Führungsdrama nach Wahl-Debakel + Machtkampf um Nachfolge Günther Beckstein erklärt Rücktritt

MÜNCHEN. In einem beispiellosen Führungsdrama ist Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein nur einen Tag nach CSU-Parteichef Erwin Huber gestürzt worden. Um seine Nachfolge deutet sich ein Machtkampf an.

 
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Nach dem Wahlfiasko der Partei erklärte der erst seit knapp einem Jahr amtierende Beckstein am Mittwoch in München, nicht wieder als Regierungschef antreten zu wollen. Nach dem designierten CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann haben auf einer Krisensitzung der CSU-Landtagsfraktion am Mittwoch in München auch Fraktionschef Georg Schmid und Kunstminister Thomas Goppel Ansprüche angemeldet.

Seehofer will aber zunächst der Landtagsfraktion den Vortritt lassen. Der Bundesagrarminister stehe für eine Kandidatur bereit, falls sich die Fraktion bis nächsten Mittwoch (8.10.) nicht auf einen Kandidaten verständigen könne, teilte der Noch-Parteivorsitzende Erwin Huber nach der Fraktionssitzung mit. Ihren Anspruch auf das Amt erhoben nach Angaben Hubers der gegenwärtige Kunstminister Thomas Goppel, Innenminister Joachim Herrmann und Fraktionschef Georg Schmid. Seehofer respektiere die Entscheidung der Fraktion, betonte Huber.

Mit Beckstein als Spitzenkandidat hatte die CSU bei der Landtagswahl nach mehr als 40 Jahren ihre Alleinherrschaft eingebüßt. Nach dem Rückzug Hubers am Dienstag brach ein parteiinterner Aufstand auch gegen Beckstein aus.

Die Nachfolgefrage blieb trotz hohen Zeitdrucks zunächst offen. Seehofer genießt vor allem in der Berliner CSU-Landesgruppe sowie in der mächtigen oberbayerischen CSU Rückhalt. Bis nächste Woche will die Fraktion die Führungskrise beilegen, hieß es. Der designierte Ministerpräsident soll auch die Koalitionsverhandlungen führen.

«Das Vertrauen der Wähler war leider deutlich niedriger, als ich erhofft habe», sagte Beckstein. Nach der schmerzlichen Wahlniederlage spüre er, dass der Rückhalt in der Partei nicht groß genug sei. Es müssten nun richtige Weichenstellungen getroffen werden. Dabei seien alle in der CSU gefordert. Zu einem möglichen Nachfolger äußerte sich Beckstein nicht. «Für meine Partei kommt es jetzt darauf an, die richtigen inhaltlichen und personellen Weichenstellungen zu treffen», sagte Beckstein. Da seien allesamt gefordert, jeder müsse seinen Beitrag zur Geschlossenheit der CSU leisten.

Der CSU-Bezirkschef Oberfranken, Karl-Theodor zu Guttenberg, forderte einen «offenen Prozess» bei der Suche nach einem Nachfolger für Beckstein. Dabei müsse die gesamte Partei mitgenommen werden, sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete der dpa. Es dürften nicht «Partikularinteressen» bedient werden. «Wir müssen dringend aus der Hinterzimmer-Mentalität herauskommen.»

Auch Wissenschaftsminister Thomas Goppel hatte sich als möglicher Nachfolger Becksteins ins Gespräch gebracht. Im Bayerischen Rundfunk sagte Goppel am Mittwoch: «Eine Reihe von Leuten hat mich gebeten, mit zu kandidieren, und das habe ich ausdrücklich angekündigt für den Fall, dass er (Beckstein) nicht zur Verfügung steht.» Zur Fraktionssitzung war auch Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber gekommen, obwohl er dem neuen Landtag nicht angehört.

Beckstein und Huber waren Stoiber vor fast genau einem Jahr im Amt gefolgt, nachdem die CSU zur Jahreswende 2006/2007 Stoiber gestürzt hatte. In den dramatischen Sitzungen in Wildbad Kreuth hatten Beckstein und Huber Anfang Januar 2007 nach den Ämtern Stoibers gegriffen.

Die CSU war bei der Landtagswahl um 17,3 Punkte auf 43,4 Prozent abgestürzt. Damit braucht sie nach mehr als 40 Jahren Alleinregierung künftig einen Koalitionspartner. Als wahrscheinlichster Partner gilt die FDP. Der Ministerpräsident muss laut Verfassung spätestens am 27. Oktober im Landtag gewählt werden. Beckstein hatte vor seinem Rücktritt angekündigt, noch in dieser Woche Sondierungsgespräche mit der FDP und den Freien Wählern zu führen.

 

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ddp/dpa

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