In dem Verfahren geht es um 140 verlorene Millionen aus Darlehen an ein Partnerunternehmen namens OCAP, die der Wirecard-Vorstand gewährt und der Aufsichtsrat abgesegnet hatte. Da sogar die hauseigene Wirecard-Bank wegen fehlender Sicherheiten gravierende Bedenken äußerte, hätten Vorstände und Aufsichtsräte nicht zustimmen dürfen - so die Argumentation des Insolvenzverwalters. Auch Richter Krenek sprach von "Warnzeichen", die erkennbar gewesen seien. Die Anwälte der beklagen Wirecard-Manager hingegen argumentierten, dass nach damaligem Sachstand OCAP eine seriöse Firma gewesen sei und von Wirtschaftsprüfern keine Einwände gekommen seien.
Manager-Haftpflicht zahlt nicht für kriminelle Kunden
Ob es Jaffé am Ende gelingt, zusätzliche Millionen für die Gläubiger zu sichern, ist ungewiss - auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter den Prozess gewinnen sollte. Bei Wirecard waren Vorstände und Aufsichtsräte mit Manager-Haftpflicht versichert. Im Falle eines Falles wären es dann zunächst diese Versicherer, die einspringen sollten. Doch Versicherungen zahlen nicht für kriminelle Kunden, da Verbrechen nicht versicherbar ist. Sollten Braun oder andere beschuldigte Wirecard-Vorstände in dem Betrugsskandal eines Tages rechtskräftig verurteilt werden, würden Versicherer daher Zahlungen ablehnen.
Die Manager-Haftpflicht - im Fachjargon "D&O" (directors and officers) genannt, ist für viele Versicherer ohnehin ein schwieriges Geschäft, ganz unabhängig von Wirecard. "Die Haftungsrisiken für Aufsichtsräte haben in den vergangenen Jahren zugenommen, und ich rechne damit, dass sich der Trend zu einer vermehrten Inanspruchnahme in den kommenden Jahren fortsetzen wird, sagte Thomas Dömmecke, Rechtsanwalt und Haftungsexperte bei Schultze & Braun, einer Kanzlei für Insolvenzverwaltung und Insolvenzrecht.
Das Thema Haftung habe für Aufsichtsräte eine besondere Bedeutung, "da sie wie auch Vorstände persönlich, also mit ihrem eigenen Vermögen haften, wenn sie ihre Pflichten schuldhaft verletzen", sagte der Jurist. Unternehmen schlössen daher häufig D&O-Versicherungen zugunsten von Aufsichtsräten und Vorständen ab. "Dieser Umstand macht es wiederum für Insolvenzverwalter besonders attraktiv, Haftungsansprüche gegen Aufsichtsräte und Vorstände durchzusetzen." Denn dabei gehe es in der Regel um hohe Schadenssummen - "und die Versicherer sind daher mitunter die einzige Partei, die diese überhaupt bezahlen könnte".