Der Vorsitzende Richter sagte, für ihn sei die genannte Motivation "sehr schwer nachvollziehbar". Es sei für den Angeklagten offenbar leichter gewesen, sein Land zu verraten, als zum Arzt zu gehen. Rückblickend sei dies für ihn auch nicht nachvollziehbar, sagte der 54-Jährige. "Ich hatte mein Leben nicht im Griff."
Er habe lange den Weg zu einem Arzt oder Psychologen gescheut. Ihm sei schließlich ein schwerer Burn-out mit Angststörungen und Panikattacken attestiert worden. Das Wort Depression vermied er.
Er sei damals im vierten Jahr eines schweren Burn-outs gewesen, habe kaum noch geschlafen und sich bei der Bundeswehr chronisch überarbeitet. Zudem habe er durch die dritte Corona-Impfung schwere gesundheitliche Folgen davon getragen.
Vollmacht für Parteiaustritt erteilt
Die Anklagevorwürfe der Bundesanwaltschaft räumte er überwiegend ein. "Das meiste stimmt", sagte er. Allerdings bestritt er, eine CD mit heruntergeladenen Dateien aus einem Bundeswehr-Laufwerk an das russische Konsulat weitergegeben zu haben.
Zweifel an seinem Handeln seien ihm erst Ende Juli 2023 gekommen, als es ihm psychisch wieder besser gegangen sei. Inzwischen habe er seiner Lebensgefährtin eine Vollmacht für seinen Parteiaustritt erteilt, wisse aber nicht, ob dieser schon umgesetzt sei.
Der Berufssoldat steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten Russlands vor Gericht. Der 54-Jährige sei als Hauptmann der Bundeswehr für Systeme der elektronischen Kampfführung zuständig gewesen, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft am Montag.
Ausbildungsunterlagen der Luftwaffe fotografiert
Sein Ziel sei gewesen, "den russischen Streitkräften vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage einen Vorteil zu verschaffen".
Von einem Laufwerk der Bundeswehr habe er Informationen auf eine CD geladen und diese in den Briefkasten des russischen Konsulats geworfen, so die Bundesanwaltschaft. Mit seinem Handy habe er zudem Ausbildungsunterlagen der Luftwaffe fotografiert.
Mehrfach habe der Hauptmann dann von sich aus ab Mai 2023 dem russischen Konsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin vertrauliche Informationen zukommen lassen mit dem Zusatz: "gerne mehr". Obwohl er keine Reaktion erhalten habe, habe er es immer wieder versucht: per Posteinwurf, per E-Mail, mit Telefonanrufen aus dem Internet und von einem Münzfernsprecher.
Mit den Worten, das Wissen, dass er zur Verfügung stellen könne, würde "ein beträchtliches Plus für die russischen Streitkräfte und die Russische Föderation bedeuten", habe er für sich als Agenten geworben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Damals durchsuchten Einsatzkräfte die Wohnung und den Arbeitsplatz des Beschuldigten. Der Senat unter Vorsitz von Richter Lars Bachler hat für den Prozess bis 24. Juni sieben Verhandlungstage angesetzt.