"Das da, das will ich auch!" Bayreuther Tätowierer über Fußballer-Tattoos

Von Lucas Knorr
 Foto: red

"Tattoos sind salonfähiger geworden" - der Bayreuther Tätowierer Vincent Koßmann hat mit uns über die Körperverzierungen einiger Fußballer gesprochen.

 
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Jermaine Jones, Raúl Meireles, Dani Alves, Wesley Sneijder und Sergio Ramos sind alle mehrfach tätowiert. Damit sind sie bei dieser WM keine Ausnahme. Woher kommt es, dass heutzutage tätowierte Fußballer zu einem gewohnten Bild geworden sind? Zu Zeiten von Beckenbauer war dieser Körperschmuck kein Thema, was hat also zu diesem Trend geführt? Und was hat das eine oder andere gestochene Bild im Detail zu bedeuten? Der Kurier hat einen Mann vom Fach gefragt, den Bayreuther Tätowierer Vincent Koßmann.

Vincent Koßmann, 25, stammt aus Bayreuth. Seit März diesen Jahres betreibt er sein eigenes Tattoo-Studio in der Jägerstraße.

„Tattoos sind ein Körperschmuck, der salonfähiger geworden ist. Außerdem müssen Fußballer nicht so sehr auf ein seriöses Erscheinungsbild achten. Am wichtigsten ist meiner Meinung nach allerdings, dass diese Spieler heute viel mehr als nur Sportler sind. Sie sind gleichzeitig Stilikonen, die sich vermarkten und herausstechen wollen“, so Koßmann. „Es sind ja nicht nur die Tattoos. Bei den Frisuren ist es ähnlich, die sind bei den Fußballern auch immer auffälliger geworden“. Die Menschen begeistern sich also nicht nur für die sportliche Leistung eines Spielers. Das Aussehen und Auftreten ist genau so wichtig. Der Tätowierer kennt die Leidenschaft mancher Fans für die Tattoos ihres Idols aus eigener Berufserfahrung. „Ich hatte schon oft Kunden, die mit einem Foto von David Beckham zu mir kamen und sagten: Das Tattoo da, das will ich auch“.

Insgesamt freut sich Koßmann über die vielgestochenen Fußballer. Es führe vor allem zu mehr Akzeptanz gegenüber diesem Körperschmuck.

Der Einsteiger: Marco Reus (Deutschland)

Ja, Marco Reus ist nicht bei der WM dabei. Um den in letzter Minute aus dem WM-Kader ausgeschiedenen Spieler nicht ganz zu vergessen, wollen wir einen Blick auf seine Tattoos werfen. Auf seinem Unterarm hat sich Reus seinen eigenen Vornamen tätowieren lassen, Marco. Darunter steht noch sein Geburtsdatum. Eine Gedächtnisstütze für den 25-Jährigen?

Das Urteil: Für Koßmann sind solche Tattoos nichts Ungewöhnliches. „Viele Menschen wollen ein Tattoo, wissen aber nicht welches Motiv. In solchen Fällen wird oft etwas Persönliches gewählt, bei dem man nichts falsch machen kann. Der eigene Vorname und das Geburtsdatum, das begleitet einen das ganze Leben. Warum also nicht auch als Tattoo?“, so der Tätowierer. Bei Reus sei auch schön zu sehen, dass es selten bei diesem ersten Tattoo bleibe. Am Handgelenk und an der Armbeuge ist er mittlerweile auch tätowiert. „Das ist ganz normal. Hat man ein Tattoo, dann stören die freien Flächen und man will ein neues“.

Der Bemalte: Jermaine Jones (USA)

Der deutsch-US-amerikanische Mittelfeldspieler Jermaine Jones sticht bei dieser WM die meisten anderen Spieler aus, zumindest wenn es um Tattoos geht.

Was hat es mit der Sanduhr auf dem Bauch oder dem Stern mit den beiden Flügeln auf sich?

Das Urteil: Vincent Koßmann erklärt es. Der Stern könne gut für seine US-amerikanischen Wurzeln stehen, er umrahmt das Logo einer Baseballmannschaft aus Los Angeles. Ein L und A stehen für die Los Angeles Dodgers. „Die Sanduhr symbolisiert mit Sicherheit Vergänglichkeit. Die beiden Flügel auf seiner Brust sind ein Engels- und ein Teufelsflügel, das steht meist für Gut und Böse“, so Koßmann. Im Gegensatz zu persönlichen Motiven, wie dem Gesicht der Ehefrau, seien diese Motive mit einem weiten kulturellen Hintergrund verbunden und ebenfalls beliebt. Koßmann: „Vergänglichkeit und Gut und Böse sind zeitlose Begriffe, mit denen jeder etwas anderes verbindet. Weil sie so facettenreich sind, kann der Träger vermutlich auch noch in zwanzig Jahren etwas damit anfangen.“

Der Familienmensch: Wesley Sneijder (Niederlande)

Der Oberkörper des niederländischen Spielers Sneijder könnte auch als Tagebuch interpretiert werden.

Das Urteil: „Bei ihm finden sich viele familiäre Bezüge in Form von Tattoos“, so Koßmann. Der Frauenkopf auf seiner Flanke ist das Porträt seiner jetzigen Ehefrau. Das Hochzeitsdatum hat er sich auf den linken Oberarm unter zwei Ringe tätowieren lassen. Ein wichtiges Detail ist auch der Schriftzug auf seinem rechten Arm, „Jessey“ ist der Name seines Sohnes. Der Pokal unter seiner linken Achsel erinnert an den Sieg beim Champions League Finale 2010. Damals spielte Sneijder für Inter Mailand, die den Titel holten.

Der Religiöse: Dani Alves (Brasilien)

Der Brasilianer Dani Alves spielt in der Außenverteidigung für sein Heimatland. Auf seinem rechten Arm fallen zahlreiche christliche Motive auf.

Das Urteil: „Das Jesusporträt mit dem Herzen und dem Kreuz darüber weisen natürlich auf die Religiosität des Spielers hin, in diesem Fall den Katholizismus. Man darf aber nicht zu viel in diese Tattoos interpretieren. Jesus auf dem Arm muss nicht bedeuten, dass man es mit einem bibelfesten Christen zu tun zu hat“. Gerade in einem Land wie Brasilien ist die christliche Religion im Lebensalltag viel präsenter als bei uns.

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