Note 1,0 Luisa Schinner „baut“ Traumabitur

Die 19-jährige Abiturientin des Luisenburg-Gymnasiums erreicht die Note 1,0 und holt 878 von 900 möglichen Punkten. Zum Studium geht die junge Frau aus Mehlmeisel nach Passau.

 
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Wunsiedel - Das erlebt selbst ein gestandener Schuldirektor wie Joachim Zembsch nicht alle Jahre. Im Gegenteil: „So weit ich mich erinnern kann, habe ich das in meinen zwölf Jahren am Luisenburg-Gymnasium Wunsiedel noch nicht erlebt.“

Es geht um die beste Abiturientin an der Wunsiedler Schule, Luisa Schinner. Sie „baute“ ihr Abitur mit der Traumnote 1,0. Allerdings würden die 878 von 900 erreichten Punkte einen Schnitt von fiktiven 0,9 bedeuten. Zur Höchstform lief die 19-Jährige in den abschließenden Abiturprüfungen auf. Hier erreichte die junge Frau aus Mehlmeisel sagenhafte 296 von 300 Punkten.

Mit einer derartigen Vorqualifikation stehen Luisa Schinner selbstverständlich alle Türen in Sachen Ausbildung offen. Auch den Weg über das Maximilianeum in München hätte sie beschreiten können. Die Voraussetzungen waren mehr als erfüllt.

Da hätte auch das Lugy mit seiner Schulleitung mitgespielt, erklärt Zembsch. Jedes Jahr haben demnach die Leiterinnen und Leiter sämtlicher Gymnasien sowie der Fach- und Berufsoberschulen in Bayern und der linksrheinischen Pfalz, die bei der Gründung der Stiftung 1852 noch zu Bayern gehörte, die Möglichkeit, hochbegabte Schülerinnen und Schüler der 12. beziehungsweise 13. Jahrgangsstufe für die Aufnahme in die Stiftung Maximilianeum für Jungen oder die Wittelsbacher Jubiläumsstiftung für Mädchen vorzuschlagen.

Ausgezeichnete Leistungen

Um dafür in Betracht zu kommen, sind ausgezeichnete schulische Leistungen Voraussetzung. Die Bestimmungen der Stiftung verlangen darüber hinaus, dass man schon einige Zeit in Bayern oder in der Pfalz wohnt („bayerisches Indigenat“) sowie ein „christliches Glaubensbekenntnis und tadellose sittliche Führung“ vorweisen kann. Vermögensverhältnisse und Elternhaus spielen keine Rolle. Studierende der Theologie für ein Kirchenamt und der Medizin dürfen gemäß den Grundbestimmungen nicht aufgenommen werden. Und: „Eine Selbstbewerbung ist nicht möglich.“

Unter anderem darf dabei keine der eingebrachten Halbjahresleistungen unter 13 Punkten liegen. In mindestens zwei der fünf Abiturprüfungsfächer (darunter eines der Fächer Deutsch, Mathematik und fortgeführte Fremdsprache) müssen in allen Einzelleistungen mindestens 13 Punkte erbracht worden sein (große Leistungsnachweise sowie der Durchschnitt der kleinen Leistungsnachweise).

Alle Kriterien erfüllt

„Im Rahmen der Abiturprüfung müssen die fünf Einzelleistungen mindestens viermal 13 Punkte und höchstens einmal zwölf Punkte betragen, und keine der nicht eingebrachten Leistungen darf mit 0 Punkten bewertet worden sein“, erklärt Schulleiter Zembsch und fügt – nachdem er kurz im Kopf nachgerechnet hat, hinzu: „Luisa hat im Schnitt 14,66 Punkte erzielt“ – und damit alle diese Kriterien erfüllt.

Doch die Abiturientin entschied sich anders: „Ich wollte nicht nach München.“ Der Studiengang, den sie gewählt hat, heißt European Studies und wird in Passau angeboten. Bereits im Oktober beginnt für Luisa Schinner das erste Semester. Deshalb ist sie nach der offiziellen Abitur-Verabschiedung vor einer Woche nicht untätig gewesen und hat sich bereits in der Drei-Flüsse-Stadt auf die Suche begeben, sich verschiedene Wohnungen und Wohngemeinschaften angesehen und hat auch schon eine Bleibe in Aussicht.

European Studies

„Passau ist von der Lage her genau richtig“, freut sich Luisa bereits jetzt. Bayreuth wäre ihr zu nah an der Heimat gewesen. „Ich wollte schon ein wenig weiter weg.“ Von Niederbayern aus könne sie auch schnell heimfahren. Die Wahl des Studienfachs erklärt die künftige Studentin einfach: „Ich habe mich schon immer für Sprachen interessiert.“ Und die, unter anderem, stehen in dem Studiengang European Studies im Mittelpunkt.

Den Fokus legt Luisa dabei auf Englisch und Französisch. Der Studiengang umfasst aber noch verschiedene Fachrichtungen, die sich mit Europa, seinen Gesellschaften und Kulturen beschäftigen. Neben den beiden Sprachen muss sich Luisa Schinner nun noch für Seminare in europäischer Politik oder Kultur sowie europäischer Geografie und Geschichte entscheiden.

Um die Zeit bis zum Studienbeginn zu überbrücken, will die 19-Jährige im Sommer noch etwas ausspannen und Freunde besuchen. Zudem gilt es, einen Sprachkurs nachzuholen, der im vergangenen Jahr corona-bedingt ausfallen musste. Drei Wochen in der irischen Hauptstadt Dublin stehen jetzt erst einmal an. Auch will sie ihren Hobbys Wandern und Fahrradfahren nachgehen; für das Engagement im Faschingsverein in Mehlmeisel bleibt wegen des Studiums aber wohl keine Zeit mehr, bedauert die Abiturientin. Es überwiegt die Vorfreude auf den im Herbst beginnenden „einzigartigen Studiengang“. Denn auch die Zahlt der Teilnehmer, die European Studies gewählt haben, sei, ebenso wie die Stadt Passau, überschaulich, sagt Luisa Schinner.

Etwas Wehmut über den Abschied vom Lugy schwingt dennoch mit. Denn die letzten eineinhalb Jahre waren für alle Abiturienten wegen der Pandemie nicht leicht. Feiern und Fortgehen waren kaum möglich. „Es war sehr selten, dass sich der gesamte Abiturjahrgang auf einmal treffen konnte“, bedauert die Absolventin und: „Der außerschulische Austausch mit den anderen hat schon gefehlt.“ Denn nach den Video-Konferenzen habe sich jeder ausgeloggt. Es blieben die Whats-app-Gruppen, mit denen sich die einzelnen Kurse vernetzten. Nach Ostern seien zwar alle wieder im Präsenzunterricht in der Schule gewesen, danach galt es aber wieder, sich zu Hause auf das Abitur vorzubereiten. Und das gelang Luisa Schinner.

Dickes Lob

Dafür gibt es auch ein dickes Lob von Oberstufenbetreuerin Ursula Waldmann, die den Jahrgang seit der zehnten Klasse begleitete. „Luisa war schon immer eine gute Schülerin, hat sich in den letzten zwei Schuljahren aber noch gesteigert“, betont Waldmann. Gleichzeitig betont die Mentorin die Stärken ihrer Schülerin: „Luisa ist eine fleißige, verlässliche und sehr ehrgeizige junge Dame – und sehr aufnahmefähig.“ Zudem habe die Schülerin auch ein Herz für andere Mitschüler bewiesen, die nicht so gute Noten mit nach Hause brachten. Laut Ursula Waldmann war Luisa auch eine sehr engagierte Nachhilfe-Lehrerin. Zuletzt unterstützte sie Schülerinnen und Schüler aus unteren Jahrgangsstufen zudem online. Auch hier hört man im Unterton ein wenig Trauer bei der Pädagogin. Denn der Jahrgang von Luisa Schinner, den sie ja über drei Jahre als Klassleiterin begleitete, war gleichzeitig der letzte von Ursula Waldmann. Mit Ferienbeginn geht sie in Pension, nachdem sie – mit Unterbrechungen – seit 1985 am Lugy unterrichtet hat.

Am Ende haben Schulleiter Joachim Zembsch und Oberstufenbetreuerin Ursula Waldmann noch einen – mehr oder weniger ernst gemeinten – guten Rat für die scheidende Einserschülerin, vor allem angesichts des Hochwassers: „Suche Dir in Passau eine höher gelegene Wohnung.“

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