Fußballgott, das Original: So war das 1954 in Bern mit Toni Turek.
Auf welcher Position würde Jesus spielen?
Loscher (überlegt): Auf der Position des Schwächeren, weil das seine Seite ist. Oder wäre er Schiedsrichter? Die Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach schrieb dazu: "Der Platz des Unparteiischen ist auf Erden zwischen den Stühlen, im Himmel aber wird er zur Rechten Gottes sitzen." Wenn ich aber nachdenke, kommt nur eine Position in Frage: Libero. Jesus stürmt als gutes Beispiel voran und gibt dem Ganzen seinen Halt, auch in Zeiten der Niederlage.
Viele Kirchen sind am Sonntag fast leer, die Zuschauerränge der Fußballplätze aber voll. Woran liegt das?
Loscher: Das liegt daran, dass die Predigt oft langweilig ist und die Pfarrer von der Kanzel über die Sportler und deren Marotten schimpfen. Im Ernst: Die Pfarrer sollten auch mal von ihrem hohen Ross heruntersteigen und sich bei den Fußballern sehen lassen. Warum nicht einen Gottesdienst auf dem Fußballplatz feiern? Wir haben das in Laineck schon mehrere Male gemacht.
Fluchen, jubeln, weinen: Bei gläubigen Menschen sind solche heftigen Gefühlsäußerungen in Bezug auf Gott relativ selten. Aber wenn die Deutschen in der 90. Minute das Gegentor kassieren, fließen die Tränen. Warum schaffen das 22 Männer, die einem Ball hinterherlaufen - aber nicht die Religion?
Loscher: Ich glaube, dem Menschen ist das "schneller, höher, weiter" eingeboren. Beim Fußball hat man die Freude am Spiel, am Sieg direkt vor Augen. Ein Pfarrer, der seine Predigt im stillen Kämmerlein ausgebrütet hat, bringt seine Botschaft oftmals nicht so direkt rüber.
Vielleicht kann und will die Kirche aber damit gar nicht mithalten. Christus sagt schließlich zum Apostel Paulus: "Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig" Es geht also um Demut. Sport ist ein Spiegel des Lebens, der Leistungsgesellschaft. Die Kirche muss den Menschen helfen, nach dem Wettkampf wieder zurecht zu kommen - und zwar nicht nur den Siegern.
Der Bayreuther Klaus Loscher ist evangelischer Pfarrer im Ruhestand und war Jahrzehnte Schiedsrichter. Seine Magisterarbeit hat er über die Einstellungen aktiver Sportler zur Volkskirche in Oberfranken geschrieben. Heute pfeift er noch beim Bolzplatzturnier des Stadtjugendamts.