Neurologie am Klinikum Kreistag zoffte sich wegen gefeuertem Ärzte-Ehepaar

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Hinter den Mauern der Neurologie an der Hohen Warte tobt noch immer der Streit zwischen Klinikum und zwei entlassenen Ärzten. Archivfoto: Andreas Harbach Foto: Moritz Kircher

BAYREUTH. Der Fall der beiden vom Klinikum Bayreuth entlassenen Neurologen sorgt auch politisch für Aufregung. In bereits zwei nichtöffentlichen Sitzungen beschäftigte sich der Kreistag mit dem Ärzte-Ehepaar, das schwere Vorwürfe gegen die Bayreuther Neurologie erhob. Auch vor Gericht geht der Streit in eine neue Runde.

 
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Auch in der jüngsten Sitzung hinter verschlossenen Türen hat es nach Informationen des Kuriers wieder Ärger gegeben. Das zeigt: Auch die Politik tut sich nicht leicht im Umgang mit den beiden Ärzten und den Folgen ihrer Entlassung.

Kreisräte machen sich für Wiedereinstellung stark

Ausgerechnet am Freitag, dem 13., kam es wieder zum Streit. Grund war ein Antrag, den im Vorfeld Kreisräte quer durch alle Fraktionen unterstützt haben. Darin sollten die Aufsichtsräte und Mitglieder des Klinikum-Zweckverbandes den Auftrag erhalten, sich für die entlassenen Ärzte einzusetzen.

Das Dokument liegt dem Kurier vor. Das Klinikum solle keine Abfindung zahlen, sondern sie wieder einstellen, falls das Arbeitsgericht feststellt, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt war. Außerdem solle der – in der Neurologie durchaus umstrittene – Arzt einer anderen „passenden“ Abteilung zugeordnet werden.

Kreistag will auf Urteile des Arbeitsgerichts warten

Trotz der breiten Unterstützerbasis quer durch alle Fraktionen ist der geplante Antrag gescheitert, obwohl Landrat Hermann Hübner (CSU) ihn sogar auf die Tagesordnung hatte setzen lassen. Sein Pressesprecher Michael Benz gibt keine Auskünfte zu nichtöffentlichen Sitzungen. Bestätigt wird nur von einzelnen Kreisräten, dass es „hoch her“ ging oder gar „wild“. Auch Hübners Partei-Kollegin Gudrun Brendel-Fischer soll diesen Antrag bis zum Schluss mitgetragen haben, plötzlich soll allerdings „eine Mehrheit von Partei-Kollegen“ dagegen gestimmt haben, ihn dann doch zu behandeln. Die Räte wollten erst Urteile abwarten, ihn so lange vertagen.

„Der Fall schadet dem Ansehen des Klinikums und denen, die politisch in der Verantwortung stehen“, lässt sich ein Kreisrat zitieren, der seinen Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen will. Zurzeit wird nach Informationen des Kuriers ein weiterer Antrag zum Neurologen-Streit vorbereitet; ebenso wie im jüngsten Antrag gefordert, soll der Landrat schnellstmöglich eine Sondersitzung zu dem Thema einberufen.

Politischer Unterstützerkreis sorgt sich um Versorgung am Klinikum

Bereits im Juni hatte es einen „interfraktionellen Unterstützerkreis“ gegeben, der sich um die „Versorgungssituation am Bayreuther Klinikum“ Sorgen machte. Bereits im Mai waren Klinik-Chef Joachim Haun und der Anwalt des Klinikums, Wieland Henker, zu einer Sondersitzung des Kreistags erschienen und hatten ihre Sicht der Dinge dargelegt. Unzureichend, wie manche Kreisräte hinter vorgehaltener Hand sagten.

Danach habe „sich nichts zum Besseren gewandt“, wie es in einem Schreiben an Landrat Hübner heißt, das dem Kurier vorliegt. Vor allem könne die Lage „nicht zu einer positiven Weiterentwicklung des Klinikums beitragen, wenn sich ein jahrelanger Rechtsstreit anbahne“. Einer der Kreisräte soll dem Klinik-Chef nach seinem Erscheinen vor dem Gremium entgegengeschmettert haben: „Sie sind nicht geeignet“, ein Krankenhaus zu führen.

Klinkum bereit, eine Abfindung zu zahlen

Mindestens eine Forderung aus Reihen der Kreisräte ist seit der jüngsten Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Bayreuth überholt: der Verzicht auf eine Abfindung. Die Klinik hat beantragt, das Arbeitsverhältnis der beiden „gegen die Zahlung einer Abfindung aufzulösen“. Zu viele „verbale Angriffe“ und „ehrverletzende Äußerungen“. Eine Einigung, das betonte Klinik-Anwalt Henker, sei nicht möglich. Auch habe die Neurologin einem ihrer Chefs gedroht, ihn im Falle einer Kündigung „mit in den Abgrund zu reißen“.

Die drei entscheidenden Fragen in der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht

Der Fall der beiden am Klinikum gekündigten Neurologen geht am Arbeitsgericht Bayreuth in die heiße Phase. Noch in dieser Woche entscheidet das Gericht, wie es weitergeht. „Es kann sein, dass ein Urteil ergeht, dass es in die Beweisaufnahme geht oder dass der Gutachter gehört wird“, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Nützel. Im Kern geht es um drei Fragen, die das Gericht klären muss:

  1. Weswegen genau wurde das Neurologen-Ehepaar gekündigt, nachdem es auf angebliche Missstände in der Neurologie hingewiesen hatte? Der Betriebsrat des Klinikums wurde zu einer Kündigung „wegen Begehung von Straftaten“ angehört. Bei der Ärztin stehen Verleumdung und üble Nachrede im Raum. Der Fall ihres Ehemannes wird erst noch verhandelt.
  2. Die Ärzte haben über ihre Vorwürfe den Stadtrat informiert – ist das schon ein unzulässiger Gang an die Öffentlichkeit? Nein, sagt Oliver Gerhards, der Anwalt der Ärzte. Sie hätten sich nicht zu helfen gewusst, auch weil die Klinik nicht schnell handelte. Außerdem hätten sie auch mit einem Schreiben an einen Stadtrat „quasi den Dienstweg eingehalten“. Auf keinen Fall, sagt Wieland Henker, Anwalt des Klinikums. Der Stadtrat sei kein Organ der Klinik, es habe in dem Schreiben der Ärzte keinen Vertraulichkeitsvermerk gegeben. Es ging darin um den Tod einer ehemaligen Patientin. Der Brief der Ärzte sei, so Henker, eher ein „Angriff“ gewesen. Die Ärztin habe sich nicht, wie vorgeschrieben, an die dafür bestimmte Einrichtung der Klinik gewandt. Sondern an einen Stadtrat, obwohl schon ein Gutachter eingeschaltet gewesen sei, der die Vorwürfe prüfen sollte.
  3. Der schwerwiegendste Punkt in dem Verfahren: Ist der Vorwurf der Patienten-Gefährdung wahr oder unwahr? Die Ärzte behaupteten sinngemäß, aufgrund der aufgezeigten Mängel sei am 3. September 2017 eine 19-jährige Patientin verstorben. Klinik-Anwalt Henker sieht in diesem wesentlichen Vorwurf eine „unwahre Behauptung“. Und „man unterlässt den Hinweis, dass die Frau in der Uniklinik in Erlangen gestorben ist“. Neurologen-Anwalt Gerhards sieht, wenn überhaupt, einen „Graubereich“ zwischen wahr und unwahr. Den Grund, der Ärzte, so zu handeln, nennt er „nachvollziehbar“. Ob das Gericht den Gutachter befragt, den das Klinikum beauftragt hat, steht nicht fest. Die Ärzte halten ihn nicht für unabhängig und wollen einen eigenen.

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