Schrumpfprozess AfD verliert Fraktionsstatus im Kreistag

Die AfD hat ihren Fraktionsstatus im Kreistag eingebüßt. Foto: Matthias Bäumler

Dann waren es nur noch zwei... Die Partei verliert jetzt auch noch ihre Sitze in den wichtigsten Ausschüssen auf Kreisebene.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die AfD im Kreistag schrumpft und schrumpft. Als die Partei im Mai 2020 erstmals mit vier Mitgliedern in den Wunsiedler Kreistag einzog, glaubten – oder befürchteten – viele Beobachter, die Rechtsaußenpartei etabliere sich im Fichtelgebirge. Zumindest in den politischen Gremien ist das nicht der Fall. Beispiel Stadtrat Wunsiedel: Harald Filkorn ist bei der Kommunalwahl in das Gremium als Vertreter der AfD gewählt worden. Mittlerweile ist er aus der Partei ausgetreten, da sie ihm viel zu weit nach rechts abgedriftet ist. Zudem beklagt er Unregelmäßigkeiten bei internen Wahlen.

Nur ein „echtes“ Mitglied

Jetzt also der Kreistag. Bis Ende August hatte die AfD noch Fraktionsstatus. Christian Engel – das einzige verbliebene „echte“ Parteimitglied –, der parteilose Christian Medick und der aus der Partei ausgetretene Gerd Kögler wahrten den Status. Zuvor hatte, wie berichtet, Frank Müller sein Kreistagsmandat zurückgezogen. Die Listennachfolgerin, Müllers Ehefrau Kathleen, wollte nicht in das Gremium. Nächster im Bunde war Harald Filkorn, der zusagte – sehr zum Ärger der Partei, die ihn nicht in die Fraktion ließ. Mit nur noch drei Mitgliedern verlor die AfD im Sommer bereits die Sitze im Aufsichtsrat des Klinikums und im Rechnungsprüfungsausschuss. Vor Kurzem hat nun auch Gerd Kögler die Fraktion verlassen. Noch Ende Juli hat er in einem Gespräch mit unserer Zeitung gesagt, dass er weiterhin in der Fraktion mitarbeiten werde. „Wir dulden uns, versuchen, konstruktiv zu arbeiten, sind aber sicherlich nicht besonders freundschaftlich verbunden.“ Offenbar ist der Versuch, sich zusammenzuraufen, schnell gescheitert.

Kögler, einst Galionsfigur der Partei in der Region, hatte die Bundes-AfD in einem Interview mit unserer Zeitung heftig kritisiert und die Beobachtung durch den Verfassungsschutz begrüßt. Um einem Parteiausschluss zuvorzukommen, trat er selbst aus.

Kein Sitz mehr in den Ausschüssen

Mit Köglers jetzigem Rückzug hat die AfD den Fraktionsstatus eingebüßt, da laut der Geschäftsordnung des Kreistags dazu mindestens drei Mitglieder notwendig sind. Für die Partei hat dies weitreichende Folgen. Wie Landrat Peter Berek in der Kreistagssitzung am Montag sagte, verliert die AfD nun auch jeweils einen Sitz im Kreis- und im Bauausschuss. Erstgenannter gilt als wichtigster Ausschuss, werden hier doch die wesentlichen Linien der Kreispolitik festgelegt.

Christian Medick bedauert den Verlust des Fraktionsstatus zwar, nimmt ihn aber auch nicht allzu tragisch. „Selbst wenn wir mit drei Mitgliedern vertreten wären, würden wir nichts erreichen, da die übrigen nicht zuhören.“ Kommunalpolitiker seien gewohnt, Geschäftsbilanzen zur Kenntnis zu nehmen, kümmerten sich aber wenig darum, wie es im Betrieb zugehe. Hier spielt der 74-Jährige auf das Klinikum Fichtelgebirge an, in dem er einiges im Argen sieht. Nach zweieinhalb Jahren im Kreise der AfD klingt Medick ernüchtert. Als früherer Arzt im Klinikum in Marktredwitz und nach wie vor als Notarzt tätig, wäre er gerne im Aufsichtsrat des Klinikums Fichtelgebirge geblieben.

Partei mit selbstzerstörerischer Dynamik

Hier hat ihm die selbstzerstörerische Dynamik der Partei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auf die Frage, wie die Fraktionssitzungen verlaufen seien, antwortet er, dass es so viele nicht gegeben habe. „Innerhalb unserer Fraktion hat es an sich gar nicht so viele Gegensätze gegeben. Doch dann hat es seinen Lauf genommen und einer nach dem anderen ist wie ein Dominostein umgefallen.“

Wie es mit der Kreistags-AfD weitergeht, vermag und will Medick, der für die Christliche Wählergemeinschaft (CWG) auch im Gemeinderat Nagel sitzt, nicht zu sagen. „Es gibt zwar keine AfD-Fraktion mehr, dafür aber eine AfD-Gruppe im Wunsiedler Kreistag.“ Diese bestehe aus Christian Engel und ihm. Sprecher ist Letztgenannter, der im Gespräch mit unserer Zeitung die Zukunft seiner Partei im Landkreis optimistisch sieht. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in der nächsten Legislaturperiode mit einer größeren Fraktion vertreten sein werden, und zwar ohne atmosphärische Störungen.“ Der selbst gewählte Status als Zwei-Mann-Gruppe hat keinen Belang für die offizielle Kreistagsarbeit.

„Er hat sein Versprechen gebrochen“

Nicht kommentieren will Engel den Austritt von Gerd Kögler aus der Fraktion. „Er hat erst zugesagt und jetzt eben sein Versprechen gebrochen. Das ist seine Entscheidung.“

Im Gegensatz zu Christian Medick sieht Engel die Arbeit im Kreistag keinesfalls negativ. „Wir bekommen alle Informationen, können im Landratsamt nachfragen und werden auch gehört.“ So wolle die Gruppe in der nächsten Kreistagssitzung unter anderem Informationen zu Dieselreserven im Landkreis für den Fall eines Blackouts auf die Tagesordnung bringen. .

Engel ist in seiner Partei nicht unumstritten. Schon sein Parteieintritt führte zu einem internen Skandal. Als Christian Engel im September 2017 seinen Aufnahmeantrag stellte, gab er an, im September 2016 aus der CSU ausgetreten zu sein. Vor einem Eintritt in die AfD gilt laut Parteisatzung eine mindestens einjährige Karenzzeit für ehemalige Mitglieder anderer Parteien. Die CSU bestätigte den Austritt Engels, aber erst zum Februar 2018. Engel erklärte damals die Unstimmigkeiten damit, dass seine erste schriftliche Kündigung 2016 an die CSU-Zentrale in München von der Post nicht zugestellt worden sei. Unter anderem in diesem Zusammenhang ist er mit dem Kulmbacher AfD-Kreisvorsitzenden und Landesvorstandsmitglied Georg Hock hefig aneinandergeraten. Letztgenannter hat ihn daraufhin aus einem AfD-Forum ausgeschlossen. „So etwas kommt vor. Die Querelen sind ausgestanden, zwischen den Kreisverbänden herrscht wieder einvernehmen“, sagt Engel.

Um die 50 Mitglieder im Landkreis

Da die AfD, die im Landkreis um die 50 Mitglieder hat, keinen Fraktionsstatus mehr besitzt, fallen die Sitze im Kreisausschuss sowie im Schul- und Bauausschuss nach dem Verfahren Sainte-Lague/Schepers der SPD zu. In Zukunft gehören Florian Leupold (Stellvertreter Walter Wejmelka) dem Kreis- und Walter Wejmelka (Stellvertreter Torsten Gebhardt) dem Schul- und Bauausschuss an.

Autor

Bilder