulus geleitet. Der Naturschutzexperte und langjährige Kreisgeschäftsführer des Bundes Naturschutz ist einer Mitteilung zufolge auch im Ruhestand für den BN noch in Sachen Arten- und Biotopschutz unterwegs. Besonders wertvoll sind nach seiner Einschätzung die offenen, flach überrieselten und von kleinen Rinnsalen durchzogenen Ton- und Lehmstandorte in der Grube.

Auf den im Tertiär entstandenen Seedorfer Tonen hat sich ein Massenvorkommen des Rundblättrigen Sonnentaus gebildet, eines der größten deutschlandweit. Auch der seltene Sumpfbärlapp kommt hier häufig vor. Regelmäßig ist der drollige, stark gefährdete Flußregenpfeifer auf den offenen Ton- und Phyllitstandorten in der Grube anzutreffen. Besonders bemerkenswert ist die Vielzahl seltener Libellen, Heuschrecken und anderer Insekten. Die Artenliste liest sich wie ein Auszug aus den Roten Listen der vom Aussterben bedrohten Arten: Kleiner Blaupfeil, Südlicher Blaupfeil, Gebänderte Heidelibelle, Kleine Zangenlibelle, Blauflügelige Sandschrecke oder Sumpfschrecke, um nur einige zu nennen. Karl Paulus: "Die Tongrube Seedorf ist eine Goldgrube für den Artenschutz, einmalig in ganz Nordbayern." Die Initiative für die Offenhaltung der ehemaligen, viele Hektar großen Tongrube hat der BN bereits 2008 ergriffen. Seitdem wurden von der Firma Hart schon mehrmals Gestaltungsmaßnahmen durchgeführt, ohne dafür etwas zu verlangen. Sonst wäre der aus Sicht des Artenschutzes hochwertige Sonderstandort längst mit Büschen und Bäumen zugewachsen.

Voll des Lobes für die bestens gelungene Aktion ist Fred Terporten-Löhner, Kreisvorsitzender des BN. "Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Firma Hart Keramik, insbesondere bei Sebastian Hart für die Ausführung der Baggermaßnahme und das große Verständnis für den Artenschutz." Hier zeige es sich, dass vieles machbar ist, wenn die richtigen Leute aufeinandertreffen: "Tonabbau und Artenschutz Hand in Hand." Der BN dankt auch dem Forstbetrieb Waldsassen, in dessen Zuständigkeit die ehemalige Tongrube liegt, für die gute Zusammenarbeit. "Das ist ein tolles Gemeinschaftsprojekt zwischen BN, Firma Hart Keramik, Forstbetrieb Waldsassen und unterer Naturschutzbehörde", so Fred Terporten-Löhner. Auch die Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen stehe wegen des üppigen Vorkommens des Sonnentaus hinter dem Projekt. red

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