Kremlsprecher Dmitri Peskow kritisierte nach dem Urteilsspruch dann auch gleich die Sanktionen insgesamt. "Wir betrachten alle diese Sanktionen als illegal, ungerecht, destruktiv", sagte der Sprecher in Moskau. Sie seien auch eine Schande für die Institutionen, die sie verhängten.
Kritik von Gegnern der russischen Regierung
Kritik an der Entscheidung, wenn auch aus anderen Gründen, gab es bei Gegnern der russischen Regierung. "Weder Fridman noch Awen haben sich gegen den Krieg ausgesprochen oder versucht, ihn zu stoppen - sie haben nur teure Anwälte und einflussreiche Lobbyisten engagiert", erklärte Julia Nawalnaja, Witwe des in Haft gestorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny. Das Urteil schwäche die russische Antikriegsbewegung, schrieb sie im Netzwerk X (früher Twitter).
Dabei hatte Nawalnys enger Mitarbeiter Leonid Wolkow vergangenes Jahr selbst vorgeschlagen, diese beiden Oligarchen unter Bedingungen von den Sanktionen auszunehmen. Sie hätten dafür öffentlich mit der Führung von Präsident Wladimir Putin brechen sollen, schrieb Wolkow auf Telegram. Dies hätte der EU wie den Mitgliedern der Moskauer Elite einen gangbaren Ausweg zeigen sollen. Nun hätten die EU-Richter Awen und Fridman ohne jedes Zugeständnis vom Haken gelassen. "Was für ein Signal sendet das Gericht an Putin, dessen Freunde, die russischen Oligarchen?"
Die Entscheidung des EU-Gerichts bedeutet allerdings nicht, dass Fridman und Awen sofort von der EU-Sanktionsliste gestrichen werden müssen. Zum einen kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), vorgegangen werden. Zum anderen hat der Rat der EU bereits neue Sanktionsbeschlüsse gegen die beiden Männer erlassen, die zunächst nicht von dem Urteil betroffen sind.
Andere Urteile
Vor knapp drei Wochen hatte das EU-Gericht bereits geurteilt, dass der Ex-Formel-1-Rennfahrer Nikita Masepin nicht hätte sanktioniert werden dürfen. Begründet wurde dies damit, dass die familiäre Beziehung zu seinem Vater - einem Geschäftsmann mit angeblich enger Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin - nicht genüge, um anzunehmen, dass er durch gemeinsame Interessen mit ihm verbunden sei.
Ähnlich argumentierten die Richter, als sie im vergangenen Jahr die Sanktionen gegen die Mutter des inzwischen verstorbenen Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Violetta Prigoschina, kippten. Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um Strafmaßnahmen zu verhängen. Viele andere Sanktionierte sind unterdessen mit ihren Klagen vorläufig gescheitert, darunter der ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch.
Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erließ die EU bislang gegen fast 2000 Personen und Organisationen Sanktionen. Derzeit sind mehrere Dutzend Klagen gegen die Strafmaßnahmen vor Gerichten anhängig. In jedem anhängigen Fall stehe das Gericht unter einem enormen politischen Druck, sagte Experte Winkler der dpa. "Die Richter wissen, dass ihre Entscheidung unter Umständen Wasser auf den Mühlen der Kreml-Propaganda sein wird."