Olympischer Rekord
Elaine Thompson-Herah rannte so flott, dass sie es sich leisten konnte, schon einige Meter vor dem Zielstrich den Arm in die Luft zu recken. Trotzdem lief die Jamaikanerin, die auch 2016 in Rio triumphiert hatte, unglaubliche 10,61 Sekunden. Das bedeutete olympischen Rekord. Und die zweitschnellste Zeit der Leichtathletik-Geschichte. Nur die ebenso unvergessene wie umstrittene Florence Griffith-Joyner (USA) war vor 33 Jahren bei ihrem Fabelweltrekord von 10,49 Sekunden noch schneller. Thompson-Herah siegte vor Weltmeisterin Fraser-Pryce (10,74 Sekunden), die vier Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Zyon ihr drittes Olympia-Gold über 100 Meter nach 2008 und 2012 verpasste. Auf Rang drei kam Shericka Jackson (10,76). Das Duo würdigte die ungeliebte Rivalin nach dem Rennen kaum eines Blickes. „Ich kann keine Worte finden, es war perfekt“, sagte Thompson-Herah nach ihrem Erfolg im leeren Olympiastadion, „ich habe laut geschrien, so glücklich war ich. Ich wusste, dass eine solche Zeit drin liegt.“ Nach der sich allerdings auch Fragen stellten. Es löst in einer dopingbelasteten Disziplin wie dem Sprint immer ungute Gedanken aus, wenn eine Nation derart dominiert wie in Tokio Jamaikas Frauen. Erst recht beim Blick auf die Zeit der Siegerin. Dazu kommt die allgemein ziemlich rasante Leistungsentwicklung, zum Beispiel von der US-Amerikanerin Sha’Carri Richardson, die sich in dieser Saison erst auf 10,72 Sekunden steigerte, dann aber wegen des Konsums von Cannabis das Olympia-Startrecht verlor. Und natürlich die Geschichte von Blessing Okagbare.