Mitmensch Uwe Vogel Von der Marine zum Mephisto

Von
Mit Mitte 20 war Uwe Vogel als Taucher bei der Marine. Foto: red Quelle: Unbekannt

TROSCHENREUTH/PEGNITZ. „Ich bin zufrieden mit meinem Leben, habe manchmal schwarzen Humor, was Leben und Tod angeht“, sagt Uwe Vogel. Bekannt ist der 46-Jährige hauptsächlich als Geschäftsführer der Faust-Festspiele und Mephisto-Schauspieler. Aber er hat schon ganz anderes erlebt. Vogel war zwölf Jahre Marinetaucher.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Geboren und aufgewachsen ist er in Mindelheim im Allgäu, machte eine Ausbildung zum Bau- und Kunstglaser. Dann kam die Einberufung und er sollte zu den Panzern. „Aber da war ich zu groß dafür“, sagt er. Vogel wollte lieber Fallschirmspringer oder Taucher werden – Hauptsache raus und weg. Schließlich verpflichtete er sich bei der Marine, machte in Borkum die Grundausbildung und den seemännischen Dienst. Dann kam er nach Neustadt/Holstein und wurde zum Schwimmtaucher ausgebildet. Danach wurde er als Stützpunkttaucher in Flensburg eingesetzt und musste unter Wasser schweißen, Wartungsarbeiten durchführen.

Mit der Gorch Fock zum Nordpol

Nach einem Jahr ging es mit einer Ausbildung zum Unteroffizier weiter. „Den militärischen Teil habe ich in Plön, den fachlichen auf der Gorch Fock gemacht“, erzählt Vogel. Einmal ist er auf dem Segelschulschiff auch eine Tour nach Norwegen und Shetland bis zum Nordpol mitgefahren. „Und einmal haben wir den Verteidigungsminister – damals Volker Rühe – bei einem Truppenbesuch in Kiel begleitet“, so der 46-Jährige weiter.

200 Mann in einem Raum

Auch bei Empfängen der Deutschen Botschaft im Ausland waren die jungen Seeleute dabei. „Dafür gab es verschiedene Uniformen“, sagt Vogel. Die weiße Gala-Uniform und die dunkle Ausgeh-Uniform. Auf der Gorch Fock ist man noch gesegelt, wie zu Kolumbus’ Zeiten, sagt Vogel. „Das war eine fahrenden Schule für drei Monate“, sagt er. Die Unterkunft war nur begrenzt, das heißt, es mussten 200 Mann in einem Raum in Hängematten übernachten. „Da entwickelte sich ein Duft, der teilweise heftig war“, lacht Uwe Vogel. Und wenn sich einer mal umgedreht hat, konnte es passieren, dass er die Nachbarn wie im Dominoeffekt mit umgekippt hat.

Einmal fast gekentert

Die nächste Station war in Flensburg auf einem Flottendienstboot, ein Aufklärungsschiff. „Ein Produkt aus dem Kalten Krieg“, sagt Vogel. Damit waren sie in der Danziger Bucht und haben Daten von anderen Waffensystemen gesammelt, versucht, Informationen über den Gegner zu bekommen. Hatte er Angst bei dem Einsatz? Nein, sagt Vogel, aber Respekt. Und manchmal war es schon etwas mulmig. Das Schiff hatte einen hohen Aufbau und schwankte bei unruhiger See deshalb extrem. Bei einer Überfahrt nach England wären sie einmal fast gekentert. Und viele waren seekrank, Vogel selber hatte keine Probleme damit.

Nato-Manöver in Afrika

Und Vogel machte weiter mit der Ausbildung. In Stralsund und Plön absolvierte er den Feldwebellehrgang, kam in Olpenitz auf ein Schnellboot. Dort hatte er das erste Mal Kontakt mit der Besatzung des Minensuchbootes Pegnitz. Mit dem Schnellboot war Vogel auf Nato-Manöver drei Monate in Afrika mit Anlaufhafen im französischen Toulon – einem riesigen Natostützpunkt. „Hier wurde auch der Film ’Das Boot’ gedreht“, sagt Vogel. Und die Einheiten tauschten untereinander die Besatzungsmitglieder. So kam er auf einen US-Flugzeugträger. „Das ist eine schwimmende Stadt“, ist er heute noch beeindruckt.

Belastung für den Körper

Die nächste Station von Vogel war dann wieder in Neustadt/Holstein, wo er zum U-Boot-Rettungstaucher ausgebildet wurde. „Wir haben mit den U-Boot-Fahrern den Notaufstieg geübt“, sagt er. Bis zu 30 Meter ging es runter, vier Minuten unter dem Wasser. „Das war schon eine Belastung für den Körper, er ist ja nicht aufs Wasser ausgelegt.“ Vogel und seine Kameraden wurden für Rettungseinsätze ausgebildet, wurden aber auch für archäologische Unterwasserausgrabungen eingesetzt. Durch die hohe Schlammschicht wurden die Fundstücke konserviert, es war noch viel erhalten. Ein Bergungseinsatz war in der Barentssee bei dem gesunkenen U-Boot ’Kursk’ geplant. „Der wurde aber kurz vorher abgesagt, weil klar war, dass es keine Überlebenden gibt“, sagt Vogel.

Ertrinkende und ein toter Marineflieger

Er hat viel gesehen in seiner Marinezeit. Und nicht immer Schönes. Ertrinkende, einen toten Marineflieger, der abgestürzt war. „Das darf man nicht so nah an sich ran lassen, sonst schlägt es aufs Gemüt“, sagt Vogel. Besonders heftig ist es aber, wenn Kinder oder eigene Kameraden gerettet werden müssen.

Theater ist Freude pur

Kurz vor Ende seiner Dienstzeit hat ihn dann ein Kamerad vom Pegnitzer Patenboot aufgefordert, mit nach Pegnitz zu kommen. Und das hat Vogel gemacht, erst nach Rosenhof, wo er seine jetzige Frau Kerstin kennengelernt hat, dann nach Troschenreuth, wo er heute lebt. Beruflich hatte er sich als Kunstglaser selbstständig gemacht. Bis zu seinem Arbeitsunfall 2014, als er diese wieder beenden musste. 2006 kam er dann zum Troschenreuther Mundarttheater, spielte einen Kapitän. Und hier lernte er auch Daniel Leistner kennen, mit dem er vergangenes Jahr die Faust-Festspiele nach Pegnitz holte. „Theater ist für mich Freude pur“, sagt Vogel. In andere Rollen schlüpfen, Leute zum Lachen bringen – das ist seins. „Ich könnte Tag und Nacht auf der Bühne stehen“, sagt er. Die Marinezeit vermisst er nicht, sie hat ihm viel Lebenserfahrung und Menschenkenntnis gebracht. „Man reagiert anders in Extremsituationen, wird ruhig und besonnen.“

Autor

Bilder