Nicht begeistert Tüchersfelder Reaktionen auf Geo-Artikel

Von Kilian Marx
Verwunschen ja, abgeschnitten nein: Die Tüchersfelder Bürger sind durchaus verärgert über den Artikel in der Zeitschrift „Geo Saison“. Foto: Archiv/Moritz Kircher Quelle: Unbekannt

TÜCHERSFELD. In der Oktoberausgabe des Reisemagazins „Geo Saison“ wird das Felsendorf zu einem der 15 schönsten Dörfer Deutschlands gekürt. Doch mit der Formulierung des Artikels scheint der Großteil der 251 Einwohner nicht zufrieden zu sein. Der Kurier war vor Ort und hat die Bewohner gefragt, ob der Artikel bis ins „Tal der Ahnungslosen“ vorgedrungen ist und was sie davon halten. Die sehen das ganz anders.

 
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Christine Müller ist überrascht, als sie den Artikel in der gestrigen Kurier-Ausgabe liest. „Das habe ich so nie gesagt“, versichert die Bäckerin dem Kurier. Sie wurde vom Reporter Julius Schophoff zitiert: „Wir sind das Tal der Ahnungslosen.“ Erinnern an den Besuch des Reporters kann sie sich nicht mehr, wahrscheinlich habe er sich nicht einmal richtig vorgestellt bei ihr. Und sie sagt: „Wir leben nicht im Tal der Ahnungslosen, abgesehen vom nicht vorhandenen Mobilfunk ist bei uns in Tüchersfeld alles wie überall. Unser Dorf ist nicht abgeschnitten von der Außenwelt, so wie das in der Geo Saison dargestellt wird.“

Keine Netzanbindung

Glücklich scheine sie, so das renommierte Reisemagazin, dass Tüchersfeld vom Mobilfunk abgeschnitten ist. Ein Segen sei das allerdings nicht immer, so die Bäckereiinhaberin im Kurier-Gespräch. Schon oft haben sich Touristen bei ihr beschwert: Mobilfunk gibt es keinen und die einzige Telefonzelle im Ort wurde auch vor Jahren schon entfernt. Verfügt man also nicht über einen Festnetzanschluss, ist man wahrhaftig offline.

Einfach mal abschalten

Diese Abgeschiedenheit kann aber auch von Vorteil sein. „Vor Kurzem hatten wir ein Pärchen zu Gast in unserem Café, da ist die Frau eine halbe Stunde durch die Straßen gerannt, verzweifelt auf der Suche nach einer Handyverbindung. Ihr Mann konnte darüber nur schmunzeln“, erzählt die Bäckerin. Sie fügt hinzu: „Manchmal bin ich froh, dass die Leute hier nicht ständig am Handy sitzen, so können sie sich persönlich unterhalten. Die Zeit, die die Menschen am Handy verbringen, nimmt ja sowieso überhand.“ Hilfsbereitschaft ist ihr trotzdem wichtig, „wenn ein Gast einen dringenden Anruf tätigen muss, dann darf er das gerne von unserem Festnetztelefon aus tun“, sagt Christine Müller. Meistens hinterließen die Leute dann auch eine Spende, eine kleine Aufmerksamkeit für die Hilfe in der Not.

Direkt an der B470

Laut Geo-Saison-Reporter Julius Schophoff liegt Tüchersfeld in einer abgeschnittenen Flussschleife. Damit sind die Bewohner des 251-Seelen-Dorfes nicht einverstanden, denn so abgeschnitten sei man doch gar nicht. Direkt an der B 470 gelegen ist man binnen wenigen Minuten in Pottenstein, über die Verbindung nach Rackersberg ist es nur knapp eine Viertelstunde bis zur Autobahnauffahrt Trockau, ebenso schnell geht es über die Bundesstraße nach Pegnitz, so die Bewohner, mit denen der Kurier sprach.

Nicht nur selig und ruhig

Allgemein sei in Tüchersfeld einiges geboten, so verschlafen wie im Magazin dargestellt ist es laut Christine Müller hier gar nicht. „Vor ziemlich genau einem Jahr war die Fernsehsendung ,Quer’ des Bayerischen Rundfunks hier und hat über unser Netzproblem berichtet, außerdem waren schon einige Prominente hier im Fränkische Schweiz Museum. Und eine Folge einer Krimiserie wurde auch schon bei uns im Dorf gedreht.“

Empörung in der Bevölkerung

Eine Kundin in der Bäckerei ist empört über den Artikel, sie fühlt sich und ihr Dorf durch den Kakao gezogen. „,Wir gabeln unseren Kuchen von verschnörkelten Tellern’, dass ist doch nur lächerlich, was die über uns schreiben, wir sind keine ,Seligen Ahnungslosen’.“ Auch der Inhaber des örtlichen Gasthauses Zum Fahnenstein ist sauer: „Wir werden wie Höhlenmenschen dargestellt, die keine Ahnung haben, was außerhalb des Dorfes passiert.“

Doch so ahnungslos können die Tüchersfelder nicht sein, denn vom Artikel der Geo Saison haben sie alle Wind bekommen. Den gibt es ja in Papierform, Mobilfunk braucht man dafür nicht ...

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