Zugegeben, die Materie ist hochkomplex. Und niemand sägt gerne den Ast ab, auf dem er sitzt. Genau darum geht es aber bei der geplanten Wahlrechtsreform für den Bundestag: Vor allem die Unionsparteien, die am meisten vom derzeit gültigen Wahlrecht durch Überhangmandate profitieren, müssten bei einer längst überfälligen Reform wohl Einbußen hinnehmen - je nachdem, welches Konzept dann greifen würde. Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass der Koalitionspartner SPD das Unionskonzept, das eine Schadensbegrenzung für die C-Parteien vorsieht, einfach abnickt. Zu unterschiedlich sind die Interessen der beiden Regierungsfraktionen, die sich sicherlich auch im Koalitionsausschuss am Dienstagabend gezeigt haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Kontrahenten auf einen vertretbaren Kompromiss einigen. Das käme einem Wunder gleich. Denn Initiativen für eine Verkleinerung des Bundestags gibt es schon seit Jahren. Zuletzt ist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mit seinem Vorstoß gescheitert. Derzeit sitzen 709 Abgeordnete im Parlament in Berlin, davon sind 111 Überhang- und Ausgleichsmandate. Dabei liegt die Normgröße für den Bundestag bei 598 Abgeordneten. Ohne Reform könnten es nach der nächsten Wahl mehr als 800 Abgeordnete sein. Den Wählern ist das nicht zu vermitteln. beate.franz@frankenpost.de Seite 5