Schule statt Tiere: Züchterin hört auf

Von Christina Holzinger
Reiner Zapf mit Tochter Hannah und Kaninchen. Die 13-Jährige ist die letzte jugendliche Kaninchenzüchterin im Landkreis Bayeuth. Foto: red Foto: red

Hannah Zapf ist die letzte jugendliche Kaninchenzüchterin in Goldkronach. „Wir haben zwar viele Jugendliche, die offiziell Mitglied sind, aber kaum einer züchtet wirklich Kaninchen“, sagt ihr Vater Reiner Zapf, der für die Jugendarbeit in dem Kaninchenzüchterverein zuständig ist. In diesem Herbst hört die Schülerin mit der Kaninchenzucht auf – damit stirbt eine alte Tradition in der Region aus.

 
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Für viele Kinder und Jugendliche sind Kaninchen Haustiere – sie spielen und kuscheln mit ihnen. Nicht so für Hannah Zapf. Seit ihrem sechsten Lebensjahr züchtet sie Kaninchen. Und sie weiß: Am Jahresende müssen einige von ihnen „selektiert“ werden. Sie landen entweder beim Metzger, der daraus Kaninchen-Pressack macht, oder im Kochtopf. Doch viel lieber verkaufen sie und ihr Vater ihre liebgewordenen Kaninchen an Tierfreunde aus der ganzen Region. Dass die Kaninchen, die nicht mehr für die Zucht gebraucht werden, sterben müssen, macht der 13-Jährigen nichts aus: „Ich weiß, dass sie ein gutes Leben bei uns hatten, da ist es weniger schlimm.“

"Es geht um den besten Wurf"

Doch um was geht es bei der Kaninchenzucht? Um das schönste Kaninchen? Bevor die 13-Jährige etwas sagt, überlegt sie kurz: „Es geht um den besten Wurf.“ Ihr Vater ergänzt: „Vier Tiere aus entweder dem gleichen Wurf oder unterschiedlichen Würfen müssen die beste Bewertung erhalten.“ Bewertet werden Gewicht, Kopf- und Körperform, Fellqualität, Ohren und verschiedene Rassemerkmale. Das perfekte Kaninchen hätte eine Bewertung von 100 Punkten – „doch das kommt eigentlich nicht vor“. „Ich hatte einmal ein Kaninchen mit 98 Punkten, das ist eigentlich schon das höchste“, sagt Reiner Zapf. Doch für Hannah Zapf sind die Ausstellungen vor allem eine „Bewertung für das, was man das ganze Jahr über geleistet hat.“

Nur alte Züchter gewinnen

Denn die Vorbereitungen laufen das ganze Jahr über. Im Frühjahr werden neue Jungtiere gekauft, die besten Tiere miteinander gekreuzt. „Vor den Ausstellungen muss man auf das Gewicht der Kaninchen achten, sie dürfen weder zu viel, noch zu wenig wiegen“, sagt sie. Die Zwergwidder, die Rasse, die Hannah Zapf züchtet, dürfen zwischen 1,5 und 1,9 Kilo wiegen. Auch die Fellfarbe muss stimmen, die Kaninchen müssen ruhig sitzen bleiben. Doch auf den Ausstellungen gewinnen meist nur „die alten Opas“ und nicht die „jungen Züchter“ die Pokale.

Die Zeit fehlt

Alles fing mit zwei Kaninchen an, die ihr Vater vor sieben Jahren mit nach Hause brachte. Ihr gefiel der Bezug zu den Tieren und dass „man sich um sie kümmern kann“. Doch mittlerweile übernimmt Reiner Zapf einen Großteil der Aufgaben, andere Hobbys wie der Faschingstanz sind wichtiger geworden. Auch der Tod ihres Lieblingskaninchens Sternchen hat die Begeisterung an der Kaninchenzucht stark abflauen lassen. Sie schaut zu ihrem Vater und als dieser kurz nickt, sagt sie: „Mittlerweile habe ich einfach nicht mehr die Zeit, mich um die Kaninchen zu kümmern.“

Zeitintensives Hobby

Denn die Kaninchenzucht ist ein zeitintensives Hobby: Morgens braucht Reiner Zapf zwanzig Minuten, um seine 89 Kaninchen zu füttern. Abends füttert er sie mit Heu, wechselt das Wasser und reinigt die Trinknäpfe – eineinhalb Stunden braucht er dafür. Alle zwei Wochen wechselt er das Stroh in den Kaninchenbuchten, wofür „schon mal ein ganzer Samstag draufgehen kann“. 

Das Interesse fehlt

Heute fehlt nach Erfahrung Zapfs das Interesse an den Kaninchenausstellungen. „Einmal im Jahr wollen wir am Marktplatzfest unsere Kaninchen den Goldkronachern präsentieren, aber es interessiert kaum jemanden“, sagt Zapf. Doch das sei nicht nur in Goldkronach so. „Früher hatten die Leute mehr Bezug zu Tieren als heute“, sagt er.

Kein Pokal ist groß genug

Aber auch innerhalb der Kaninchenzüchtergemeinschaft kam es zu einem Umdenken: Während es für die älteren Mitglieder „keinen Pokal gibt, der auch wirklich groß genug ist“, sind Hannah Zapf und ihr Vater nur wenig von dem Preis begeistert: „Was bringt mir ein Pokal, der am Schluss nur rumsteht?“ Sie würden sich eher über Futter oder Trinknäpfe freuen.

Zucht kostet viel Zeit und Geld

Hannah Zapf erklärt sich das fehlende Interesse an der Kaninchenzucht bei ihren Freunden dadurch, dass Kinder und Jugendliche heute in der Schule viel mehr leisten müssen. „Man braucht die Zeit einfach zum lernen“, sagt sie. Und auch die Kosten, die mit der Zucht verbunden sind, können abschreckend wirken: So kostet ein Stall, der Platz für zwölf Kaninchen bietet, schnell um die tausend Euro. Trotz alldem ist die 13-Jährige froh, Kaninchen gezüchtet zu haben:  „Es war schön, etwas zu haben, um das man sich kümmern kann.“

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