Polizei: "Kein Grund zur Panik"

Von Andrea Pauly

Über einen großen Weihnachtsmarkt bummeln, in der Sporthalle die Lieblingsmannschaft anfeuern, beim Konzert mit der Menge feiern – nach den Anschlägen von Paris bleibt bei vielen ein mulmiges Gefühl, wenn sie den Besuch einer Großveranstaltung planen. Das ist normal, sagt der Bayreuther Psychologe Michael Purucker.

 
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Eine konkrete Gefahrenlage für Oberfranken gebe es derzeit nicht, sagt Alexander Czech, Sprecher im Polizeipräsidium Oberfranken. „Es besteht kein Grund zur Besorgnis für die Bevölkerung.“ Gerade was Großveranstaltungen und Weihnachtsmärkte angehe, „sind wir sehr wachsam“. Das Präsidium stehe im ständigen Kontakt mit anderen nationalen Behörden und Kollegen aus dem Ausland sowie dem Verfassungsschutz. „Wir sind immer auf dem aktuellen Stand, damit wir alle Situationen beurteilen und frühzeitig reagieren können.“ Es bestehe kein Grund zur Panik, betont Czech. „Das wäre fehl am Platz.“

Sorge vor Anschlägen ist "Realangst"

Nach Angaben von Michael Purucker, Leitender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bayreuther Bezirkskrankenhaus, ist die Sorge, dass irgendwo eine Bombe hochgehen könnte, nach den Anschlägen in Paris, der Absage des Fußball-Länderspiels in Hannover und der höchsten Warnstufe in Brüssel „eine Realangst“. Und diese gehöre zum normalen Spektrum der Gefühle.

Angst schützt vor Gefahren

Angst ist eine psychologisch sinnvolle Reaktion: Ohne sie würden die Menschen Gefahren nicht erkennen. Sie sei nur dann Symptom für eine Erkrankung, „wenn sie in einer objektiv nicht bedrohlichen Situation eintritt, wenn sie über diese hinausreicht und wenn sie gegenüber dem Anlass unangemessen stark ist“, zählt der Facharzt auf. Ständiges Grübeln über Angst, Schlafstörungen, psychosomatische Beschwerden wie Schwindel, Benommenheit und Herzrasen und das Gefühl, dass die Angst das Leben diktiert und ständig ohne nachvollziehbaren Anlass präsent ist, sind Warnsignale, sagt der Bayreuther Mediziner. „Dann sollte man über professionelle Hilfe nachdenken.“

Räumliche Nähe spielt eine Rolle

Die räumliche Nähe zu den Anschlagsorten ist nach Angaben von Purucker mit entscheidend dafür, dass nun auch Menschen in der Region Angst vor Terrorakten – und damit um ihr Leben haben. Zudem seien die Deutschen eine solche existenzielle Bedrohung nicht gewohnt: „Wir haben einfach sehr lange in einem sorgenfreien Land gelebt. In anderen Ländern bestimmt reale Angst den Alltag“, sagt Purucker.

Abgestellte Koffer sind besonders verdächtig

Seit dem Terroranschlag in Paris vor zwei Wochen hat Polizeisprecher Czech in der Bevölkerung zwar keine Panik, aber eine erhöhte Aufmerksamkeit festgestellt. „Die Bürger sind sehr sensibilisiert und machen uns rege Mitteilungen.“ Gerade Meldungen aus sozialen Netzwerken oder von anderen Internetseiten gingen vermehrt bei der Polizei ein. „Diese Anrufe bekommen wir sonst auch. Aber man merkt, dass die Leute sensibler als sonst reagieren. Diesen Sachen gehen wir sofort nach. Wir nehmen sie sehr ernst.“

Verdächtiges der Polizei melden

Die Beamten sind dankbar für Hinweise. „Alles, was verdächtig ist, sollte man uns melden“, sagt Alexander Czech, „gerade abgestellte Koffer, die niemandem zuzuordnen sind.“ Ihm sei es lieber, der Notruf werde einmal zu oft gewählt als einmal zu wenig.

Die Erfahrung zeige zwar, dass nach Ereignissen wie in Paris die Angst präsenter sei, sagt Facharzt Michael Purucker. Aber sie zeige auch, dass sie im Lauf der Zeit wieder abnehme und vom normalen Tagesgeschäft überlagert werde. „Letzlich ist es eine Tatsache, dass Gefahren auch verdrängt werden.“

 

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