Premiere beim Theatersommer

Von Michael Weiser
25 Jahre Fränkischer Theatersommer: Claudia Raab und Stefanie Rydell in der Titelrolle von „Lysistrata“. Foto: Christoph Ackermann Foto: red

Beifall für die Premiere des Musicals „Lysistrata“ und Genugtuung über das neue Domizil des Theatersommers: Im Schloss Oberaufseß geht auf der Bühne und hinter den Kulissen ein langer Streit zu Ende. Was sich nicht ändern soll: Der Theatersommer wird weiterhin weit übers Land ziehen. Das versichert Intendant Jan Burdinski.

 
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Wie es doch laufen kann im Wonnemonat. Man kommt an in der Wärme eines sonnigen frühen Abends, später wandern die Schatten übers Schlossgemäuer, der Wind frischt auf, und auf einmal stellt sich der vermeintliche Sommertag als Frühlingstag heraus. Angemessen kühl also, weswegen bei der Premiere von „Lysistrata“ im Hof von Schloss Oberaufseß so mancher Zuschauer zunächst ordentlich friert. Nicht weiter schlimm, wenn man in der Pause aufrüsten kann; zudem liegen ausreichend Decken bereit.

Und dann kann man sich ja an der Musikkomödie um die „Heeresauflöserin“ erfreuen, vom Fränkischen Theatersommer unterhaltsam, mit Zoten (die gab es tatsächlich schon in der antiken Vorlage) und viel Gesang auf die Bühne gebracht.

Suche ist zu Ende

Viele Zuschauer – vor allem die der kommunalpolitischen Prominenz – erwärmen sich offenbar auch am vorläufigen Abschluss einer langen Suche. Der Fränkische Theatersommer hat jetzt ein Domizil. Genauer: zwei Domizile. Vorerst bleibt er also noch ein bisschen in Hollfeld, dort behält er seinen „Sitz“; weite Teile der Arbeit aber, die Proben vor allem, werden schon bald im Landkreis Lichtenfels geleistet werden. Wer genauer hinhörte, kann sich denken, dass überhaupt die Tage des Theatersommers in Hollfeld gezählt sind. Auch der „Sitz“, also Büros mit der Verwaltung, wird über kurz oder lang nach Kutzenberg (Gemeinde Ebensfeld) umziehen, da kann Bernd Matthes, Chef des Trägervereins, noch so oft betonen, man habe doch nur ein „zweites Standbein“ gesetzt.

Wer das ganze Hin und Her mit Verbleib in Hollfeld oder dem Umzug nach Forchheim oder ganz woandershin als Tauziehen ansieht, kann sich am Premierenabend mit fairen Verlierern unterhalten. Mit Uwe Kirschstein etwa, dem Oberbürgermeister von Forchheim, der sich lange für den Umzug des Wandertheaters in seine Stadt eingesetzt hat. „Ich nehm’ das sportlich“, sagt der schlanke und mit Anzug und dünnem Hemd entschieden zu leicht bekleidete Mann. Überhaupt: „Es wäre ein dicker Brocken, so eine Bühne zu beherbergen, selbst für eine vergleichsweise wohlhabende Kommune wie Forchheim.“

Eigentlich egal, wo

Ähnlich äußert sich Karin Barwisch, die Bürgermeisterin von Hollfeld. „Es hat mich getroffen“, räumt sie ein; andererseits: „Es ist eigentlich nicht weiter wichtig, wo der Sitz ist. Hauptsache ist, der Theatersommer zieht weiter übers Land.“ Weil eben das dazu beitrage, dass Kultur auch außerhalb der Städte zu sehen sei und damit das Land nicht weiter abgehängt werde. Was die oberfränkische Mission des Theatersommers angeht, sieht es der Bayreuther Landrat Hermann Hübner ähnlich.

Bezirkstagspräsident Günther Denzler hat den Umzug eingefädelt. Da eine Immobilie ohne Nutzer, dort ein potenzieller Nutzer ohne passende Immobilie: Das sollte doch passen. Und so wird der Theatersommer Stück für Stück in den ehemaligen Gutshof in Kutzenberg ziehen, eine Schenkung an den Theatersommer. Der Bezirk will darüber hinaus einiges tun. Zum Beispiel erst mal 230 000 Euro investieren, um das Gebäude in Schuss zu bringen. „Hm, ja, aber das wird dauern“, sagt Bernd Matthes, man werde also für längere Zeit auch noch in Hollfeld bleiben.

Der springende Punkt: Wie fast jedes andere Theater in Deutschland auch muss der Theatersommer unterstützt werden. Mit dem Problem, dass ein guter Teil der Fördergelder gleich in Mieten fließt. Probebühnen, Requisiten, Kulissen – alles braucht Raum. Raum kostet, 25 000 Euro pro Jahr, sagt Matthes, nun habe man schon zwei Verträge kündigen können, was schon mal ein Drittel der Miete einspare. Heidrun Piwernetz deutet am Premierenabend weitere Hilfe an. Die Oberfrankenstiftung dürfe zwar nicht den Betrieb mitfinanzieren, stellt die Regierungspräsidentin fest, sie könne aber sehr wohl die Investition in ein neues Hauptquartier fördern. Sieht also noch ein bisschen mehr so aus, als ob auch der „Sitz“ bald nach Kutzenberg wandern könnte.

Hauptsache, er schaut vorbei

Der Theatersommer ist nur dann fränkische Landesbühne, wenn er weiter übers Land tingelt. Natürlich, sagt Intendant Jan Burdinski, er hege keine Absicht, von der Lebensform des theatralen Nomadentums abzusehen. Ein Drittel der Aufführungen werde man weiterhin im Landkreis Bayreuth anbieten. Der Forchheimer Uwe Kirschstein sagt: „Wo der Fränkische Theatersommer sitzt, ist eigentlich egal. Hauptsache, er schaut auch bei uns vorbei.“ Burdinski sagt, er werde da gerne dabei sein, und überhaupt, der schöne Gutshof: „Das ist ein Geschenk. Ich konnte es selbst nicht glauben.“ Er strahlt, noch immer. Vor einem Dreivierteljahr wurde der Umzug angebahnt, seit zwei Wochen offenbar ist man sich einig. Zum 25-jährigen Jubiläum seines Theaterprojekts ist das Geschenk bekannt gemacht worden, und zur wichtigsten Spielzeit-Premiere gibt es auch noch viel Beifall.

Lauter glückliche Theaterleute also. Nur Bernd Matthes sinniert mal ganz kurz und vielleicht nur halb im Spaß, ob man da nicht ein „Danaergeschenk“ erhalten habe. Die Gabe der Danaer ist im Krieg um Troja das hölzerne Pferd, das die listigen Griechen beim vorgetäuschten Rückzug zurückgelassen haben. Die Trojaner schleppen es im voreiligen Siegestaumel als Weihegabe hinter die Mauern ihrer Stadt – und holen sich den Tod. Denn das Riesenross birgt in seinem Bauch feindliche Krieger. So viel Eroberungswille wird vom Bezirk hoffentlich nicht zu erwarten sein.

In Schloss Oberaufseß ist die Geschichte aus der Antike ohnehin eine ganz andere. Die „Heeresauflöserin“ also, frei nach Aristophanes: Des männermordenden Krieges überdrüssig, übernehmen die Frauen das Regiment und strafen die tumben Männer mit einem Sex-Streik.

So kehrt ganz schnell Friede ein. Wie es doch laufen kann...

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