Auf ein Neues, Herr Bundestagspräsident. Wolfgang Schäuble hat die Initiative ergriffen und will die Parteien dazu bewegen, sich auf ein neues Wahlrecht zu einigen. Daran hat sich sein Vorgänger Norbert Lammert die Zähne ausgebissen. Das Resultat: Wir haben mit 709 Abgeordneten den weitaus größten Bundestag aller Zeiten. Geschätzte Mehrkosten: 50 Millionen Euro. Das muss geändert werden, und zwar so schnell wie möglich. Aber es wird schwierig werden. Die Fraktionen können sich ja drei Monate nach der Wahl noch nicht mal auf eine Regierungskoalition einigen. Die Sache mit dem neuen Wahlrecht wird nicht minder heikel: An welcher Schraube man auch dreht, immer gibt es einen kleinen Vorteil entweder für die größeren oder aber für die kleineren Parteien. Der jeweils Benachteiligte wird kaum einsehen, warum er klein beigeben soll. Und Hand aufs Herz: Wenn der Bundestag wieder seine Normalgröße von 598 hätte, würden halt 111 Abgeordnete ihre Jobs verlieren. Sich selber abzuschaffen, dürfte vielen Abgeordneten nicht leicht fallen. Aber es ist nun einmal so: Das alte, bewährte Wahlrecht führt in einem Parlament mit sechs Parteien in eine Sackgasse. Weil es zu jeder Menge Überhang- und Ausgleichsmandaten und damit zur Aufblähung führt. Wer das schulterzuckend in Kauf nimmt, macht sich und das Parlament angreifbar. Das Vorurteil, Abgeordnete bedienten sich gerne selbst, ist unausrottbar und gefährlich. Es liegt an den demokratischen Parteien, ihr Ansehen bei den immer skeptischeren Bürgern zu verbessern - in diesem wie in vielen anderen Punkten. Peter Rauscher