Schlosskirche: Dem Himmel wieder nah

Von

Schlechte Nachricht für die Bayreuther Katholiken: Die Bayreuther Schlosskirche muss saniert werden. Baulich, wegen verschiedener Mängel, die der Architekt Michael Fränkel „die Klassiker“ unter den Baumängeln nennt. Die gute Nachricht – nicht nur für die Bayreuther Katholiken: Mit der Innensanierung soll die Kirche ihren ursprünglichen Raumeindruck zurückbekommen. Was einem historischen Lückenschluss gleichkommt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die harten Fakten sind schnell erzählt: „Schäden am Dach, am Dachtragwerk, Fäulnisschäden, Ausbrüche im Simsbereich. Auch die Fassade ist nicht in Ordnung. Die Klassiker der baulichen Schäden“, sagt Michael Fränkel, der Architekt, der derzeit auch bei der Sanierung und Restaurierung des Markgräflichen Opernhauses eng eingebunden ist. Die Kirche ist zum letzten Mal vor fast 50 Jahren grundsaniert worden. Es krankt an vielen Ecken und Enden: „Die Elektrik muss komplett gemacht werden, auch die Heizung muss erneuert werden“, sagt der Pfarrer der Schlosskirche, Christian Karl Steger. Das ist vergleichsweise Routine unter Gesamt-Projektleitung des Staatlichen Bauamts.

Die Hülle ist nur der eine Part

Aber: Die Hülle der Kirche ist nur der eine Part. Der wesentlich spannendere Teil der Sanierung bezieht sich auf den Innenraum der Kirche. „Hier geht es zum Beispiel um die Säulen, die Emporen, die Oberflächen der Wände“, sagt Fränkel. Aber auch um so wichtige Dinge wie den Altar, „der umgebaut werden soll. Wir wollen ihn optisch etwas zurücknehmen." Der Altar wird niedriger. "Die Madonna soll mehr in den Raum gerückt werden. Zudem gilt es, den Tabernakel zu positionieren und neu zu fassen“, sagt Fränkel.

Der Kirche fehlt etwas Entscheidendes

Allerdings ist das noch nicht alles. Denn viele, die die Schlosskirche kennen, dürfte schon immer das Gefühl beschlichen haben: Dieser Kirche fehlt etwas. Hier hat tatsächlich etwas stattgefunden, das man mit Kunstraub ohne tatsächliche Entwendung wohl am besten umschreibt.

Das Rokoko wurde ausradiert

Christian Karl Steger beschreibt das so: Der lang gestreckte Saalbau wirke, als hätte er durch die Decke mit der Hohlkehle einen Deckel aufgesetzt bekommen, der den Raum drücke. Er muss auch so wirken, denn das entscheidende Element fehlt: Drei Deckengemälde des Hofmalers Wilhelm Ernst Wunder, die gleichsam himmelsöffnende Wirkung für den Betrachter gehabt haben müssen. Sie sind um 1860 übermalt worden – auf Anordnung eines Beamten des königlichen Bauamts , „der auch in Vierzehnheiligen nahezu den ganzen Appiani übermalen ließ“, sagt Steger. „Das Rokoko an sich galt damals als unkirchlich, als lasziv, ja als geradezu revolutionär.“

Es fehlt das Zusammenspiel zwischen Stuck und Malerei

Was durch die Übermalung auch verschwunden ist, ist das Zusammenspiel von Malerei, Stuck und theologischer Aussage, das sich der einstige Hofprediger, Wunder und der Stukkateur Giovanni Battista Pedrozzi ausgedacht haben, aufbauend auf den Elementen der lutherischen Satisfaktionslehre. Die Deckengemälde Wunders stellten "in einem genialen Zusammenspiel mit den Stuckaturen Pedrozzis", wie Steger sagt, die Versöhnung von Gott und Menschen durch das erlösende Heilshandeln Christi dar. Im jetzigen Zustand, sagt Steger, „fehlt der Bezug durch die leeren, weißen Deckenspiegel“. Die „vielleicht schönsten Rokoko-Stuckdecke, die Pedrozzi geschaffen hat“ stehe allein. Die Baukommission, die sich aus Vertretern des Staatlichen und Kirchlichen Bauaumts, dem Architekten, der restauratorischen Bauleitung sowie der Kirchenverwaltung zuammensetzt, hat den Wunsch formuliert, diesen Raumeindruck wieder entstehen zu lassen.

Ein bemerkenswerter Lückenschluss

Das sei nicht nur der Kirchengemeinde der Schlosskirche ein liturgisches Anliegen, sondern auch ein öffentliches und historisches, denn: es werde eine Lücke geschlossen, die durchaus bemerkenswert sei. Die Schlosskirche, einst gebaut als evangelische Kirche, die durch die Grablege von Markgräfin Wilhelmine, ihres Mannes, des Markgrafen Friedrich und ihrer Tochter Sophie Friederike eine Sonderstellung unter den Markgrafenkirchen einnimmt, werde durch die Rückkehr zu ihrer historischen Ausstattung, ein gutes Stück mehr sich einreihen in die Markgrafenkirchen. Die 1813 an die Katholiken übergebene Kirche baut mit ihrer Ausstattung Brücken zu den Kirchen in Bindlach und Neudrossenfeld, die auch von Wunder in ganz ähnlicher Weise ausgestaltet worden sind. Erste Entwürfe für eine Neuinterpretation des Deckengemäldes – von der Erstfassung sind nur noch Fragmente übrig – gibt es bereits, „die in den Gremien der Pfarrei, in der Kirchenverwaltung und im Pfarrgemeinderat eine breite Mehrheit gefunden haben“, wie Kirchenpfleger Peter Wißling sagt. „Der Raum kann nur gewinnen.“ Ein Eindruck, „der jedem klar macht: Es geht in den Himmel“. Das zeigt eine Visualisierung, die Fränkel im Kurier-Gespräch zeigt, bereits eindrucksvoll. Dies ist aber erst der Anfang, da noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten ist, um den Weg zu dieser Wunschlösung zu ebnen.

Sanierung soll 2018 beginnen und ein Jahr dauern

Die Sanierung soll im kommenden Jahr beginnen und etwa ein Jahr dauern, wenn alles so läuft, wie geplant, sagt Fränkel. Die Kosten: „Rund 2,4 Millionen Euro nach jetziger Schätzung.“ Den staatlichen Anteil beziffert Fränkel mit rund 500.000 Euro, „1,2 Millionen Euro kommen vom Bistum“, sagt Steger. Rund 700.000 Euro muss die Gemeinde selber tragen. „Und wir werden nicht alles stemmen können, wir hoffen auf Spenden“, sagt Kirchenpfleger Peter Wißling, der in der Kirchenverwaltung, die voll hinter den Plänen für die Ausgestaltung des Innenraums steht, für die Finanzen zuständig ist. 

Katholiken dürfen in die Stadtkirche

Für die Zeit der Sanierung gibt es ebenfalls eine Brücke zwischen katholischer und evangelischer Kirche: "Wir feiern unsere Gottesdienste früh am Sonntag im Pfarrsaal, abends die Messe dürfen wir in der Stadtkirche feiern, das haben unsere evangelischen Freunde völlig unkompliziert zugesagt. Dafür bin ich Pfarrerin Ruth Scheil sehr dankbar."

Autor

Bilder