Peggy „Wir haben hinreichend bewiesen, dass Ulvi K. nicht der Täter ist.“

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 Foto: red

Was im Fall Gustl Mollats gut war, kann für den Fall Peggy nicht schaden: Michael Euler (34), Anwalt von Ulvi K. (35), setzt auf den Druck der Öffentlichkeit. Schon zur Übergabe seines mehr als 1000-seitigen Wiederaufnahme-Antrages mittags am Landgericht in Bayreuth hatte er Zeitungen, Agenturen, Radio- und Fernsehteams bestellt.

 
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Fast eine Stunde antwortet Euler bei drei Grad Kälte die Fragen aller Journalisten. Sein Vater, Hans-Joachim Euler (65), schleppt im Umzugskarton die sechs Aktenordner an. Ein Sprecher des Gerichtes wollte das Aufgebot nicht kommentieren, räumte aber ein: „Für ein Landgericht ist das nicht an der Tagesordnung.“ Selbst sein Mandant Ulvi K. bekommt mit, wer was in seiner Sache berichtet. Er tue sich zwar schwer mit Lesen, sagt seine Mutter. Aber die Mitpatienten würden es ihm vorlesen. „Natürlich freut er sich dann.“

Die mediale Aufmerksamkeit, die Euler aufgebaut hat, hat gewirkt: Ein Dokumentar-Film schaffte im vergangenen Jahr noch zusätzliche Aufmerksamkeit, was noch mehr Journalisten anlockte. Im Mai wird sogar ein Buch erscheinen über den Fall Peggy. Darüber freut sich auch Gudrun Rödel (64). Sie ist die Betreuerin von Ulvi K. und sie ist die Sprecherin der Bürgerinitiative, in dem sie seit sechs Jahren um „Gerechtigkeit für Ulvi K.“ kämpft. Ihr Mann bezeichnet es als ihre „Lebensaufgabe“. Irgendwann hat sie gemerkt: „Hier stimmt was nicht.“ Und hat Indizien gesammelt, die dies belegen sollten. Und 2010 hat sie Euler den Auftrag gegeben: Akten sichten mit dem Ziel, den Prozess nochmal neu aufzurollen. Donnerstag verkündete er: „Wir haben hinreichend bewiesen, dass Ulvi K. nicht der Täter ist.“

Ulvi K. soll 2001 die damals neunjährige Peggy in Lichtenberg ermordet haben, wofür er 2004 verurteilt wurde. Die Leiche des Kindes wurde nie gefunden. K. ist seit 2004 im Bezirkskrankenhaus in Bayreuth untergebracht, weil er Kinder sexuell missbraucht hat.

Ein Hoffnungsschimmer

Eine „schöne Nacht“ soll er gehabt haben, der Ulvi. Hat er seiner Mutter erzählt, als sie ihn an Ostern besuchte. Ulvi K. habe geträumt, dass man die Peggy gefunden habe. Und dann habe es ein großes Fest gegeben in Lichtenberg. Dem Ort, an dem 2001 die neunjährige Peggy spurlos verschwand. Angeblich ermordet von dem geistig zurückgebliebenen Ulvi K., der seit 2004 in der Bezirksklinik Bayreuth untergebracht ist. Seine Mutter hat genau Ulvi erklärt, was gestern passiert ist: Der Frankfurter Anwalt Michael Euler (32) hat mehr als 1000 Seiten beim Landgericht in Bayreuth abgegeben. Auf diesen hat er erklärt, warum Ulvi nicht der Mörder sei könne. Und seine Mutter, Elsa K. (76) wiederholt: „Ulvi hatte eine schöne Nacht.“ Seufzer. Und auch sie habe einen „Hoffnungsschimmer“, dass der „Vorwurf“ ausgeräumt werde, ihr Sohn sei ein Mörder. Riesenseufzer.

Aber trotzdem hat die Wirtin, die immer noch in der Küche steht, zwei Kannen frischen Kaffee mitgebracht. Denn der Frankfurter Anwalt will den Inhalt seiner 1000 Seiten vorstellen. Symbolträchtig trifft man sich nachmittags in der Schlossklause, der Kneipe an der höchsten Stelle im 1000-Seelenort Lichtenberg. Dort oben, wo Peggy laut Polizeibericht das letzte Mal gesehen worden sein soll. Wieder sind Fernsehteams da, Journalisten – wie vor neun Jahren. Nur habe es damals nur „negative Pressebericht-Erstattung“ gegeben. Und so sei, sagt Euler, jeder davon ausgegangen: „Ulvi ist der Täter.“ Deshalb setzt er jetzt auf Öffentlichkeit, was er auch einräumt. „Da müssen wir auch pressemäßig dran arbeiten“, sagt er.

Zum Fall des angeblich zu Unrecht in der Psychiatrie untergebrachten Gustl Mollath zieht Euler immer wieder Vergleiche. Auch hier habe nur „der Druck der Öffentlichkeit“ geholfen, in die Nähe eines Wiederaufnahme-Verfahrens zu kommen.


Die ausführlichen Artikel lesen Sie in der Freitagsausgabe (5. April) des Kuriers.

Foto: Wittek

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