Planet in der Todeszone Der untote Planet 8 Ursa minoris b

Markus Brauer
Warum wurde der Exoplanet 8 Ursa minoris b nicht bei der Roter-Riese-Phase seines Sterns verschlungen? Foto: © Gemini Observatory/NOIRLab/NSF/AURA/M. Garlick/M. Zamani

Mehr als 5300 Exoplaneten sind bisher entdeckt worden. Ein besonders rätselhafter Himmelskörper ist 8 Ursa minoris b. Obwohl sein Heimatstern sich zum Roten Riesen aufblähte, ist er nicht von ihm verschlungen worden. Warum? Astronomen könnten nun eine Antwort auf des Rätsels Lösung gefunden haben.

 
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Beim Stichwort „Zombie-Planeten“ denkt man unwillkürlich an eine Welt, auf der untote Wesen oder gierige Aliens leben, die unentwegt auf der Suche nach fleischlicher Nahrung sind. Abgesehen davon, dass sogenannte Zombies wissenschaftlich erwiesenermaßen nur in der Fiktion existieren, gibt es Zombie-Planeten tatsächlich.

Zombie-Sterne in der Astronomie

In der Astronomie sind damit Sterne und Planeten gemeint, die eine Supernova überlebt haben. Doch es bedarf nicht eines solchen apokalyptischen Szenarios, bei dem ein massereicher Stern am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion selbst vernichtet wird.

Auch Rote Riesen – also Sterne von großer Ausdehnung und extrem hoher Leuchtkraft – und auch viele normale, mittelalte Sterne können Planeten verschlingen. Astronomen haben jüngst entdeckt, dass rund jeder zwölfte Stern in seiner normalen Lebensphase bereits mindestens einen Planeten verschlungen hat.

Rätselhafter Fall von Exoplanet 8 Ursa minoris b

Doch auch das Gegenteil ist möglich. Ein besonders rätselhafter Fall ist der Exoplanet 8 Ursa minoris b (Exoplaneten sind Planeten, die andere Sterne als unsere Sonne umkreisen), der nicht von seinem aufgeblähten Stern 8 Ursa minoris verschlungen wurde.

Der rund 530 Lichtjahre von der Erde entfernte Stern ist nicht alt genug und chemisch zu „normal“, um eine Verschmelzung durchlebt zu haben, wie die Astronomen um Huiling Chen von der Universität Peking jetzt berichten. Ihre Studie ist im Fachmagazin „Astrophysical Journal Letters“ erschienen.

Exoplanet liegt in einer Todeszone

Wenn ein Stern zum Roten Riesen wird, bläht er sich so stark auf, dass alle Planeten in seinem näheren Umfeld von ihm verschlungen werden. Auch die Erde wird eines fernen Tages dieses Schicksal erleiden.

Eine Supernova ist das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines massereichen Sterns am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei welcher der ursprüngliche Stern selbst vernichtet wird. Seine Leuchtkraft nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu, so dass er für kurze Zeit so hell strahlt wie eine ganze Galaxie.

Der Exoplanet 8 Ursa minoris b umkreist den Red-Clump-Stern 8 Ursa minoris: Einen Stern, der zuvor ein Roter Riese war und dann wieder  schrumpfte. Foto: © W. M. Keck Observatory/Adam Makarenko

Umso überraschter waren Huiling Chen und ihr Team, als sie vor einen Exoplaneten entdeckten, der offenbar völlig unbeschadet mitten in der intergalaktischen Todeszone kreiste. Sein Stern, der rund 530 Lichtjahre entfernte 8 Ursa minoris, hat seine Roter-Riese-Phase bereits hinter sich und ist nun ein Red Clump (Roter Klumpen). Das heißt: Ein Stern, der zuvor ein Roter Riese war und dann wieder schrumpfte.

Was stoppte die Vernichtung des Exoplaneten durch seinen Heimatstern?

Die Berechnungen der Forscher ergaben Erstaunliches: Während sich Stern 8 Ursa minoris während seiner Expansion als Roter Riese bis auf einen Radius von 100 Millionen Kilometer ausgedehnt hatte, kreiste sein Planet 8 Ursa minoris b in 75 Millionen Kilometern entfernt um ihn.

Eigentlich hätte der Planet von seinem aufgeblähten Stern verschlungen werden müssen. Doch offenbar entging der Exoplanet seinem vorzeitigen Exitus, weil die Verschmelzung mit einem nahen Begleitstern das Aufblähen des Roten Riesen vorzeitig beendete, vermuten die Forscher.

Alter von Stern 8 Ursa minoris gibt Hinweise

Mithilfe von Daten des Gaia-Teleskops und hochauflösender Spektren des Observatoriums der Haute-Provence in Frankreich ermittelten die Wissenschaftler das Alter und die chemische Zusammensetzung von 8 Ursa minoris. Das Ergebnis: Der Stern ist deutlich jünger als bisher angenommen. „Die kinematischen und chemischen Ergebnisse zeigen, dass das wahre Alter dieses Systems bei 3,25 bis 3,5 Milliarden Jahren liegt“, schreiben die Forscher in ihrer Studie.

„Damit ist 8 Ursa minoris ein erst mittelalter Stern und zu jung, um eine Doppelstern-Verschmelzung durchlaufen zu haben.“ Hätte es eine Verschmelzung gegeben, würde man ein Alter von mindestens neun Milliarden Jahren erwarten, wie das Team weiter erklärt.

Der Exoplanet 8 Ursa minoris b wurde bei der Rote-Riesen-Phase seines Heimatsterns nicht verschlungen Foto: . © Gemini Observatory/NOIRLab/NSF/AURA/M. Garlick/M. Zaman /i

In der Masse des Roten Riesen könnte des Rätsels Lösung liegen

Die Ausgangsfrage aber bleibt: Wie konnte Exoplanet 8 Ursa minoris b der Vernichtung durch seinen Roten-Riesen-Stern entgehen? Den Messungen zufolge ist der Stern 8 Ursa minoris 1,7 Sonnenmassen schwer – also rund 13 Prozent schwerer als zuvor angenommen. „Dies könnte der Schlüssel zur Lösung des Rätsels sein“, betonen die Experten.

Denn ein Stern von dieser Masse dehnt sich auf dem Höhepunkt seiner Roter-Riese-Phase weniger weit aus als ein leichterer, weniger dichter Stern. Gleichzeitig korrigiert dies auch die Umlaufbahn des Planeten ein wenig weiter nach außen.

„Eine leicht höhere Sternenmasse kann damit die Chance für einen Planeten erhöhen, dem Verschlungenwerden durch den Roten Riesen zu entgehen“, berichtet Huiling Chen. „Um das Rätsel dieses Planetensystems zu lösen, sind weitere Untersuchungen nötig.“

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