Parteien Wagenknecht kritisiert Ramelow für Niedriglohnsektor

Sahra Wagenknecht und Bodo Ramelow 2018 auf einem Bundesparteitag der Partei Die Linke. Foto: Britta Pedersen/dpa/Archivbild

Seit Jahren gehört Thüringen zu den Bundesländern mit einem vergleichsweise niedrigen Lohnniveau. Dafür wird der Linke-Ministerpräsident nun von einer ehemaligen Parteifreundin angegriffen.

 
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Berlin/Erfurt (dpa/th) - Die Bundestagsabgeordnete und Ex-Linke Sahra Wagenknecht hat Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) vorgeworfen, zu wenig bei der Eindämmung des Niedriglohnsektors erreicht zu haben. "221.000 Arbeitnehmer in Thüringen verdienen unter 14 Euro in der Stunde. Mehr als jeder Vierte. Viele haben sogar weniger als 13 Euro. Thüringen hat damit den zweitgrößten Niedriglohnsektor Deutschlands", erklärte Wagenknecht in Berlin. "Nach zehn Jahren Bodo Ramelow als Ministerpräsident sind das enttäuschende Zahlen. Ramelow ist kein Landesvater der Arbeiter." Thüringens Linke-Vorsitzende Ulrike Grosse-Röthig wies die Kritik als unberechtigt zurück.

Wagenknecht berief sich auf Angaben des Statistischen Bundesamtes auf eine Anfrage, die sie im Bundestag gestellt hatte. Sie hat nach ihrem Austritt aus der Linken in diesem Jahr die Partei Bündnis Sahra Wagenknecht gegründet, die auch bei der Landtagswahl in Thüringen im September antreten will.

"Lohnabstandsgebot eklatant verletzt"

Aus Thüringen sei in den vergangenen Jahren "viel zu wenig Druck für bessere Löhne" gekommen. "Das wichtige Lohnabstandsgebot wird eklatant verletzt, wenn so viele unter 14 Euro bleiben". Niedriglöhne würden das Arbeitskräfteproblem befördern und die Gesellschaft belasten, erklärte Wagenknecht. "Wir brauchen einen Mindestlohn von mindestens 14 Euro." Damit könnten auch die Steuer- und Beitragszahler in Thüringen entlastet werden. Der Mindestlohn in Deutschland war zu Jahresbeginn auf 12,41 Euro erhöht worden.

Die Mindestlohn-Forderung von Wagenknecht liege noch einen Euro unter der der Linken, die sich für 15 Euro pro Stunde einsetze, sagte Grosse-Röthig. Zudem habe Thüringens rot-rot-grüne Regierung zusammen mit anderen Landesregierungen mit Linke-Beteiligung in den vergangenen Jahren insgesamt drei Vorstöße im Bundesrat unternommen, um die Hürden für Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen zu senken. "Das würde für mehr Tarifbindung gerade in Ostdeutschland sorgen", sagte die Chefin der Thüringer Linken der dpa. "Leider gab es dafür in der Länderkammer keine Mehrheiten." Grosse-Röthig verwies zudem auf die Thüringer Diskussion über eine Regelung, nach der Unternehmen, die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zum Zuge kommen wollen, nicht nur Mindestlohn, sondern noch einen Zuschlag von 1,50 Euro pro Stunde zahlen sollen.

Jeder Vierte mit Stundenlohn unter 14 Euro

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes, das eine Verdiensterhebung im April 2023 zugrunde legte, bekamen in Thüringen 16,5 Prozent der Beschäftigten einen Bruttostundenlohn von unter 13 Euro, 25,8 Prozent von unter 14 Euro. Thüringen lag damit allerdings nur geringfügig unter dem Durchschnittswerten der neuen Bundesländer insgesamt, deutlicher aber unter den Werten beispielsweise im Nachbarland Sachsen.

Im Schnitt der neuen Länder bekamen nach den Daten des Bundesamtes 16,1 Prozent der Beschäftigten einen Bruttostundenlohn unter 13 Euro, in Sachsen 15,2 Prozent. 25,0 Prozent erhielten im Ost-Durchschnitt unter 14 Euro, in Sachsen 24,1 Prozent. Knapp zwei Drittel der Beschäftigten in Ostdeutschland lagen danach unter 20 Euro beim Bruttostundenverdienst. Betrachtet wurden laut Bundesamt abhängige Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

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