Die Orte, Veranstaltungen, Flüsse oder Einrichtungen, die dabei am häufigsten genannt werden, wobei auch eigene Vorschläge willkommen sind, heißen "Identitätsanker". Und hier würden bei den typischen Landschaften etwa der Ochsenkopf oder auch beim Aspekt Kultur die Luisenburg sehr oft übereinstimmend genannt.
"Der Fragebogen ist die Grundlage für die verschiedenen Arbeitskreise", erläutert Müller. "Die Mitglieder - alles Fachleute auf ihrem Gebiet - greifen die Aussagen auf, bearbeiten sie und ergänzen sie durch ihr eigenes Hintergrundwissen, das dann auf unserer Facebook-Seite veröffentlicht wird." Das sei ein großer Vorteil, denn die Fachleute für die einzelnen Themen könnten so eine große Anzahl Interessierter viel detaillierter informieren.
"Das Wissen weiterzugeben, ist der zweite Schritt", fährt sie fort. "Auf diese Weise können wir eine deutlich bemerkbare Überlieferungslücke schließen." Und das komme wiederum nicht nur Zuzüglern und Migranten, sondern durchaus auch Einheimischen zugute. Yvonne Müller hat festgestellt, dass sich junge Leute sehr für Dialekt interessieren. "Auf diese Weise macht sich die Identifizierung mit der Heimat fest", folgert sie. Und: "Wir wollen ja auch, dass sich so etwas entwickelt. Für uns sind die Ergebnisse spannend: Was ist wichtig für die Leute, das wir übernehmen und präsentieren können."
Um das zu erfahren, gehen die unterschiedlichen Arbeitskreise verschiedene Wege. So habe der mit dem Schwerpunktthema "Brauchtum" vor, mit den Vorschlägen und Nennungen aus den Fragebögen nach der Prüfung durch die Mitglieder einen Brauchtumskalender zusammenzustellen. "Sprache und Literatur" hat sich vorgenommen, Dialekt-Wörter aufzunehmen und zu retten, die in Vergessenheit zu geraten drohen. Der Arbeitskreis "Natur und Kulturlandschaft" beschäftigt sich mit dem geografischen Fichtelgebirge und fragt: "Wie prägt die Landschaft die Menschen?", "Wie haben sich die Menschen auf die hiesigen Böden und den Bewuchs eingestellt?" Die Mitglieder des Arbeitskreises "Industrie, Handwerk und Gewerbe" haben sich bislang bei zwei Fach-Vorträgen über die Textilverarbeitung und den Bergbau im Fichtelgebirge informiert.
Für Yvonne Müller ist es spannend zu sehen, was in den verschiedenen Themenkreisen erarbeitet und schließlich von einem Kuratorium angenommen werden wird. "Man lernt bei jeder Arbeitskreis-Sitzung etwas Neues kennen", sagt sie und kommt zu dem Schluss: "Das Fichtelgebirge ist durch seine Vielfalt so unglaublich spannend, dass sich die Themen, über die sich zu diskutieren lohnt, nie erschöpfen."
Spätestens Ende nächsten Jahres allerdings sollte zumindest ein Zwischenergebnis der ganzen Arbeit vorliegen. Denn dann wollen Yvonne Müller und ihr Team im Fichtelgebirgsmuseum eine Ausstellung dazu zeigen. "Dokumentiert werden soll dann aber auch der Prozess, wie es zu den Ergebnissen gekommen ist", kündigt sie an, "so dass die Bürger, die mitgemacht haben, auch sehen, was aus ihren Vorschlägen geworden ist." Dass sich nicht jeder mit denselben Dingen wird identifizieren können, ist ihr klar. Doch Yvonne Müller sagt: "Zu einem Status quo wird man nie kommen. Identität ist ja im Wandel."