Monitoring im Fichtelgebirge Wie geht es dem Auerhuhn?

Martin Hertel
Scheu und zurückgezogen lebt das Auerhuhn. Foto: / Martin Hertel

Behörden, Bayerische Staatsforsten und Verbände starten im Fichtelgebirge ein gemeinsames Untersuchungsprojekt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Gibt es das Auerhuhn eigentlich immer noch im Fichtelgebirge? Und wenn ja, wie groß ist sein Bestand, wo hält sich das Tier auf und vor allem: Wie gut sind seine Chancen, langfristig zu überleben?

Diesen Fragen geht im Sommer 2022 ein Team aus verschiedenen Bereichen nach. Am Monitoring beteiligen sich mehrere Behördenvertreter; mit dabei ist der Bayerische Staatsforst, Verbände und Ehrenamtliche. Die Federführung für das Projekt liegt bei der Bayerischen Forstverwaltung und hier insbesondere bei der „Fachstelle für Waldnaturschutz Oberfranken“, einer für Waldnaturschutzfragen zuständigen „Spezialeinheit“.

Viele Akteure beteiligt

Projektleiterin Sabine Schulze erklärt: „Wir freuen uns, dass diese Erhebung einvernehmlich und gemeinsam mit so vielen verschiedenen Akteuren stattfinden wird.“ Neben Mitarbeitern der Forstverwaltung, der Bayerischen Staatsforsten und des Naturparks Fichtelgebirge beteiligen sich auch Mitglieder des Landesbunds für Vogelschutz. „Ein so breit aufgestelltes Bündnis, das den aktuellen Auerhuhnbestand ergründet, ist bisher einmalig und signalisiert, welch hohes gesellschaftliches Interesse an dieser Untersuchung besteht. Wir alle hoffen inständig, dass wir gemeinsam viele Hinweise auf das Vorkommen von Auerhennen und -hähnen finden“, so Schulze.

Symbol der bayerischen Heimat

Der imposante und streng geschützte Vogel ist ein Symbol der bayerischen Heimat und der Berge. Der Freistaat trägt eine besondere Verantwortung für das Tier. Schließlich leben hier deutschlandweit die meisten dieser scheuen Raufußhühner. Es gibt sie noch in den Alpen, im Bayerischen Wald und eben auch im Fichtelgebirge.

Auerhühner stehen wie kaum eine andere Vogelart stellvertretend für großflächige, lichte, störungsarme und strukturreiche Nadelmischwälder. Besonders wohl fühlen sich die bis zu einem Meter großen Vögel, wenn sie dort reichlich Heidelbeersträucher sowie Samen und Knospen von Nadelbäumen finden, die ihre Nahrungsgrundlage bilden. Im Sommer sind Ameisen und andere Insekten als lebensnotwendige Eiweißquellen für die Aufzucht der Küken vonnöten.

Imposante Auerhahnbalz

„Ein Erlebnis, das niemand vergisst, der es einmal gehabt hat, ist die höchst imposante Auerhahnbalz“, berichtet Martin Hertel vom Forstbetrieb Fichtelberg. Diese findet einmal im Jahr zwischen Ende Februar und Anfang Mai statt. Der balzende Auerhahn stößt dabei einen unverwechselbaren Gesang aus Klicklauten aus und schlägt mit seinen Schwanzfedern ein perfektes fächerförmiges Rad. Davon erhofft sich der liebestrunkene Hahn die Aufmerksamkeit einer Auerhenne und deren baldige Bereitschaft zur Paarung. Konkurrenten werden aggressiv bekämpft. Nach erfolgreicher Begattung legt die Henne mehrere Eier in eine Nestmulde ab und bebrütet sie. Die Küken schlüpfen nach knapp einem Monat und bleiben die ersten Lebenswochen noch im Nest, wo sie von der Mutter fürsorglich vor Kälte, Regen und zu großer Hitze beschützt werden. Die Mutter nimmt dabei ihre Kleinen buchstäblich unter ihre Fittiche.

Einen Auerhahn oder eine Auerhenne zu erkennen, ist eine ziemlich eindeutige Sache. Doch den meisten an der Erhebung Teilnehmenden dürfte dieses Vergnügen wohl kaum beschieden sein, sind die Tiere doch insgesamt sehr scheu und schwer auffindbar. Deshalb wird in erster Linie nach anderen Hinweisen wie Federn, Kot oder typischen Krallenabdrücken am Boden gesucht.

Schulung zur Spurensuche

Wie genau diese Spuren aussehen, an welchen Punkten im Gelände aufgenommen wird und wie die Ergebnisse zusammengeführt werden, das erfahren die an der Suche Beteiligten im Rahmen einer Schulung, die ein Spezialistenteam der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) ausrichtet. Das kommentiert der Leiter dieser Veranstaltung Martin Lauterbach so: „Die Aufnahme im Fichtelgebirge ist Teil eines bayernweiten Monitorings. Sie erfolgt nach genau vorgegebenen Standards, damit wir die hiesigen Ergebnisse zum Beispiel auch mit jenen in den Alpen oder im Bayerischen Wald vergleichen können. So verschaffen wir uns einen objektiven Eindruck über den gesamten bayerischen Auerhuhnbestand.“

„Mit der heutigen Schulung fühle ich mich gut gerüstet. Ich bin schon gespannt, was wir finden und kann‘s kaum erwarten, bis es Ende Juli los geht“, so Andreas von Herßberg, einer der zukünftigen Kartierer des LBV.

Die Aufnahme erfolgt an insgesamt 784 Geländepunkten in einem fest vorgegebenem Rasternetz. Sie soll bis Ende Oktober dauern. Alle Funde und Beobachtungen werden sorgsam notiert und GPS-vermessen. Außerdem werden an jedem Aufnahmepunkt bestimmte, für die Auerhühner wichtige Waldstrukturen wie Biotopbäume, Totholz, vorkommende Ameisenhaufen oder Heidelbeerteppiche erhoben. Damit die Aufnahme reibungslos klappt, braucht es von Anbeginn eine gute Koordination. Projektleiterin Sabine Schulze von der Fachstelle Waldnaturschutz: „Ich werde die Aufnahmeteams eng betreuen und ihnen, wo immer nötig, Unterstützung zukommen lassen.“

Maßnahmen bei negativen Trends

Mit dem neuen Auerhuhn-Monitoring werden objektive, belastbare Aussagen zum Zustand aller bayerischen Auerhuhnpopulationen gewonnen. Veränderungen der Vogelbestände und ihrer Lebensräume sollen rechtzeitig erkannt werden. Dadurch kann bei negativen Trends bei Bedarf mit geeigneten Maßnahmen gezielt gegengesteuert werden.

Eben diese Aussagen fordert auch die EU von ihren Mitgliedstaaten zur Erfüllung ihrer Natura 2000-Berichtspflichten. „Was auch immer am Ende herauskommt – und wir alle hoffen natürlich inständig, dass es dem Auerhuhn im Fichtelgebirge gut geht –lässt sich jetzt bereits sagen, dass die Zusammenarbeit von Behörden, Staatsforsten und Verbänden in dieser Form bisher einmalig ist und Vorbild sein kann für künftige ähnliche gemeinsame Projekte“, so Klaus Stangl, Leiter der Fachstelle Waldnaturschutz. „Unsere Zusammenarbeit kommt nicht nur dem Auerwild zugute, sondern stärkt auch das seit Jahren bestehende Netzwerk für den Waldnaturschutz. Wir betreiben gemeinsame Daseinsvorsorge für die Generationen nach uns.“

Die Ergebnisse der Aufnahme werden Ende des Jahres vorliegen.

Bilder